Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Uberflüssiger Gedancken Fünftes Dutzent. I. An seine wertheste Dulcimene/ als er dieselbe vor seinem Abschiede küssen dürffte. DUlcimene soll ich küssen/ Oder bin ich viel zu schlecht Reiner lippen art zu wissen? Gib mir doch vor dißmahl recht: Ein subtiler kuß/ mein liecht/ Nimmt dir deine farbe nicht. 2. Rosen bleiben dennoch rosen/ Ob der biene gleich beliebt Jhren blättern liebzukosen: Drum sey du auch unbetrübt/ Denn du solst mein rosen schein/ Jch die fromme biene seyn. 3. Dulcimene bist du böse/ Daß ich endlich meinen sinn Von der blöden furcht erlöse/ Und ein bißgen kühner bin? Ach nimm doch den freyen lauff Meiner lust nicht übel auff. 4. Laß mich nur/ wer weiß wie lange Du und ich einander sehn. Meinem hertzen ist schon bange Denn es kan gar bald geschehn/ Daß mein ungewisser fuß Frembder leitung folgen muß. 5. Jtzt bin ich noch bey den linden/ Doch es ist des glückes-spiel/ Welches
Uberfluͤſſiger Gedancken Fuͤnftes Dutzent. I. An ſeine wertheſte Dulcimene/ als er dieſelbe vor ſeinem Abſchiede kuͤſſen duͤrffte. DUlcimene ſoll ich kuͤſſen/ Oder bin ich viel zu ſchlecht Reiner lippen art zu wiſſen? Gib mir doch vor dißmahl recht: Ein ſubtiler kuß/ mein liecht/ Nimmt dir deine farbe nicht. 2. Roſen bleiben dennoch roſen/ Ob der biene gleich beliebt Jhren blaͤttern liebzukoſen: Drum ſey du auch unbetruͤbt/ Denn du ſolſt mein roſen ſchein/ Jch die fromme biene ſeyn. 3. Dulcimene biſt du boͤſe/ Daß ich endlich meinen ſinn Von der bloͤden furcht erloͤſe/ Und ein bißgen kuͤhner bin? Ach nimm doch den freyen lauff Meiner luſt nicht uͤbel auff. 4. Laß mich nur/ wer weiß wie lange Du und ich einander ſehn. Meinem hertzen iſt ſchon bange Denn es kan gar bald geſchehn/ Daß mein ungewiſſer fuß Frembder leitung folgen muß. 5. Jtzt bin ich noch bey den linden/ Doch es iſt des gluͤckes-ſpiel/ Welches
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Uberfluͤſſiger Gedancken
Fuͤnftes Dutzent.
I.
An ſeine wertheſte Dulcimene/ als er dieſelbe vor
ſeinem Abſchiede kuͤſſen duͤrffte.
DUlcimene ſoll ich kuͤſſen/
Oder bin ich viel zu ſchlecht
Reiner lippen art zu wiſſen?
Gib mir doch vor dißmahl recht:
Ein ſubtiler kuß/ mein liecht/
Nimmt dir deine farbe nicht.
2. Roſen bleiben dennoch roſen/
Ob der biene gleich beliebt
Jhren blaͤttern liebzukoſen:
Drum ſey du auch unbetruͤbt/
Denn du ſolſt mein roſen ſchein/
Jch die fromme biene ſeyn.
3. Dulcimene biſt du boͤſe/
Daß ich endlich meinen ſinn
Von der bloͤden furcht erloͤſe/
Und ein bißgen kuͤhner bin?
Ach nimm doch den freyen lauff
Meiner luſt nicht uͤbel auff.
4. Laß mich nur/ wer weiß wie lange
Du und ich einander ſehn.
Meinem hertzen iſt ſchon bange
Denn es kan gar bald geſchehn/
Daß mein ungewiſſer fuß
Frembder leitung folgen muß.
5. Jtzt bin ich noch bey den linden/
Doch es iſt des gluͤckes-ſpiel/
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