Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld Fickgen die bey der Leonore ist/ muste zwey dutzent tha-ler bringen/ daß sie solte euer wort reden? da ich das gifftige confect bey dem apothecker hohlte/ und dem Camillo ins gefängniß brachte? wisset ihr es nicht? he! Borg. Es stürmet alles auff mich loß. Her. Borgia gebt Gott und eurem fürsten die ehre/ und bekennet die warheit. Versäumet die gnaden-zeit nicht: Eh eine stunde vergeht/ kan Hercules die gna- den-thür verschliessen. Borg. (kniet) Ach was sol ich sagen? Camillo ist der tugendhaffteste mensch auf der welt. Borgia ist überzeugt/ daß er den tod verdienet hat. Her. O du gifftiger basiliske/ ist es möglich/ daß dei- ne boßheit so viel übel stiften können? Und haben wir uns selbsten durch dein lasterhafftes vornehmen wider die tugend reitzen lassen? Camillo sol richter seyn: Und welchen du ohne recht und urtheil verdammen woltest/ der sol über dein leben zu gebieten haben: Daß Ca- millo alsofort hieher gebracht werde. Leon. (ist immittelst auff die seite getreten.) Ach Camillo wird hieher gefordert; mit was vor au- gen werde ich seiner beständigen tugend begegnen kön- nen? wie werde ich die unbilligen beschuldigungen mir zum vortheil auslegen. Ach es ist vergebens! er hat seinen sinn längst von mir gewandt/ und ich werde mich aller liebe und vergnügung auf ewig verzeihen müssen. Sein bildniß/ darauß ich seine affection erkennen sol- te/ habe ich weggeworffen: Was wil ich ihm nun ab- fordern? ich thue am besten/ weil ich sein anschauen nicht vertragen kan/ daß ich heimlich davon schleiche. (Jndem der fürst mit Flavio in heimlichem ge-
Der beſchuͤtzten Unſchuld Fickgen die bey der Leonore iſt/ muſte zwey dutzent tha-ler bringen/ daß ſie ſolte euer wort reden? da ich das gifftige confect bey dem apothecker hohlte/ und dem Camillo ins gefaͤngniß bꝛachte? wiſſet ihr es nicht? he! Borg. Es ſtuͤrmet alles auff mich loß. Her. Borgia gebt Gott und eurem fuͤrſten die ehre/ und bekennet die warheit. Verſaͤumet die gnaden-zeit nicht: Eh eine ſtunde vergeht/ kan Hercules die gna- den-thuͤr veꝛſchlieſſen. Borg. (kniet) Ach was ſol ich ſagen? Camillo iſt der tugendhaffteſte menſch auf der welt. Borgia iſt uͤberzeugt/ daß er den tod verdienet hat. Her. O du gifftigeꝛ baſiliske/ iſt es moͤglich/ daß dei- ne boßheit ſo viel uͤbel ſtiften koͤnnen? Und haben wir uns ſelbſten durch dein laſterhafftes vornehmen wider die tugend reitzen laſſen? Camillo ſol richter ſeyn: Und welchen du ohne recht und urtheil verdammen wolteſt/ der ſol uͤber dein leben zu gebieten haben: Daß Ca- millo alſofort hieher gebracht werde. Leon. (iſt immittelſt auff die ſeite getretẽ.) Ach Camillo wird hieher gefordert; mit was vor au- gen werde ich ſeiner beſtaͤndigen tugend begegnen koͤn- nen? wie werde ich die unbilligen beſchuldigungen mir zum vortheil auslegen. Ach es iſt vergebens! er hat ſeinen ſinn laͤngſt von mir gewandt/ und ich werde mich aller liebe und vergnuͤgung auf ewig verzeihen muͤſſen. Sein bildniß/ darauß ich ſeine affection erkennen ſol- te/ habe ich weggeworffen: Was wil ich ihm nun ab- fordern? ich thue am beſten/ weil ich ſein anſchauen nicht vertragen kan/ daß ich heimlich davon ſchleiche. (Jndem der fuͤrſt mit Flavio in heimlichem ge-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0578" n="562"/><fw place="top" type="header">Der beſchuͤtzten Unſchuld</fw><lb/> Fickgen die bey der Leonore iſt/ muſte zwey dutzent tha-<lb/> ler bringen/ daß ſie ſolte euer wort reden? da ich das<lb/> gifftige confect bey dem apothecker hohlte/ und dem<lb/> Camillo ins gefaͤngniß bꝛachte? wiſſet ihr es nicht? he!</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Es ſtuͤrmet alles auff mich loß.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Her.</speaker> <p>Borgia gebt Gott und eurem fuͤrſten die ehre/<lb/> und bekennet die warheit. Verſaͤumet die gnaden-zeit<lb/> nicht: Eh eine ſtunde vergeht/ kan Hercules die gna-<lb/> den-thuͤr veꝛſchlieſſen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <stage>(kniet)</stage> <p>Ach was ſol ich ſagen? Camillo iſt<lb/> der tugendhaffteſte menſch auf der welt. Borgia iſt<lb/> uͤberzeugt/ daß er den tod verdienet hat.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Her.</speaker> <p>O du gifftigeꝛ baſiliske/ iſt es moͤglich/ daß dei-<lb/> ne boßheit ſo viel uͤbel ſtiften koͤnnen? Und haben wir<lb/> uns ſelbſten durch dein laſterhafftes vornehmen wider<lb/> die tugend reitzen laſſen? Camillo ſol richter ſeyn: Und<lb/> welchen du ohne recht und urtheil verdammen wolteſt/<lb/> der ſol uͤber dein leben zu gebieten haben: Daß Ca-<lb/> millo alſofort hieher gebracht werde.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <stage>(iſt immittelſt auff die ſeite getretẽ.)</stage><lb/> <p>Ach Camillo wird hieher gefordert; mit was vor au-<lb/> gen werde ich ſeiner beſtaͤndigen tugend begegnen koͤn-<lb/> nen? wie werde ich die unbilligen beſchuldigungen mir<lb/> zum vortheil auslegen. Ach es iſt vergebens! er hat<lb/> ſeinen ſinn laͤngſt von mir gewandt/ und ich werde mich<lb/> aller liebe und vergnuͤgung auf ewig verzeihen muͤſſen.<lb/> Sein bildniß/ darauß ich ſeine affection erkennen ſol-<lb/> te/ habe ich weggeworffen: Was wil ich ihm nun ab-<lb/> fordern? ich thue am beſten/ weil ich ſein anſchauen<lb/> nicht vertragen kan/ daß ich heimlich davon ſchleiche.</p> </sp><lb/> <stage>(Jndem der fuͤrſt mit Flavio in heimlichem<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">ge-</hi></fw><lb/></stage> </div> </div> </body> </text> </TEI> [562/0578]
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Fickgen die bey der Leonore iſt/ muſte zwey dutzent tha-
ler bringen/ daß ſie ſolte euer wort reden? da ich das
gifftige confect bey dem apothecker hohlte/ und dem
Camillo ins gefaͤngniß bꝛachte? wiſſet ihr es nicht? he!
Borg. Es ſtuͤrmet alles auff mich loß.
Her. Borgia gebt Gott und eurem fuͤrſten die ehre/
und bekennet die warheit. Verſaͤumet die gnaden-zeit
nicht: Eh eine ſtunde vergeht/ kan Hercules die gna-
den-thuͤr veꝛſchlieſſen.
Borg. (kniet) Ach was ſol ich ſagen? Camillo iſt
der tugendhaffteſte menſch auf der welt. Borgia iſt
uͤberzeugt/ daß er den tod verdienet hat.
Her. O du gifftigeꝛ baſiliske/ iſt es moͤglich/ daß dei-
ne boßheit ſo viel uͤbel ſtiften koͤnnen? Und haben wir
uns ſelbſten durch dein laſterhafftes vornehmen wider
die tugend reitzen laſſen? Camillo ſol richter ſeyn: Und
welchen du ohne recht und urtheil verdammen wolteſt/
der ſol uͤber dein leben zu gebieten haben: Daß Ca-
millo alſofort hieher gebracht werde.
Leon. (iſt immittelſt auff die ſeite getretẽ.)
Ach Camillo wird hieher gefordert; mit was vor au-
gen werde ich ſeiner beſtaͤndigen tugend begegnen koͤn-
nen? wie werde ich die unbilligen beſchuldigungen mir
zum vortheil auslegen. Ach es iſt vergebens! er hat
ſeinen ſinn laͤngſt von mir gewandt/ und ich werde mich
aller liebe und vergnuͤgung auf ewig verzeihen muͤſſen.
Sein bildniß/ darauß ich ſeine affection erkennen ſol-
te/ habe ich weggeworffen: Was wil ich ihm nun ab-
fordern? ich thue am beſten/ weil ich ſein anſchauen
nicht vertragen kan/ daß ich heimlich davon ſchleiche.
(Jndem der fuͤrſt mit Flavio in heimlichem
ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |