Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


chen Vockssprünge versucht haben. Hier-
mit eilte ich nach meinem Vater zu/ und ver-
hoffte/ er werde sich wohl begütigen lassen/
wann er nur mein außgestandenes Elend se-
hen und behertzigen solte. Aber ich kam zu
langsam/ er war vor acht Wochen gestorben/
und hatte mich meines Ungehorsams halben
außgeerbet bis auf hundert Gülden/ was solte
ich thun/ der letzte Willen war nicht umbzu-
stossen/ meine zwey Schwäger wolten mir
nichts einräumen/ ich hatte nichts gelernet;
drumb muste ich wieder an den Krieg geden-
cken. Und war dieß mein Trost/ wenn ich
mich von den 100. Gülden außmundirt hätte/
so würde ich als ein Cavallier besser fort kom-
men. Jch begab mich unter die Banniri-
sche Armee/ gleich als sie in Meissen und Thü-
ringen herum hausete. Und gewiß/ dazumal
gefiel mir das Wesen gar wohl/ so lange wir
Beute machten/ und kein Mensch da war/
der uns das unserige wieder nehmen wolte:
Allein als Hatzfeld hinter uns drein war/ und
wir bey Zerbst stehen musten/ da wer ich lieber
im Qvartier vor Rochelle gewesen: ich wur-
de an unterschiedenen Orten gequetscht/ muste
auch mit meinem Schaden fortreiten biß nach
Magdeburg. Da lag ich in einem wüsten

Hau-


chen Vocksſpruͤnge verſucht haben. Hier-
mit eilte ich nach meinem Vater zu/ und ver-
hoffte/ er werde ſich wohl beguͤtigen laſſen/
wann er nur mein außgeſtandenes Elend ſe-
hen und behertzigen ſolte. Aber ich kam zu
langſam/ er war vor acht Wochen geſtorben/
und hatte mich meines Ungehorſams halben
außgeerbet bis auf hundert Guͤlden/ was ſolte
ich thun/ der letzte Willen war nicht umbzu-
ſtoſſen/ meine zwey Schwaͤger wolten mir
nichts einraͤumen/ ich hatte nichts gelernet;
drumb muſte ich wieder an den Krieg geden-
cken. Und war dieß mein Troſt/ wenn ich
mich von den 100. Guͤlden außmundirt haͤtte/
ſo wuͤrde ich als ein Cavallier beſſer fort kom-
men. Jch begab mich unter die Banniri-
ſche Armee/ gleich als ſie in Meiſſen und Thuͤ-
ringen herum hauſete. Und gewiß/ dazumal
gefiel mir das Weſen gar wohl/ ſo lange wir
Beute machten/ und kein Menſch da war/
der uns das unſerige wieder nehmen wolte:
Allein als Hatzfeld hinter uns drein war/ und
wir bey Zerbſt ſtehen muſten/ da wer ich lieber
im Qvartier vor Rochelle geweſen: ich wur-
de an unterſchiedenen Orten gequetſcht/ muſte
auch mit meinem Schaden fortreiten biß nach
Magdeburg. Da lag ich in einem wuͤſten

Hau-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0077" n="71"/><lb/>
chen Vocks&#x017F;pru&#x0364;nge ver&#x017F;ucht haben. Hier-<lb/>
mit eilte ich nach meinem Vater zu/ und ver-<lb/>
hoffte/ er werde &#x017F;ich wohl begu&#x0364;tigen la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
wann er nur mein außge&#x017F;tandenes Elend &#x017F;e-<lb/>
hen und behertzigen &#x017F;olte. Aber ich kam zu<lb/>
lang&#x017F;am/ er war vor acht Wochen ge&#x017F;torben/<lb/>
und hatte mich meines Ungehor&#x017F;ams halben<lb/>
außgeerbet bis auf hundert Gu&#x0364;lden/ was &#x017F;olte<lb/>
ich thun/ der letzte Willen war nicht umbzu-<lb/>
&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ meine zwey Schwa&#x0364;ger wolten mir<lb/>
nichts einra&#x0364;umen/ ich hatte nichts gelernet;<lb/>
drumb mu&#x017F;te ich wieder an den Krieg geden-<lb/>
cken. Und war dieß mein Tro&#x017F;t/ wenn ich<lb/>
mich von den 100. Gu&#x0364;lden außmundirt ha&#x0364;tte/<lb/>
&#x017F;o wu&#x0364;rde ich als ein Cavallier be&#x017F;&#x017F;er fort kom-<lb/>
men. Jch begab mich unter die Banniri-<lb/>
&#x017F;che Armee/ gleich als &#x017F;ie in Mei&#x017F;&#x017F;en und Thu&#x0364;-<lb/>
ringen herum hau&#x017F;ete. Und gewiß/ dazumal<lb/>
gefiel mir das We&#x017F;en gar wohl/ &#x017F;o lange wir<lb/>
Beute machten/ und kein Men&#x017F;ch da war/<lb/>
der uns das un&#x017F;erige wieder nehmen wolte:<lb/>
Allein als Hatzfeld hinter uns drein war/ und<lb/>
wir bey Zerb&#x017F;t &#x017F;tehen mu&#x017F;ten/ da wer ich lieber<lb/>
im Qvartier vor <hi rendition="#aq">Rochelle</hi> gewe&#x017F;en: ich wur-<lb/>
de an unter&#x017F;chiedenen Orten gequet&#x017F;cht/ mu&#x017F;te<lb/>
auch mit meinem Schaden fortreiten biß nach<lb/>
Magdeburg. Da lag ich in einem wu&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hau-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0077] chen Vocksſpruͤnge verſucht haben. Hier- mit eilte ich nach meinem Vater zu/ und ver- hoffte/ er werde ſich wohl beguͤtigen laſſen/ wann er nur mein außgeſtandenes Elend ſe- hen und behertzigen ſolte. Aber ich kam zu langſam/ er war vor acht Wochen geſtorben/ und hatte mich meines Ungehorſams halben außgeerbet bis auf hundert Guͤlden/ was ſolte ich thun/ der letzte Willen war nicht umbzu- ſtoſſen/ meine zwey Schwaͤger wolten mir nichts einraͤumen/ ich hatte nichts gelernet; drumb muſte ich wieder an den Krieg geden- cken. Und war dieß mein Troſt/ wenn ich mich von den 100. Guͤlden außmundirt haͤtte/ ſo wuͤrde ich als ein Cavallier beſſer fort kom- men. Jch begab mich unter die Banniri- ſche Armee/ gleich als ſie in Meiſſen und Thuͤ- ringen herum hauſete. Und gewiß/ dazumal gefiel mir das Weſen gar wohl/ ſo lange wir Beute machten/ und kein Menſch da war/ der uns das unſerige wieder nehmen wolte: Allein als Hatzfeld hinter uns drein war/ und wir bey Zerbſt ſtehen muſten/ da wer ich lieber im Qvartier vor Rochelle geweſen: ich wur- de an unterſchiedenen Orten gequetſcht/ muſte auch mit meinem Schaden fortreiten biß nach Magdeburg. Da lag ich in einem wuͤſten Hau-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/77
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/77>, abgerufen am 22.11.2024.