Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Jsab. Ach mein lieber Herr Bruder/ soll ich nun von einer so lieben Person ins künfftige gesondert seyn: Und soll eben der Auffbruch bey finsterer Nacht ge- schehen/ daß ich um so viel destomehr das Ebenbild meiner betrübten Trau- rigkeit daraus empfinden soll? Bad. Hertzens Schwester/ warum soll ich mit solchen Worten in meinem Troste verstöret werden? Jch betrübe mich ü- ber dem Scheiden/ und ob ich wohl zu der Besitzung eines Königreichs gezo- gen werde/ so wolte ich doch gerne das- selbe fahren lassen/ wenn ich nur meine Lebens-Zeit in Geniessung dieser Schwesterlichen Liebe beschliessen könte. Jsab. Das Verhängniß hat den Ausspruch gethan/ daß wir uns in beständiger Beywohnung keiner Göttlichen Glück- seligkeit anmassen dürffen. Bad. Das eintzige wird uns noch zu grosser Consolation gereichen/ daß wir dem Gemüthe nach nicht getrennet werden. Jsab. Wenn mir auch diese Versicherung solte versaget seyn/ so würde ich bey dem Ab- L 3
Jſab. Ach mein lieber Herr Bruder/ ſoll ich nun von einer ſo lieben Perſon ins kuͤnfftige geſondert ſeyn: Und ſoll eben der Auffbruch bey finſterer Nacht ge- ſchehen/ daß ich um ſo viel deſtomehr das Ebenbild meiner betruͤbten Trau- rigkeit daraus empfinden ſoll? Bad. Hertzens Schweſter/ warum ſoll ich mit ſolchen Worten in meinem Troſte verſtoͤret werden? Jch betruͤbe mich uͤ- ber dem Scheiden/ und ob ich wohl zu der Beſitzung eines Koͤnigreichs gezo- gen werde/ ſo wolte ich doch gerne daſ- ſelbe fahren laſſen/ wenn ich nur meine Lebens-Zeit in Genieſſung dieſer Schweſterlichen Liebe beſchlieſſen koͤnte. Jſab. Das Verhaͤngniß hat den Ausſpruch gethan/ daß wir uns in beſtaͤndiger Beywohnung keiner Goͤttlichen Gluͤck- ſeligkeit anmaſſen duͤrffen. Bad. Das eintzige wird uns noch zu groſſer Conſolation gereichen/ daß wir dem Gemuͤthe nach nicht getrennet werden. Jſab. Wenn mir auch dieſe Verſicherung ſolte verſaget ſeyn/ ſo wuͤrde ich bey dem Ab- L 3
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Jſab. Ach mein lieber Herr Bruder/ ſoll ich
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kuͤnfftige geſondert ſeyn: Und ſoll eben
der Auffbruch bey finſterer Nacht ge-
ſchehen/ daß ich um ſo viel deſtomehr
das Ebenbild meiner betruͤbten Trau-
rigkeit daraus empfinden ſoll?
Bad. Hertzens Schweſter/ warum ſoll ich
mit ſolchen Worten in meinem Troſte
verſtoͤret werden? Jch betruͤbe mich uͤ-
ber dem Scheiden/ und ob ich wohl zu
der Beſitzung eines Koͤnigreichs gezo-
gen werde/ ſo wolte ich doch gerne daſ-
ſelbe fahren laſſen/ wenn ich nur meine
Lebens-Zeit in Genieſſung dieſer
Schweſterlichen Liebe beſchlieſſen
koͤnte.
Jſab. Das Verhaͤngniß hat den Ausſpruch
gethan/ daß wir uns in beſtaͤndiger
Beywohnung keiner Goͤttlichen Gluͤck-
ſeligkeit anmaſſen duͤrffen.
Bad. Das eintzige wird uns noch zu groſſer
Conſolation gereichen/ daß wir dem
Gemuͤthe nach nicht getrennet werden.
Jſab. Wenn mir auch dieſe Verſicherung
ſolte verſaget ſeyn/ ſo wuͤrde ich bey dem
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