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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Erste Handlung.
nen diensten zu leben und zu sterben/ er mache mich
nur dieser bitte theilhafftig/ und lasse mich bey meiner
freyheit.
Leo. Siehe/ diese seufftzer und diese thränen sollen
zeugen seyn/ daß ich einen boshafftigen ungerathenen
sohn habe.
Phil. Ach herr vater! ach herr vater! gilt keine bit-
te - - - -
Leo. Du solst nicht so würdig seyn mein angesicht
wieder zu sehen.
Anest. Jch sage nichts als dieses: Wehe dem/ der
seine eltern betrübet!
(Leo. und Anestus gehn ab.)
Phil. Was thue ich? was lasse ich? bin ich lieber
gegen den vater ungehorsam/ als gegen mich grausam?
oder laß ich lieber meine glückseligkeit im stiche/ damit
ich den eitlen ruhm einer unermäßlichen gedult davon
bringe? wer mich in die stadt locket/ der heist mich ster-
ben: Wer aber mein mörder werden wil/ der kan mir
keine kindliche pflicht abfordern. Jch halte auch/ die
eltern seynd denen kindern deßwegen vorgesetzt/ daß
sie vor ihr glücke sorgen sollen: Gesetzt nun/ daß die
kinder selbst einen vortheilhafftigen weg zu ihrer zu-
friedenheit gefunden haben/ so haben die eltern nicht
ursach/ viel vergebne bemühungen hervor zu suchen;
Doch dessen ungeacht/ will ich die sache nochmahls in
meiner einsamkeit überlegen. Wiewol ich habe sor-
ge/ der stadt-magnet wird müssen grosse gewalt haben/
wofern er mich anziehen soll.
(geht ab.)
(Claudius geht in dem mantel auf und ab/
welchen Vulgus verlohren hat.)
Vulg.
Erſte Handlung.
nen dienſten zu leben und zu ſterben/ er mache mich
nur dieſer bitte theilhafftig/ und laſſe mich bey meiner
freyheit.
Leo. Siehe/ dieſe ſeufftzer und dieſe thraͤnen ſollen
zeugen ſeyn/ daß ich einen boshafftigen ungerathenen
ſohn habe.
Phil. Ach heꝛr vater! ach heꝛr vater! gilt keine bit-
te ‒ ‒ ‒ ‒
Leo. Du ſolſt nicht ſo wuͤrdig ſeyn mein angeſicht
wieder zu ſehen.
Aneſt. Jch ſage nichts als dieſes: Wehe dem/ der
ſeine eltern betruͤbet!
(Leo. und Aneſtus gehn ab.)
Phil. Was thue ich? was laſſe ich? bin ich lieber
gegen den vater ungehorſam/ als gegen mich grauſam?
oder laß ich lieber meine gluͤckſeligkeit im ſtiche/ damit
ich den eitlen ruhm einer unermaͤßlichen gedult davon
bringe? wer mich in die ſtadt locket/ der heiſt mich ſter-
ben: Wer aber mein moͤrder werden wil/ der kan mir
keine kindliche pflicht abfordern. Jch halte auch/ die
eltern ſeynd denen kindern deßwegen vorgeſetzt/ daß
ſie vor ihr gluͤcke ſorgen ſollen: Geſetzt nun/ daß die
kinder ſelbſt einen vortheilhafftigen weg zu ihrer zu-
friedenheit gefunden haben/ ſo haben die eltern nicht
urſach/ viel vergebne bemuͤhungen hervor zu ſuchen;
Doch deſſen ungeacht/ will ich die ſache nochmahls in
meiner einſamkeit uͤberlegen. Wiewol ich habe ſor-
ge/ der ſtadt-magnet wird muͤſſen groſſe gewalt haben/
wofern er mich anziehen ſoll.
(geht ab.)
(Claudius geht in dem mantel auf und ab/
welchen Vulgus verlohren hat.)
Vulg.
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[587/0603] Erſte Handlung. nen dienſten zu leben und zu ſterben/ er mache mich nur dieſer bitte theilhafftig/ und laſſe mich bey meiner freyheit. Leo. Siehe/ dieſe ſeufftzer und dieſe thraͤnen ſollen zeugen ſeyn/ daß ich einen boshafftigen ungerathenen ſohn habe. Phil. Ach heꝛr vater! ach heꝛr vater! gilt keine bit- te ‒ ‒ ‒ ‒ Leo. Du ſolſt nicht ſo wuͤrdig ſeyn mein angeſicht wieder zu ſehen. Aneſt. Jch ſage nichts als dieſes: Wehe dem/ der ſeine eltern betruͤbet! (Leo. und Aneſtus gehn ab.) Phil. Was thue ich? was laſſe ich? bin ich lieber gegen den vater ungehorſam/ als gegen mich grauſam? oder laß ich lieber meine gluͤckſeligkeit im ſtiche/ damit ich den eitlen ruhm einer unermaͤßlichen gedult davon bringe? wer mich in die ſtadt locket/ der heiſt mich ſter- ben: Wer aber mein moͤrder werden wil/ der kan mir keine kindliche pflicht abfordern. Jch halte auch/ die eltern ſeynd denen kindern deßwegen vorgeſetzt/ daß ſie vor ihr gluͤcke ſorgen ſollen: Geſetzt nun/ daß die kinder ſelbſt einen vortheilhafftigen weg zu ihrer zu- friedenheit gefunden haben/ ſo haben die eltern nicht urſach/ viel vergebne bemuͤhungen hervor zu ſuchen; Doch deſſen ungeacht/ will ich die ſache nochmahls in meiner einſamkeit uͤberlegen. Wiewol ich habe ſor- ge/ der ſtadt-magnet wird muͤſſen groſſe gewalt haben/ wofern er mich anziehen ſoll. (geht ab.) (Claudius geht in dem mantel auf und ab/ welchen Vulgus verlohren hat.) Vulg.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/603>, abgerufen am 25.11.2024.