Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Fünffte Handlung. (Sie greiffen ihn an/ da agirt er poßierlich/ bald wil er sich sitzend/ bald stehend/ bald liegend köpffen lassen/ endlich wird er von zweyen gehalten/ da zeucht der scharffrich- ter an statt des schwerdts einen fuchs- schwantz heraus/ und schlägt ihn umb den hals/ da fällt er nieder/ und macht seltzame gauckelpossen/ hiermit wird die Scene zu- gemacht.) (Leonore hat sich verkleidet als eine Schäferin.) Der schau-platz präsentirt einen wald. Leon. Jn dieser einsamkeit will ich mein leben be- schliessen/ welches sich der gesellschafft nicht mehr wür- dig schätzt. Jch habe geliebt; Und eben die hefftig- keit meiner liebe hat mich leichtgläubig gemacht/ daß ich dem verfluchten Borgia mehr als zu viel getraut. Nun ist Camillo zwar unschuldig/ doch desto schuldiger befinde ich mich/ wegen der unbedachtsamen worte/ da- durch Camillo den überrest seiner liebe vertilget hat. Und indem ich nun sehe/ daß geschehene sachen schwer- lich zurück gezogen werden/ ich auch alle übermässige traurigkeit nur vergebens anwenden müste: So mag sich mein gewesener liebhaber damit vergnügen/ daß ich mir die straffe einer ewigen einsamkeit aufflegen will/ und nach vollbrachten thränen der jungferschafft/ welche ich an diesem orte vergiessen will/ dem nächst angelegenen kloster lebens-lang beywohnen werde. Was nicht zu ändern steht/ erträgt man gedultig. Und welchen der himmel nicht will verliebt haben/ der mag seine vergnügung in dem suchen/ daß er nebenst dem liebes-zucker/ auch derselben bitterkeit nicht schmecken darff. N n 4
Fuͤnffte Handlung. (Sie greiffen ihn an/ da agirt er poßierlich/ bald wil er ſich ſitzend/ bald ſtehend/ bald liegend koͤpffen laſſen/ endlich wird er von zweyen gehalten/ da zeucht der ſcharffrich- ter an ſtatt des ſchwerdts einen fuchs- ſchwantz heraus/ und ſchlaͤgt ihn umb den hals/ da faͤllt er nieder/ und macht ſeltzame gauckelpoſſen/ hiermit wird die Scene zu- gemacht.) (Leonore hat ſich verkleidet als eine Schaͤferin.) Der ſchau-platz praͤſentirt einen wald. Leon. Jn dieſer einſamkeit will ich mein leben be- ſchlieſſen/ welches ſich der geſellſchafft nicht mehr wuͤr- dig ſchaͤtzt. Jch habe geliebt; Und eben die hefftig- keit meiner liebe hat mich leichtglaͤubig gemacht/ daß ich dem verfluchten Borgia mehr als zu viel getraut. Nun iſt Camillo zwar unſchuldig/ doch deſto ſchuldiger befinde ich mich/ wegen der unbedachtſamen worte/ da- durch Camillo den uͤberreſt ſeiner liebe vertilget hat. Und indem ich nun ſehe/ daß geſchehene ſachen ſchwer- lich zuruͤck gezogen werden/ ich auch alle uͤbermaͤſſige traurigkeit nur vergebens anwenden muͤſte: So mag ſich mein geweſener liebhaber damit vergnuͤgen/ daß ich mir die ſtraffe einer ewigen einſamkeit aufflegen will/ und nach vollbrachten thraͤnen der jungferſchafft/ welche ich an dieſem orte vergieſſen will/ dem naͤchſt angelegenen kloſter lebens-lang beywohnen werde. Was nicht zu aͤndern ſteht/ ertraͤgt man gedultig. Und welchen der himmel nicht will verliebt haben/ der mag ſeine vergnuͤgung in dem ſuchen/ daß er nebenſt dem liebes-zucker/ auch derſelben bitterkeit nicht ſchmecken darff. N n 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0583" n="567"/> <fw place="top" type="header">Fuͤnffte Handlung.</fw><lb/> <stage>(Sie greiffen ihn an/ da agirt er poßierlich/<lb/> bald wil er ſich ſitzend/ bald ſtehend/ bald<lb/> liegend koͤpffen laſſen/ endlich wird er von<lb/> zweyen gehalten/ da zeucht der ſcharffrich-<lb/> ter an ſtatt des ſchwerdts einen fuchs-<lb/> ſchwantz heraus/ und ſchlaͤgt ihn umb den<lb/> hals/ da faͤllt er nieder/ und macht ſeltzame<lb/> gauckelpoſſen/ hiermit wird die Scene zu-<lb/> gemacht.)</stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Leonore hat ſich verkleidet als eine<lb/> Schaͤferin.)</hi> </stage><lb/> <stage>Der ſchau-platz praͤſentirt einen wald.</stage><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Jn dieſer einſamkeit will ich mein leben be-<lb/> ſchlieſſen/ welches ſich der geſellſchafft nicht mehr wuͤr-<lb/> dig ſchaͤtzt. Jch habe geliebt; Und eben die hefftig-<lb/> keit meiner liebe hat mich leichtglaͤubig gemacht/ daß<lb/> ich dem verfluchten Borgia mehr als zu viel getraut.<lb/> Nun iſt Camillo zwar unſchuldig/ doch deſto ſchuldiger<lb/> befinde ich mich/ wegen der unbedachtſamen worte/ da-<lb/> durch Camillo den uͤberreſt ſeiner liebe vertilget hat.<lb/> Und indem ich nun ſehe/ daß geſchehene ſachen ſchwer-<lb/> lich zuruͤck gezogen werden/ ich auch alle uͤbermaͤſſige<lb/> traurigkeit nur vergebens anwenden muͤſte: So mag<lb/> ſich mein geweſener liebhaber damit vergnuͤgen/ daß<lb/> ich mir die ſtraffe einer ewigen einſamkeit aufflegen<lb/> will/ und nach vollbrachten thraͤnen der jungferſchafft/<lb/> welche ich an dieſem orte vergieſſen will/ dem naͤchſt<lb/> angelegenen kloſter lebens-lang beywohnen werde.<lb/> Was nicht zu aͤndern ſteht/ ertraͤgt man gedultig. Und<lb/> welchen der himmel nicht will verliebt haben/ der mag<lb/> ſeine vergnuͤgung in dem ſuchen/ daß er nebenſt dem<lb/> liebes-zucker/ auch derſelben bitterkeit nicht ſchmecken<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N n 4</fw><fw place="bottom" type="catch">darff.</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [567/0583]
Fuͤnffte Handlung.
(Sie greiffen ihn an/ da agirt er poßierlich/
bald wil er ſich ſitzend/ bald ſtehend/ bald
liegend koͤpffen laſſen/ endlich wird er von
zweyen gehalten/ da zeucht der ſcharffrich-
ter an ſtatt des ſchwerdts einen fuchs-
ſchwantz heraus/ und ſchlaͤgt ihn umb den
hals/ da faͤllt er nieder/ und macht ſeltzame
gauckelpoſſen/ hiermit wird die Scene zu-
gemacht.)
(Leonore hat ſich verkleidet als eine
Schaͤferin.)
Der ſchau-platz praͤſentirt einen wald.
Leon. Jn dieſer einſamkeit will ich mein leben be-
ſchlieſſen/ welches ſich der geſellſchafft nicht mehr wuͤr-
dig ſchaͤtzt. Jch habe geliebt; Und eben die hefftig-
keit meiner liebe hat mich leichtglaͤubig gemacht/ daß
ich dem verfluchten Borgia mehr als zu viel getraut.
Nun iſt Camillo zwar unſchuldig/ doch deſto ſchuldiger
befinde ich mich/ wegen der unbedachtſamen worte/ da-
durch Camillo den uͤberreſt ſeiner liebe vertilget hat.
Und indem ich nun ſehe/ daß geſchehene ſachen ſchwer-
lich zuruͤck gezogen werden/ ich auch alle uͤbermaͤſſige
traurigkeit nur vergebens anwenden muͤſte: So mag
ſich mein geweſener liebhaber damit vergnuͤgen/ daß
ich mir die ſtraffe einer ewigen einſamkeit aufflegen
will/ und nach vollbrachten thraͤnen der jungferſchafft/
welche ich an dieſem orte vergieſſen will/ dem naͤchſt
angelegenen kloſter lebens-lang beywohnen werde.
Was nicht zu aͤndern ſteht/ ertraͤgt man gedultig. Und
welchen der himmel nicht will verliebt haben/ der mag
ſeine vergnuͤgung in dem ſuchen/ daß er nebenſt dem
liebes-zucker/ auch derſelben bitterkeit nicht ſchmecken
darff.
N n 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |