Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Erste Handlung. die gunstgewogenheit auff ewig zu bekräfftigen. Cam. Wie so melancholisch/ meine schöne? Leon. Wie so unbarmhertzig mein liebster? Cam. Womit verdiene ich diesen grausamen titul? Leon. Jch unglückselige! wolte Gott ich dürffte es nicht empfinden/ Cam. Jch unglückseliger! wolte Gott ich würde nicht mit dunckeln worten aufgehalten. Leon. Wer mein hertz zerspalten wil/ der ist un- barmhertzig. Cam. Wer sich mit ihrem hertzen verbinden wil/ der ist liebreich. Leon. Bißher hab ich solches glauben müssen. Cam. Und solches sol ich auch ins künfftige glauben. Leon. Jch muß das beste hoffen/ und das ärgste fürchten. Cam. Ach welcher unstern hat mich auff die gedan- cken gebracht Franckreich zu besehen/ wofern ich da- durch zu ihrem betrübnüß ursach geben soll. Leon. Was man aus freyen willen thut/ darff man nicht dem unstern zuschreiben. Cam. Mein engel/ ein wohlversuchter und in der welt erfahrner liebster wird ihr dermahleins besser an- stehen/ als ein elender hausbrütling/ dergleichen ich itzo noch bin. Leon. Ach er ist tugendhafft genung. Cam. Alle leute sehen mich nicht mit ihren augen an. Leon. Jhr Durchl. haben schon das urthel gefäl- let/ daß seine tugend kräfftig genung ist/ fürsten gnade zu gewinnen. Cam. Vielleicht würde Jhre Durchl. dero mey- nung ändern/ wenn sie alle meine mängel wüste. Leon.
Erſte Handlung. die gunſtgewogenheit auff ewig zu bekraͤfftigen. Cam. Wie ſo melancholiſch/ meine ſchoͤne? Leon. Wie ſo unbarmhertzig mein liebſter? Cam. Womit verdiene ich dieſen gꝛauſamen titul? Leon. Jch ungluͤckſelige! wolte Gott ich duͤrffte es nicht empfinden/ Cam. Jch ungluͤckſeliger! wolte Gott ich wuͤrde nicht mit dunckeln worten aufgehalten. Leon. Wer mein hertz zerſpalten wil/ der iſt un- barmhertzig. Cam. Wer ſich mit ihrem hertzen verbinden wil/ der iſt liebreich. Leon. Bißher hab ich ſolches glauben muͤſſen. Cam. Und ſolches ſol ich auch ins kuͤnfftige glaubẽ. Leon. Jch muß das beſte hoffen/ und das aͤrgſte fuͤrchten. Cam. Ach welcher unſteꝛn hat mich auff die gedan- cken gebracht Franckreich zu beſehen/ wofern ich da- durch zu ihrem betruͤbnuͤß urſach geben ſoll. Leon. Was man aus freyen willen thut/ daꝛff man nicht dem unſtern zuſchreiben. Cam. Mein engel/ ein wohlverſuchter und in der welt erfahrner liebſter wird ihr deꝛmahleins beſſer an- ſtehen/ als ein elender hausbruͤtling/ dergleichen ich itzo noch bin. Leon. Ach er iſt tugendhafft genung. Cam. Alle leute ſehen mich nicht mit ihꝛẽ augen an. Leon. Jhr Durchl. haben ſchon das urthel gefaͤl- let/ daß ſeine tugend kraͤfftig genung iſt/ fuͤrſten gnade zu gewinnen. Cam. Vielleicht wuͤrde Jhre Durchl. dero mey- nung aͤndern/ wenn ſie alle meine maͤngel wuͤſte. Leon.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0493" n="477"/><fw place="top" type="header">Erſte Handlung.</fw><lb/> die gunſtgewogenheit auff ewig zu bekraͤfftigen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Wie ſo melancholiſch/ meine ſchoͤne?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Wie ſo unbarmhertzig mein liebſter?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Womit verdiene ich dieſen gꝛauſamen titul?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Jch ungluͤckſelige! wolte Gott ich duͤrffte es<lb/> nicht empfinden/</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Jch ungluͤckſeliger! wolte Gott ich wuͤrde<lb/> nicht mit dunckeln worten aufgehalten.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Wer mein hertz zerſpalten wil/ der iſt un-<lb/> barmhertzig.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Wer ſich mit ihrem hertzen verbinden wil/<lb/> der iſt liebreich.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Bißher hab ich ſolches glauben muͤſſen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Und ſolches ſol ich auch ins kuͤnfftige glaubẽ.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Jch muß das beſte hoffen/ und das aͤrgſte<lb/> fuͤrchten.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Ach welcher unſteꝛn hat mich auff die gedan-<lb/> cken gebracht Franckreich zu beſehen/ wofern ich da-<lb/> durch zu ihrem betruͤbnuͤß urſach geben ſoll.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Was man aus freyen willen thut/ daꝛff man<lb/> nicht dem unſtern zuſchreiben.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Mein engel/ ein wohlverſuchter und in der<lb/> welt erfahrner liebſter wird ihr deꝛmahleins beſſer an-<lb/> ſtehen/ als ein elender hausbruͤtling/ dergleichen ich<lb/> itzo noch bin.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Ach er iſt tugendhafft genung.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Alle leute ſehen mich nicht mit ihꝛẽ augen an.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Jhr <hi rendition="#fr">D</hi>urchl. haben ſchon das urthel gefaͤl-<lb/> let/ daß ſeine tugend kraͤfftig genung iſt/ fuͤrſten gnade<lb/> zu gewinnen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Vielleicht wuͤrde Jhre Durchl. dero mey-<lb/> nung aͤndern/ wenn ſie alle meine maͤngel wuͤſte.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Leon.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [477/0493]
Erſte Handlung.
die gunſtgewogenheit auff ewig zu bekraͤfftigen.
Cam. Wie ſo melancholiſch/ meine ſchoͤne?
Leon. Wie ſo unbarmhertzig mein liebſter?
Cam. Womit verdiene ich dieſen gꝛauſamen titul?
Leon. Jch ungluͤckſelige! wolte Gott ich duͤrffte es
nicht empfinden/
Cam. Jch ungluͤckſeliger! wolte Gott ich wuͤrde
nicht mit dunckeln worten aufgehalten.
Leon. Wer mein hertz zerſpalten wil/ der iſt un-
barmhertzig.
Cam. Wer ſich mit ihrem hertzen verbinden wil/
der iſt liebreich.
Leon. Bißher hab ich ſolches glauben muͤſſen.
Cam. Und ſolches ſol ich auch ins kuͤnfftige glaubẽ.
Leon. Jch muß das beſte hoffen/ und das aͤrgſte
fuͤrchten.
Cam. Ach welcher unſteꝛn hat mich auff die gedan-
cken gebracht Franckreich zu beſehen/ wofern ich da-
durch zu ihrem betruͤbnuͤß urſach geben ſoll.
Leon. Was man aus freyen willen thut/ daꝛff man
nicht dem unſtern zuſchreiben.
Cam. Mein engel/ ein wohlverſuchter und in der
welt erfahrner liebſter wird ihr deꝛmahleins beſſer an-
ſtehen/ als ein elender hausbruͤtling/ dergleichen ich
itzo noch bin.
Leon. Ach er iſt tugendhafft genung.
Cam. Alle leute ſehen mich nicht mit ihꝛẽ augen an.
Leon. Jhr Durchl. haben ſchon das urthel gefaͤl-
let/ daß ſeine tugend kraͤfftig genung iſt/ fuͤrſten gnade
zu gewinnen.
Cam. Vielleicht wuͤrde Jhre Durchl. dero mey-
nung aͤndern/ wenn ſie alle meine maͤngel wuͤſte.
Leon.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |