Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Vierdte Handlung. Mercurie. Jch darff kein weiter zeugniß/ meine augen haben mich nicht betrogen/ verflucht sey die zunge/ welche an unterschiedenen orten zugleich freundlich ist. (Sie geht ab.) Romana. Da schlage bley zu/ wo die sache so ablauffen will. Jch habe rath und that darzu gegeben/ daß dem herrn Reichsmarschall/ als er noch auf seinen gütern ohne amt lebte/ die gemahlin nebst der jungen tochter entführet wurde. Und so sehr als auff beyden seiten auff kund- schafft gelegt ward/ so künstlich habe ich alles vertuschen und verbergen können; hier sagte ich/ die gemahlin wäre gestorben: dort sagte ich/ er hätte sich anderswo verhey- rathet. Nun aber weiß ich nicht/ was der hencker vor ein mädgen hieher geführet hat/ die mir leicht alles unglück auff meinen kopff bringen könte. Jch muß schen/ ob meine künste was helffen wollen. (Sie zeucht ihre ober-kleider aus/ und macht mit wässer/ welches sie aus einem löcherichten topffe sprengt einen circkel/ darein setzt sie sich/ und murmelt etliche un- bekandte wort. Jnzwischen kömmt Vülgus/ der hängt die ober-kleider über sich und setzt sich neben ihr/ da stellt er sich/ als wolte er ihr den hals brechen.) Rom. O Herodes und Pilatus/ was ist das vor ein ding! o meine arme seele/ o mein armes leben! o könig Tieffentingethal/ o hilff uns aus aller qvaal. (Sie läufft davon.) Vulg. Daß dir alle hexereyen in die caldaunen fah- ren/ du altes rabenfell/ ich will dich lehren solche närti- sche worte daher murmeln/ komme ich über dich/ so solstu den topff in deinem gesichte haben/ daß dir deine anderthalb zäh- T t 2
Vierdte Handlung. Mercurie. Jch darff kein weiter zeugniß/ meine augen haben mich nicht betrogen/ verflucht ſey die zunge/ welche an unterſchiedenen orten zugleich freundlich iſt. (Sie geht ab.) Romana. Da ſchlage bley zu/ wo die ſache ſo ablauffen will. Jch habe rath und that darzu gegeben/ daß dem herrn Reichsmarſchall/ als er noch auf ſeinen guͤtern ohne amt lebte/ die gemahlin nebſt der jungen tochter entfuͤhret wurde. Und ſo ſehr als auff beyden ſeiten auff kund- ſchafft gelegt ward/ ſo kuͤnſtlich habe ich alles vertuſchen und verbergen koͤnnen; hier ſagte ich/ die gemahlin waͤre geſtorben: dort ſagte ich/ er haͤtte ſich anderswo verhey- rathet. Nun aber weiß ich nicht/ was der hencker vor ein maͤdgen hieher gefuͤhret hat/ die mir leicht alles ungluͤck auff meinen kopff bringen koͤnte. Jch muß ſchen/ ob meine kuͤnſte was helffen wollen. (Sie zeucht ihre ober-kleider aus/ und macht mit waͤſſer/ welches ſie aus einem loͤcherichten topffe ſprengt einen circkel/ darein ſetzt ſie ſich/ und murmelt etliche un- bekandte wort. Jnzwiſchen koͤmmt Vuͤlgus/ der haͤngt die ober-kleider uͤber ſich und ſetzt ſich neben ihr/ da ſtellt er ſich/ als wolte er ihr den hals brechen.) Rom. O Herodes und Pilatus/ was iſt das vor ein ding! o meine arme ſeele/ o mein armes leben! o koͤnig Tieffentingethal/ o hilff uns aus aller qvaal. (Sie laͤufft davon.) Vulg. Daß dir alle hexereyen in die caldaunen fah- ren/ du altes rabenfell/ ich will dich lehren ſolche naͤrti- ſche worte daher muꝛmeln/ kom̃e ich uͤber dich/ ſo ſolſtu dẽ topff in deinem geſichte haben/ daß dir deine anderthalb zaͤh- T t 2
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Vierdte Handlung.
Mercurie.
Jch darff kein weiter zeugniß/ meine augen haben
mich nicht betrogen/ verflucht ſey die zunge/ welche an
unterſchiedenen orten zugleich freundlich iſt.
(Sie geht ab.)
Romana.
Da ſchlage bley zu/ wo die ſache ſo ablauffen will.
Jch habe rath und that darzu gegeben/ daß dem herrn
Reichsmarſchall/ als er noch auf ſeinen guͤtern ohne amt
lebte/ die gemahlin nebſt der jungen tochter entfuͤhret
wurde. Und ſo ſehr als auff beyden ſeiten auff kund-
ſchafft gelegt ward/ ſo kuͤnſtlich habe ich alles vertuſchen
und verbergen koͤnnen; hier ſagte ich/ die gemahlin waͤre
geſtorben: dort ſagte ich/ er haͤtte ſich anderswo verhey-
rathet. Nun aber weiß ich nicht/ was der hencker vor ein
maͤdgen hieher gefuͤhret hat/ die mir leicht alles ungluͤck
auff meinen kopff bringen koͤnte. Jch muß ſchen/ ob
meine kuͤnſte was helffen wollen.
(Sie zeucht ihre ober-kleider aus/ und macht mit
waͤſſer/ welches ſie aus einem loͤcherichten topffe ſprengt
einen circkel/ darein ſetzt ſie ſich/ und murmelt etliche un-
bekandte wort. Jnzwiſchen koͤmmt Vuͤlgus/ der haͤngt
die ober-kleider uͤber ſich und ſetzt ſich neben ihr/ da ſtellt
er ſich/ als wolte er ihr den hals brechen.)
Rom. O Herodes und Pilatus/ was iſt das vor ein
ding! o meine arme ſeele/ o mein armes leben! o koͤnig
Tieffentingethal/ o hilff uns aus aller qvaal.
(Sie laͤufft davon.)
Vulg. Daß dir alle hexereyen in die caldaunen fah-
ren/ du altes rabenfell/ ich will dich lehren ſolche naͤrti-
ſche worte daher muꝛmeln/ kom̃e ich uͤber dich/ ſo ſolſtu dẽ
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