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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der triumphirenden keuschheit
schmincken wollen/ ist sie gewiß über die spülich-gel-
te kommen. Die brocken kleben ihr noch in den
runtzeln herum. Jhr niedlichen katzen-augen/
könnt ihr nicht nach der seite sehen/ wie die gänse/
wann es wetterleucht. Und was sage ich zu der na-
se/ fürwahr/ wo die nase bey einem menschen des
gantzen leibes scheiß-haus heist/ so trifft es da ein/
es ist mir leid/ daß ich nichts im vorrathe habe/ ich
weichte das liebe näsgen selber ein. Wann ich die
backen anseh/ so ist mir immer/ als wan sie das inn-
wendige vom pinckel-topffe heraus gekehrt hätte/
da sieht man/ was die rechte leib-farbe thun kan.
Mädgen thu das maul auf/ hast du die zähne noch
alle/ wiewohl am fressen mag dir nichts mangeln.
Bel. Pickelhering/ du hast genug besichtiget/ erkläre
dich nunmehr.
Pick. Jch käme gern ein bißgen tieffer in die schrifft.
Bel. Vor dißmahl nicht/ sage ja/ oder nein.
Pick. Will sie mich dann haben?
Mel. Ja/ ich wil euch haben/ und ich laß euch keinen
friede/ biß ihr mich nehmt.
Pick. Nun so gebt sie mir doch her/ daß ich einmahl
von ihr komme.
Mel. (Giebt die Hände.) Also sind wir eheleute?
Pick. Ja/ nun sind wir ein leib mit einander.
Mel. Und du hast mich recht lieh?
Pick. Jch wolte/ du wärest ein küh-fladen/ und ich
ein gold-käfer/ so solt uns in ewigkeit nichts von
einander trennen.

(Sie küssen und überwerffen sich.)
Rod. Sacht an/ sacht an/ ihr neuen liebhaber/ spart
euch etwas auf morgen/ da solt ihr erst recht hoch-
zeit machen.
Clar.
Der triumphirenden keuſchheit
ſchmincken wollen/ iſt ſie gewiß uͤber die ſpuͤlich-gel-
te kommen. Die brocken kleben ihr noch in den
runtzeln herum. Jhr niedlichen katzen-augen/
koͤnnt ihr nicht nach der ſeite ſehen/ wie die gaͤnſe/
wann es wetterleucht. Und was ſage ich zu der na-
ſe/ fuͤrwahr/ wo die naſe bey einem menſchen des
gantzen leibes ſcheiß-haus heiſt/ ſo trifft es da ein/
es iſt mir leid/ daß ich nichts im vorrathe habe/ ich
weichte das liebe naͤſgen ſelber ein. Wann ich die
backen anſeh/ ſo iſt mir immer/ als wan ſie das inn-
wendige vom pinckel-topffe heraus gekehrt haͤtte/
da ſieht man/ was die rechte leib-farbe thun kan.
Maͤdgen thu das maul auf/ haſt du die zaͤhne noch
alle/ wiewohl am freſſen mag dir nichts mangeln.
Bel. Pickelhering/ du haſt genug beſichtiget/ erklaͤre
dich nunmehr.
Pick. Jch kaͤme gern ein bißgen tieffer in die ſchrifft.
Bel. Vor dißmahl nicht/ ſage ja/ oder nein.
Pick. Will ſie mich dann haben?
Mel. Ja/ ich wil euch haben/ und ich laß euch keinen
friede/ biß ihr mich nehmt.
Pick. Nun ſo gebt ſie mir doch her/ daß ich einmahl
von ihr komme.
Mel. (Giebt die Haͤnde.) Alſo ſind wir eheleute?
Pick. Ja/ nun ſind wir ein leib mit einander.
Mel. Und du haſt mich recht lieh?
Pick. Jch wolte/ du waͤreſt ein kuͤh-fladen/ und ich
ein gold-kaͤfer/ ſo ſolt uns in ewigkeit nichts von
einander trennen.

(Sie kuͤſſen und uͤberwerffen ſich.)
Rod. Sacht an/ ſacht an/ ihr neuen liebhaber/ ſpart
euch etwas auf morgen/ da ſolt ihr erſt recht hoch-
zeit machen.
Clar.
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[280/0296] Der triumphirenden keuſchheit ſchmincken wollen/ iſt ſie gewiß uͤber die ſpuͤlich-gel- te kommen. Die brocken kleben ihr noch in den runtzeln herum. Jhr niedlichen katzen-augen/ koͤnnt ihr nicht nach der ſeite ſehen/ wie die gaͤnſe/ wann es wetterleucht. Und was ſage ich zu der na- ſe/ fuͤrwahr/ wo die naſe bey einem menſchen des gantzen leibes ſcheiß-haus heiſt/ ſo trifft es da ein/ es iſt mir leid/ daß ich nichts im vorrathe habe/ ich weichte das liebe naͤſgen ſelber ein. Wann ich die backen anſeh/ ſo iſt mir immer/ als wan ſie das inn- wendige vom pinckel-topffe heraus gekehrt haͤtte/ da ſieht man/ was die rechte leib-farbe thun kan. Maͤdgen thu das maul auf/ haſt du die zaͤhne noch alle/ wiewohl am freſſen mag dir nichts mangeln. Bel. Pickelhering/ du haſt genug beſichtiget/ erklaͤre dich nunmehr. Pick. Jch kaͤme gern ein bißgen tieffer in die ſchrifft. Bel. Vor dißmahl nicht/ ſage ja/ oder nein. Pick. Will ſie mich dann haben? Mel. Ja/ ich wil euch haben/ und ich laß euch keinen friede/ biß ihr mich nehmt. Pick. Nun ſo gebt ſie mir doch her/ daß ich einmahl von ihr komme. Mel. (Giebt die Haͤnde.) Alſo ſind wir eheleute? Pick. Ja/ nun ſind wir ein leib mit einander. Mel. Und du haſt mich recht lieh? Pick. Jch wolte/ du waͤreſt ein kuͤh-fladen/ und ich ein gold-kaͤfer/ ſo ſolt uns in ewigkeit nichts von einander trennen. (Sie kuͤſſen und uͤberwerffen ſich.) Rod. Sacht an/ ſacht an/ ihr neuen liebhaber/ ſpart euch etwas auf morgen/ da ſolt ihr erſt recht hoch- zeit machen. Clar.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/296>, abgerufen am 22.11.2024.