Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.
mehr kostbare Farben vom Reibesteine weg/ als euer gantzer Kram werth ist. Min. Mein Geld/ das ich vor gemahlte Brieffe kriege/ nehmen sie wol eher im Weinkeller/ als eure Kronen vor die Kunst-Stücke. Und gewiß/ ich wil eher 2000. Bauern betriegen/ die mir vor ein gemahltes Wunder- Zeichen einen Groschen geben/ das macht etliche achzig Thaler/ als ihr ei- nen reichen Phantasten ausforschen könnet/ der euch vor die schöne Lucretie nur 40. Thaler bezahlet. Urb. Jhr gebt euch aber vor einen Ge- sicht-Mahler aus? Mein/ was habt ihr vor einen Unterscheid zwischen einem En- gels-und deinem Esels Kopffe. Jch halte euer Vater hat euch die beste Kunst beygebracht/ daß er euch hat schreiben gelernet. Denn so könt ihr mit leser- lichen Buchstaben drüber schreiben: Das ist ein Engel/ das ist ein Esel. Min. Jch gestehe es/ daß ich meine Kund- Leute gerne berichte/ was sie kauffen. Thut ihrs doch auch. Neulich ver- kaufft ihr den Türckischen Käyser/ ey wie N n 3
mehr koſtbare Farben vom Reibeſteine weg/ als euer gantzer Kram werth iſt. Min. Mein Geld/ das ich vor gemahlte Brieffe kriege/ nehmen ſie wol eher im Weinkeller/ als eure Kronen vor die Kunſt-Stuͤcke. Und gewiß/ ich wil eher 2000. Bauern betriegen/ die mir vor ein gemahltes Wunder- Zeichen einen Groſchen geben/ das macht etliche achzig Thaler/ als ihr ei- nen reichen Phantaſten ausforſchen koͤnnet/ der euch vor die ſchoͤne Lucretie nur 40. Thaler bezahlet. Urb. Jhr gebt euch aber vor einen Ge- ſicht-Mahler aus? Mein/ was habt ihr vor einen Unterſcheid zwiſchen einem En- gels-und deinem Eſels Kopffe. Jch halte euer Vater hat euch die beſte Kunſt beygebracht/ daß er euch hat ſchreiben gelernet. Denn ſo koͤnt ihr mit leſer- lichen Buchſtaben druͤber ſchreiben: Das iſt ein Engel/ das iſt ein Eſel. Min. Jch geſtehe es/ daß ich meine Kund- Leute gerne berichte/ was ſie kauffen. Thut ihrs doch auch. Neulich ver- kaufft ihr den Tuͤrckiſchen Kaͤyſer/ ey wie N n 3
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mehr koſtbare Farben vom Reibeſteine
weg/ als euer gantzer Kram werth iſt.
Min. Mein Geld/ das ich vor gemahlte
Brieffe kriege/ nehmen ſie wol
eher im Weinkeller/ als eure Kronen
vor die Kunſt-Stuͤcke. Und gewiß/
ich wil eher 2000. Bauern betriegen/
die mir vor ein gemahltes Wunder-
Zeichen einen Groſchen geben/ das
macht etliche achzig Thaler/ als ihr ei-
nen reichen Phantaſten ausforſchen
koͤnnet/ der euch vor die ſchoͤne Lucretie
nur 40. Thaler bezahlet.
Urb. Jhr gebt euch aber vor einen Ge-
ſicht-Mahler aus? Mein/ was habt ihr
vor einen Unterſcheid zwiſchen einem En-
gels-und deinem Eſels Kopffe. Jch
halte euer Vater hat euch die beſte Kunſt
beygebracht/ daß er euch hat ſchreiben
gelernet. Denn ſo koͤnt ihr mit leſer-
lichen Buchſtaben druͤber ſchreiben:
Das iſt ein Engel/ das iſt ein Eſel.
Min. Jch geſtehe es/ daß ich meine Kund-
Leute gerne berichte/ was ſie kauffen.
Thut ihrs doch auch. Neulich ver-
kaufft ihr den Tuͤrckiſchen Kaͤyſer/ ey
wie
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/1007>, abgerufen am 16.02.2025. |