Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Bad. Wir sind einander Liebe schuldig/ und also dürffen wir keine Gnade ver- langen. Ath. Soll mir derselbe nicht gnädig seyn/ den ich mit der Zeit als einen Vater werde respectiren müssen. Bad. Jch würde gleichwohl alles thun/ in Qvalität eines getreuen Bruders. Denn mein junges Alter will mir noch lange nicht zulassen/ den Titul eines Vaters zu praetendiren. Jmmittelst wo bleibet die Antwort/ wie hoch ich mich über Eu. Liebden Wohlergehen erfreuen soll. Ath. Wegen der Gesundheit habe ich GOtt Lob noch keine Klage zu führen. Bad. Das ist die erste Staffel unser Glück- seligkeit/ wenn man über keinen Leibes- Schmertz klagen darff. Ath. Aber wenn ich im Gemüthe glei- chermassenbefriediget wäre/ so möchte mir auch die Gesundheit des Leibes an- genehm seyn. Bad. Wie kan so eine junge/ so eine galante/ so eine liebselige Printzeßin etwas Un- ruhiges im Gemüthe befinden/ es wä- re B 2
Bad. Wir ſind einander Liebe ſchuldig/ und alſo duͤrffen wir keine Gnade ver- langen. Ath. Soll mir derſelbe nicht gnaͤdig ſeyn/ den ich mit der Zeit als einen Vater werde reſpectiren muͤſſen. Bad. Jch wuͤrde gleichwohl alles thun/ in Qvalitaͤt eines getreuen Bruders. Denn mein junges Alter will mir noch lange nicht zulaſſen/ den Titul eines Vaters zu prætendiren. Jmmittelſt wo bleibet die Antwort/ wie hoch ich mich uͤber Eu. Liebden Wohlergehen erfreuen ſoll. Ath. Wegen der Geſundheit habe ich GOtt Lob noch keine Klage zu fuͤhren. Bad. Das iſt die erſte Staffel unſer Gluͤck- ſeligkeit/ wenn man uͤber keinen Leibes- Schmertz klagen darff. Ath. Aber wenn ich im Gemuͤthe glei- chermaſſenbefriediget waͤre/ ſo moͤchte mir auch die Geſundheit des Leibes an- genehm ſeyn. Bad. Wie kan ſo eine junge/ ſo eine galante/ ſo eine liebſelige Printzeßin etwas Un- ruhiges im Gemuͤthe befinden/ es waͤ- re B 2
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Bad. Wir ſind einander Liebe ſchuldig/
und alſo duͤrffen wir keine Gnade ver-
langen.
Ath. Soll mir derſelbe nicht gnaͤdig ſeyn/
den ich mit der Zeit als einen Vater
werde reſpectiren muͤſſen.
Bad. Jch wuͤrde gleichwohl alles thun/ in
Qvalitaͤt eines getreuen Bruders.
Denn mein junges Alter will mir noch
lange nicht zulaſſen/ den Titul eines
Vaters zu prætendiren. Jmmittelſt
wo bleibet die Antwort/ wie hoch ich
mich uͤber Eu. Liebden Wohlergehen
erfreuen ſoll.
Ath. Wegen der Geſundheit habe ich
GOtt Lob noch keine Klage zu fuͤhren.
Bad. Das iſt die erſte Staffel unſer Gluͤck-
ſeligkeit/ wenn man uͤber keinen Leibes-
Schmertz klagen darff.
Ath. Aber wenn ich im Gemuͤthe glei-
chermaſſenbefriediget waͤre/ ſo moͤchte
mir auch die Geſundheit des Leibes an-
genehm ſeyn.
Bad. Wie kan ſo eine junge/ ſo eine galante/
ſo eine liebſelige Printzeßin etwas Un-
ruhiges im Gemuͤthe befinden/ es waͤ-
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/191>, abgerufen am 22.07.2024. |