Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Uberflüssiger gedancken Welches mich von dir entbindenNicht mit macht entreissen wil/ Und so schick ich mit bedacht Mich zur letzten guten nacht. 6. Was ich unterdessen lebe Leb ich dir und meiner lust/ Biß ich mich darein ergebe Daß du mich gesegnen must/ Und wer weiß ob morgen nicht Mir mein abschieds urtheil spricht. 7. Nun dieweil wir stets beysammen Jn ergebner treu gelebt/ Und ingleichen freundschaffts-flammen Nach ergetzlichkeit gestrebt/ So gedencke daß ein kuß Unsern spaß versiegeln muß. 8. Halt mein liebgen halte stille/ Dieses ist mein erstes mal Daß ich meinen wunsch erfülle/ Und vielleicht die letzte zahl/ Von der angenehmen last Die du mir bereitet hast. 9. Bleib mir nur dabey gewogen/ Und gleich wie der freundschaffts-bund Dich noch niemals hat betrogen/ Also gläube/ daß mein mund/ Welcher dich so furchtsam küst/ Blöde/ doch beständig ist. 10. Wilst du meiner bald vergessen/ So vergiß mich immerhin/ Denn weil ich am leib entsessen/ An der seele bey dir bin/ Denck
Uberfluͤſſiger gedancken Welches mich von dir entbindenNicht mit macht entreiſſen wil/ Und ſo ſchick ich mit bedacht Mich zur letzten guten nacht. 6. Was ich unterdeſſen lebe Leb ich dir und meiner luſt/ Biß ich mich darein ergebe Daß du mich geſegnen muſt/ Und wer weiß ob morgen nicht Mir mein abſchieds urtheil ſpricht. 7. Nun dieweil wir ſtets beyſammen Jn ergebner treu gelebt/ Und ingleichen freundſchaffts-flammen Nach ergetzlichkeit geſtrebt/ So gedencke daß ein kuß Unſern ſpaß verſiegeln muß. 8. Halt mein liebgen halte ſtille/ Dieſes iſt mein erſtes mal Daß ich meinen wunſch erfuͤlle/ Und vielleicht die letzte zahl/ Von der angenehmen laſt Die du mir bereitet haſt. 9. Bleib mir nur dabey gewogen/ Und gleich wie der freundſchaffts-bund Dich noch niemals hat betrogen/ Alſo glaͤube/ daß mein mund/ Welcher dich ſo furchtſam kuͤſt/ Bloͤde/ doch beſtaͤndig iſt. 10. Wilſt du meiner bald vergeſſen/ So vergiß mich immerhin/ Denn weil ich am leib entſeſſen/ An der ſeele bey dir bin/ Denck
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Uberfluͤſſiger gedancken
Welches mich von dir entbinden
Nicht mit macht entreiſſen wil/
Und ſo ſchick ich mit bedacht
Mich zur letzten guten nacht.
6. Was ich unterdeſſen lebe
Leb ich dir und meiner luſt/
Biß ich mich darein ergebe
Daß du mich geſegnen muſt/
Und wer weiß ob morgen nicht
Mir mein abſchieds urtheil ſpricht.
7. Nun dieweil wir ſtets beyſammen
Jn ergebner treu gelebt/
Und ingleichen freundſchaffts-flammen
Nach ergetzlichkeit geſtrebt/
So gedencke daß ein kuß
Unſern ſpaß verſiegeln muß.
8. Halt mein liebgen halte ſtille/
Dieſes iſt mein erſtes mal
Daß ich meinen wunſch erfuͤlle/
Und vielleicht die letzte zahl/
Von der angenehmen laſt
Die du mir bereitet haſt.
9. Bleib mir nur dabey gewogen/
Und gleich wie der freundſchaffts-bund
Dich noch niemals hat betrogen/
Alſo glaͤube/ daß mein mund/
Welcher dich ſo furchtſam kuͤſt/
Bloͤde/ doch beſtaͤndig iſt.
10. Wilſt du meiner bald vergeſſen/
So vergiß mich immerhin/
Denn weil ich am leib entſeſſen/
An der ſeele bey dir bin/
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/94>, abgerufen am 17.07.2024. |