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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Anderes Gespräch.
5. Jch bin an eine nicht gebunden/
Jch hätte längst in dieser stadt
Ein angenehmes kind gefunden/
Das eben ihre schönheit hat/
Man hätte sich nur bald erklärt/
So hätt ich warlich nichts begehrt.
6. Nun die courage zu bezeugen/
So sag ich frölich gute nacht/
Jch will von aller liebe schweigen/
Als hätt ich nie daran gedacht.
Jch will nunmehr zum blossen schein/
Dein guter freund gewesen seyn.
7. Nur lache nicht in deinem hertzen/
Daß ich so treu gewesen bin:
Jch fühlte zwar ein wenig schmertzen/
Doch nun ist alles überhin/
Wer weiß/ wer endlich mit der zeit/
Am ersten diesen schluß bereut.
Mel. Wann ich den gleichviel kennte/ in dessen nah-
men es gemacht ist/ so wolt ich ein urtheil hören lassen.
Gil. Sage nur/ wie dir das lied gefällt.
Mel. Das kan ich nicht sagen/ ehe ich die person
kenne. Denn ist es einer gewesen/ der eine frau be-
durfft hat/ so läst sich die sache entschuldigen: Jst es
aber sonst ein geelschnabel/ der sich eher paaren will/
als er ein nest darzu hat/ so bedarff er keines mittlei-
dens/ man hat ihm vielmehr zu gratuliren/ daß ihm
die liebes-gedancken nicht von statten gegangen.
Fill. Ja wol/ die menschen haben es nicht so gut als
die sperlinge. Wenn diese lust haben sich mit einan-
der zu paaren/ und können doch kein nest fertig kriegen/
so stürmen sie ein schwalben-nest/ und beissen den al-
ten
Anderes Geſpraͤch.
5. Jch bin an eine nicht gebunden/
Jch haͤtte laͤngſt in dieſer ſtadt
Ein angenehmes kind gefunden/
Das eben ihre ſchoͤnheit hat/
Man haͤtte ſich nur bald erklaͤrt/
So haͤtt ich warlich nichts begehrt.
6. Nun die courage zu bezeugen/
So ſag ich froͤlich gute nacht/
Jch will von aller liebe ſchweigen/
Als haͤtt ich nie daran gedacht.
Jch will nunmehr zum bloſſen ſchein/
Dein guter freund geweſen ſeyn.
7. Nur lache nicht in deinem hertzen/
Daß ich ſo treu geweſen bin:
Jch fuͤhlte zwar ein wenig ſchmertzen/
Doch nun iſt alles uͤberhin/
Wer weiß/ wer endlich mit der zeit/
Am erſten dieſen ſchluß bereut.
Mel. Wann ich den gleichviel keñte/ in deſſen nah-
men es gemacht iſt/ ſo wolt ich ein urtheil hoͤren laſſen.
Gil. Sage nur/ wie dir das lied gefaͤllt.
Mel. Das kan ich nicht ſagen/ ehe ich die perſon
kenne. Denn iſt es einer geweſen/ der eine frau be-
durfft hat/ ſo laͤſt ſich die ſache entſchuldigen: Jſt es
aber ſonſt ein geelſchnabel/ der ſich eher paaren will/
als er ein neſt darzu hat/ ſo bedarff er keines mittlei-
dens/ man hat ihm vielmehr zu gratuliren/ daß ihm
die liebes-gedancken nicht von ſtatten gegangen.
Fill. Ja wol/ die menſchen haben es nicht ſo gut als
die ſperlinge. Wenn dieſe luſt haben ſich mit einan-
der zu paaren/ und koͤnnen doch kein neſt fertig kriegen/
ſo ſtuͤrmen ſie ein ſchwalben-neſt/ und beiſſen den al-
ten
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[331/0347] Anderes Geſpraͤch. 5. Jch bin an eine nicht gebunden/ Jch haͤtte laͤngſt in dieſer ſtadt Ein angenehmes kind gefunden/ Das eben ihre ſchoͤnheit hat/ Man haͤtte ſich nur bald erklaͤrt/ So haͤtt ich warlich nichts begehrt. 6. Nun die courage zu bezeugen/ So ſag ich froͤlich gute nacht/ Jch will von aller liebe ſchweigen/ Als haͤtt ich nie daran gedacht. Jch will nunmehr zum bloſſen ſchein/ Dein guter freund geweſen ſeyn. 7. Nur lache nicht in deinem hertzen/ Daß ich ſo treu geweſen bin: Jch fuͤhlte zwar ein wenig ſchmertzen/ Doch nun iſt alles uͤberhin/ Wer weiß/ wer endlich mit der zeit/ Am erſten dieſen ſchluß bereut. Mel. Wann ich den gleichviel keñte/ in deſſen nah- men es gemacht iſt/ ſo wolt ich ein urtheil hoͤren laſſen. Gil. Sage nur/ wie dir das lied gefaͤllt. Mel. Das kan ich nicht ſagen/ ehe ich die perſon kenne. Denn iſt es einer geweſen/ der eine frau be- durfft hat/ ſo laͤſt ſich die ſache entſchuldigen: Jſt es aber ſonſt ein geelſchnabel/ der ſich eher paaren will/ als er ein neſt darzu hat/ ſo bedarff er keines mittlei- dens/ man hat ihm vielmehr zu gratuliren/ daß ihm die liebes-gedancken nicht von ſtatten gegangen. Fill. Ja wol/ die menſchen haben es nicht ſo gut als die ſperlinge. Wenn dieſe luſt haben ſich mit einan- der zu paaren/ und koͤnnen doch kein neſt fertig kriegen/ ſo ſtuͤrmen ſie ein ſchwalben-neſt/ und beiſſen den al- ten

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/347>, abgerufen am 04.07.2024.