Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.
ein Diener seinem Herrn in unbilligen Sachen nicht gehorchen soll? Pal. Wir stehen in den Gedancken. Beor. Und die gantze Welt wird uns bey- fallen. Bad. Ach! sind das nicht absurditäten? Wer sagt mir denn allezeit/ ob die Sa- che unbillich ist. Der König ist vielleicht gut genug/ daß ein Unterthan von sei- nem Befehl und von seiner Gerechtig- keit urtheilen soll. Pal. Wir reden von Sachen/ die offenbar und gerecht sind. Beor. Also richten die Unterthanen nicht ihren König/ sondern sie ergreiffen eine Sache/ die schon gerichtet ist. Bad. Wie kan mich doch die superstition in der Seelen schmertzen! Der König befiehlet was/ und da läst sichs wohl praesumiren/ daß er die Billigkeit sol- ches Befehls wohl erkennen wird. Nun will sich ein Unterthan widerse- tzen/ und spricht/ es wäre unbillig. Wer soll nun Richter seyn? Jst es besser/ wenn der König nachgiebet/ oder kom- met es geschickter herauß/ wenn sich die ein-
ein Diener ſeinem Herrn in unbilligen Sachen nicht gehorchen ſoll? Pal. Wir ſtehen in den Gedancken. Beor. Und die gantze Welt wird uns bey- fallen. Bad. Ach! ſind das nicht abſurditaͤten? Wer ſagt mir denn allezeit/ ob die Sa- che unbillich iſt. Der Koͤnig iſt vielleicht gut genug/ daß ein Unterthan von ſei- nem Befehl und von ſeiner Gerechtig- keit urtheilen ſoll. Pal. Wir reden von Sachen/ die offenbar und gerecht ſind. Beor. Alſo richten die Unterthanen nicht ihren Koͤnig/ ſondern ſie ergreiffen eine Sache/ die ſchon gerichtet iſt. Bad. Wie kan mich doch die ſuperſtition in der Seelen ſchmertzen! Der Koͤnig befiehlet was/ und da laͤſt ſichs wohl præſumiren/ daß er die Billigkeit ſol- ches Befehls wohl erkennen wird. Nun will ſich ein Unterthan widerſe- tzen/ und ſpricht/ es waͤre unbillig. Wer ſoll nun Richter ſeyn? Jſt es beſſer/ wenn der Koͤnig nachgiebet/ oder kom- met es geſchickter herauß/ wenn ſich die ein-
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ein Diener ſeinem Herrn in unbilligen
Sachen nicht gehorchen ſoll?
Pal. Wir ſtehen in den Gedancken.
Beor. Und die gantze Welt wird uns bey-
fallen.
Bad. Ach! ſind das nicht abſurditaͤten?
Wer ſagt mir denn allezeit/ ob die Sa-
che unbillich iſt. Der Koͤnig iſt vielleicht
gut genug/ daß ein Unterthan von ſei-
nem Befehl und von ſeiner Gerechtig-
keit urtheilen ſoll.
Pal. Wir reden von Sachen/ die offenbar
und gerecht ſind.
Beor. Alſo richten die Unterthanen nicht
ihren Koͤnig/ ſondern ſie ergreiffen eine
Sache/ die ſchon gerichtet iſt.
Bad. Wie kan mich doch die ſuperſtition in
der Seelen ſchmertzen! Der Koͤnig
befiehlet was/ und da laͤſt ſichs wohl
præſumiren/ daß er die Billigkeit ſol-
ches Befehls wohl erkennen wird.
Nun will ſich ein Unterthan widerſe-
tzen/ und ſpricht/ es waͤre unbillig. Wer
ſoll nun Richter ſeyn? Jſt es beſſer/
wenn der Koͤnig nachgiebet/ oder kom-
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/292>, abgerufen am 22.07.2024. |