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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberflüssiger gedancken
Die augen sind ihm stumpff und lahm/
Und er kriegt eine grosse scham.

7. So ließ ich in verliebter pflicht
Geheime klagen fliessen/
Dieweil ich meiner sonnen-liecht
Nicht konte noch geniessen/
Und als das liebe gläßgen kam/
Erschrack ich vor der grossen scham.
8. Nun Liebgen wirst du mir die hand
Mit gleicher liebe drücken/
Wirst du ohn allen unbestand
Auff deinen diener blicken/
So wird mein hertze wieder zahm/
Und mir vergeht die grosse scham.
VI.
Auf eine Frühlings-Hochzeit.
HAben sich die süssen stunden
Nach dem winter eingefunden/
Jetzt da alles lebt und lacht/
Solt ihr nun vergnüget werden/
Da die zier der gantzen erden/
Allenthalben hochzeit macht?
2. Sucht einander liebzukosen/
Weil die süssen frühlings-rosen
An dem jungen stocke stehn/
Weil ihr mit verliebten füssen
Könnt auff lilgen und narcissen
Zu der lust spatziren gehn.
3. Last die klee-besäeten decken
Euch zur freundlichkeit erwecken:
Denn ihr seyd die kleine welt/
Welche gleiche lust und freude/
Mit

Uberfluͤſſiger gedancken
Die augen ſind ihm ſtumpff und lahm/
Und er kriegt eine groſſe ſcham.

7. So ließ ich in verliebter pflicht
Geheime klagen flieſſen/
Dieweil ich meiner ſonnen-liecht
Nicht konte noch genieſſen/
Und als das liebe glaͤßgen kam/
Erſchrack ich vor der groſſen ſcham.
8. Nun Liebgen wirſt du mir die hand
Mit gleicher liebe druͤcken/
Wirſt du ohn allen unbeſtand
Auff deinen diener blicken/
So wird mein hertze wieder zahm/
Und mir vergeht die groſſe ſcham.
VI.
Auf eine Fruͤhlings-Hochzeit.
HAben ſich die ſuͤſſen ſtunden
Nach dem winter eingefunden/
Jetzt da alles lebt und lacht/
Solt ihr nun vergnuͤget werden/
Da die zier der gantzen erden/
Allenthalben hochzeit macht?
2. Sucht einander liebzukoſen/
Weil die ſuͤſſen fruͤhlings-roſen
An dem jungen ſtocke ſtehn/
Weil ihr mit verliebten fuͤſſen
Koͤnnt auff lilgen und narciſſen
Zu der luſt ſpatziren gehn.
3. Laſt die klee-beſaͤeten decken
Euch zur freundlichkeit erwecken:
Denn ihr ſeyd die kleine welt/
Welche gleiche luſt und freude/
Mit
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[130/0146] Uberfluͤſſiger gedancken Die augen ſind ihm ſtumpff und lahm/ Und er kriegt eine groſſe ſcham. 7. So ließ ich in verliebter pflicht Geheime klagen flieſſen/ Dieweil ich meiner ſonnen-liecht Nicht konte noch genieſſen/ Und als das liebe glaͤßgen kam/ Erſchrack ich vor der groſſen ſcham. 8. Nun Liebgen wirſt du mir die hand Mit gleicher liebe druͤcken/ Wirſt du ohn allen unbeſtand Auff deinen diener blicken/ So wird mein hertze wieder zahm/ Und mir vergeht die groſſe ſcham. VI. Auf eine Fruͤhlings-Hochzeit. HAben ſich die ſuͤſſen ſtunden Nach dem winter eingefunden/ Jetzt da alles lebt und lacht/ Solt ihr nun vergnuͤget werden/ Da die zier der gantzen erden/ Allenthalben hochzeit macht? 2. Sucht einander liebzukoſen/ Weil die ſuͤſſen fruͤhlings-roſen An dem jungen ſtocke ſtehn/ Weil ihr mit verliebten fuͤſſen Koͤnnt auff lilgen und narciſſen Zu der luſt ſpatziren gehn. 3. Laſt die klee-beſaͤeten decken Euch zur freundlichkeit erwecken: Denn ihr ſeyd die kleine welt/ Welche gleiche luſt und freude/ Mit

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/146>, abgerufen am 16.07.2024.