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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Erste Handlung.
An. Vielleicht erscheinet noch ein mittel/ welches
vor unsern augen anietzo verborgen ist.
Leo. Mich dünckt/ es wird verborgen bleiben!
An. Die hoffnung lässet sich nicht in solche enge
schrancken schliessen.
Leo. Gleichwohl muß die hoffnung auff einem ge-
wissen grunde beruhen.
An. Solte es nicht rathsam seyn/ daß Euer Gnä-
den nochmahls sich der väterlichen Autorität gebrauch-
ten/ und so wol durch starcke beweiß-gründe/ als abson-
derlich durch bitt- und drau-worte ihr heil versuchten.
Leo. Es ist ungewiß.
An. Doch sol man in ungewissen sachen lieber et-
was thun/ als müssig sitzen.
Leo. Wohlan/ ich wil an mir nichts ermangeln las-
sen/ und niemand sol mir dermahleines die schuld bey-
messen/ als wäre an meiner seite etwas versäumt wor-
den. Jch gehe/ herr hofmeister folget mir.
(Sie gehn ab.)
(Philyrus im schäffer-habit/
Vulgus.)
Phil. Wie unrecht haben die jenigen von dem
menschlichen leben geurtheilet/ welche davor gehalten/
als könte das höchste gut durch unsere kräffte nicht er-
langet werden: Denn wer sich in dem seligsten stande
dieser welt befinden wil/ der darff nur dem falschen und
betrüglichen hof- und stadt-leben gute nacht sagen/ und
sich unter dem unschuldigen schatten der grünenden
bäume so lange auff halten/ biß er von der natur selbst/
die selige einfalt gelernet hat/ welche in einer geruhi-
gen selbst-vergnügung alle lust und ergötzligkeit ver-
schlossen hält. Ach! würde ich von meinem vater
nicht
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Erſte Handlung.
An. Vielleicht erſcheinet noch ein mittel/ welches
vor unſern augen anietzo verborgen iſt.
Leo. Mich duͤnckt/ es wird verborgen bleiben!
An. Die hoffnung laͤſſet ſich nicht in ſolche enge
ſchrancken ſchlieſſen.
Leo. Gleichwohl muß die hoffnung auff einem ge-
wiſſen grunde beruhen.
An. Solte es nicht rathſam ſeyn/ daß Euer Gnaͤ-
den nochmahls ſich der vaͤterlichẽ Autoritaͤt gebrauch-
ten/ und ſo wol durch ſtaꝛcke beweiß-gruͤnde/ als abſon-
derlich durch bitt- und drau-worte ihr heil verſuchten.
Leo. Es iſt ungewiß.
An. Doch ſol man in ungewiſſen ſachen lieber et-
was thun/ als muͤſſig ſitzen.
Leo. Wohlan/ ich wil an mir nichts ermangeln laſ-
ſen/ und niemand ſol mir dermahleines die ſchuld bey-
meſſen/ als waͤre an meiner ſeite etwas verſaͤumt wor-
den. Jch gehe/ heꝛr hofmeiſter folget mir.
(Sie gehn ab.)
(Philyrus im ſchaͤffer-habit/
Vulgus.)
Phil. Wie unrecht haben die jenigen von dem
menſchlichen leben geurtheilet/ welche davor gehalten/
als koͤnte das hoͤchſte gut durch unſere kraͤffte nicht er-
langet werden: Denn wer ſich in dem ſeligſten ſtande
dieſer welt befinden wil/ der darff nur dem falſchen und
betruͤglichen hof- und ſtadt-leben gute nacht ſagen/ uñ
ſich unter dem unſchuldigen ſchatten der gruͤnenden
baͤume ſo lange auff halten/ biß er von der natur ſelbſt/
die ſelige einfalt gelernet hat/ welche in einer geruhi-
gen ſelbſt-vergnuͤgung alle luſt und ergoͤtzligkeit ver-
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nicht
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[583/0599] Erſte Handlung. An. Vielleicht erſcheinet noch ein mittel/ welches vor unſern augen anietzo verborgen iſt. Leo. Mich duͤnckt/ es wird verborgen bleiben! An. Die hoffnung laͤſſet ſich nicht in ſolche enge ſchrancken ſchlieſſen. Leo. Gleichwohl muß die hoffnung auff einem ge- wiſſen grunde beruhen. An. Solte es nicht rathſam ſeyn/ daß Euer Gnaͤ- den nochmahls ſich der vaͤterlichẽ Autoritaͤt gebrauch- ten/ und ſo wol durch ſtaꝛcke beweiß-gruͤnde/ als abſon- derlich durch bitt- und drau-worte ihr heil verſuchten. Leo. Es iſt ungewiß. An. Doch ſol man in ungewiſſen ſachen lieber et- was thun/ als muͤſſig ſitzen. Leo. Wohlan/ ich wil an mir nichts ermangeln laſ- ſen/ und niemand ſol mir dermahleines die ſchuld bey- meſſen/ als waͤre an meiner ſeite etwas verſaͤumt wor- den. Jch gehe/ heꝛr hofmeiſter folget mir. (Sie gehn ab.) (Philyrus im ſchaͤffer-habit/ Vulgus.) Phil. Wie unrecht haben die jenigen von dem menſchlichen leben geurtheilet/ welche davor gehalten/ als koͤnte das hoͤchſte gut durch unſere kraͤffte nicht er- langet werden: Denn wer ſich in dem ſeligſten ſtande dieſer welt befinden wil/ der darff nur dem falſchen und betruͤglichen hof- und ſtadt-leben gute nacht ſagen/ uñ ſich unter dem unſchuldigen ſchatten der gruͤnenden baͤume ſo lange auff halten/ biß er von der natur ſelbſt/ die ſelige einfalt gelernet hat/ welche in einer geruhi- gen ſelbſt-vergnuͤgung alle luſt und ergoͤtzligkeit ver- ſchloſſen haͤlt. Ach! wuͤrde ich von meinem vater nicht O o 4

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/599>, abgerufen am 23.11.2024.