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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberfl. gedancken andere gattung
Kan in der schönsten scheide seyn.

5. Hingegen gibt es schlechte gnüge
Und wird ein blosses narrenspiel/
Wann etwa eine dürre ziege
Den besten bock erwischen will/
Und wenn ein unvergleichlich schwerdt
Jn eine kahle scheide fährt.
6. Jch nehme stets vor lieb/ und richte
Das schlimmste mädgen nicht zu scharff/
Jndem ich doch mein angesichte
Von keiner schönheit rühmen darff/
Drum schrieb ich dir/ du närrgen du/
Auch eine solche demuth zu.
7. Wenn alle so gedencken solten/
Und wenn die schlechten büfgen hier
Nur auff die schönste warten wolten/
Wer käme dann hernach zu dir?
Denn niemand als ein blinder mann
Siht dich der schönheit halben an.
8. Marindgen nun du hast die flügel
Ein bißgen hoch hinauff gethan/
Ein ander mahl trit vor den spiegel/
Und schaue mich darneben an.
Alsdann so frage deinen sinn/
Ob ich dir zu geringe bin.
Fill. Jch wolte einen halben gülden drum schuldig
seyn/ wann ich diß stückgen hätte vor 14 tagen gehabt.
Gil. Vielleicht wär es dem mädgen nicht lieb/ das
damit wäre auffgezogen worden.
Fill. Ja wohl hätte ich sie stattlich damit bezahlen
wollen.
Mel. Es verlohnt sich wol der müh/ daß man den
jung-

Uberfl. gedancken andere gattung
Kan in der ſchoͤnſten ſcheide ſeyn.

5. Hingegen gibt es ſchlechte gnuͤge
Und wird ein bloſſes narrenſpiel/
Wann etwa eine duͤrre ziege
Den beſten bock erwiſchen will/
Und wenn ein unvergleichlich ſchwerdt
Jn eine kahle ſcheide faͤhrt.
6. Jch nehme ſtets vor lieb/ und richte
Das ſchlimmſte maͤdgen nicht zu ſcharff/
Jndem ich doch mein angeſichte
Von keiner ſchoͤnheit ruͤhmen darff/
Drum ſchrieb ich dir/ du naͤrrgen du/
Auch eine ſolche demuth zu.
7. Wenn alle ſo gedencken ſolten/
Und wenn die ſchlechten buͤfgen hier
Nur auff die ſchoͤnſte warten wolten/
Wer kaͤme dann hernach zu dir?
Denn niemand als ein blinder mann
Siht dich der ſchoͤnheit halben an.
8. Marindgen nun du haſt die fluͤgel
Ein bißgen hoch hinauff gethan/
Ein ander mahl trit vor den ſpiegel/
Und ſchaue mich darneben an.
Alsdann ſo frage deinen ſinn/
Ob ich dir zu geringe bin.
Fill. Jch wolte einen halben guͤlden drum ſchuldig
ſeyn/ wann ich diß ſtuͤckgen haͤtte vor 14 tagen gehabt.
Gil. Vielleicht waͤr es dem maͤdgen nicht lieb/ das
damit waͤre auffgezogen worden.
Fill. Ja wohl haͤtte ich ſie ſtattlich damit bezahlen
wollen.
Mel. Es verlohnt ſich wol der muͤh/ daß man den
jung-
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[336/0352] Uberfl. gedancken andere gattung Kan in der ſchoͤnſten ſcheide ſeyn. 5. Hingegen gibt es ſchlechte gnuͤge Und wird ein bloſſes narrenſpiel/ Wann etwa eine duͤrre ziege Den beſten bock erwiſchen will/ Und wenn ein unvergleichlich ſchwerdt Jn eine kahle ſcheide faͤhrt. 6. Jch nehme ſtets vor lieb/ und richte Das ſchlimmſte maͤdgen nicht zu ſcharff/ Jndem ich doch mein angeſichte Von keiner ſchoͤnheit ruͤhmen darff/ Drum ſchrieb ich dir/ du naͤrrgen du/ Auch eine ſolche demuth zu. 7. Wenn alle ſo gedencken ſolten/ Und wenn die ſchlechten buͤfgen hier Nur auff die ſchoͤnſte warten wolten/ Wer kaͤme dann hernach zu dir? Denn niemand als ein blinder mann Siht dich der ſchoͤnheit halben an. 8. Marindgen nun du haſt die fluͤgel Ein bißgen hoch hinauff gethan/ Ein ander mahl trit vor den ſpiegel/ Und ſchaue mich darneben an. Alsdann ſo frage deinen ſinn/ Ob ich dir zu geringe bin. Fill. Jch wolte einen halben guͤlden drum ſchuldig ſeyn/ wann ich diß ſtuͤckgen haͤtte vor 14 tagen gehabt. Gil. Vielleicht waͤr es dem maͤdgen nicht lieb/ das damit waͤre auffgezogen worden. Fill. Ja wohl haͤtte ich ſie ſtattlich damit bezahlen wollen. Mel. Es verlohnt ſich wol der muͤh/ daß man den jung-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/352>, abgerufen am 24.07.2024.