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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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ich/ er hätte kein Geld/ und hätte den Hut müs-
sen zum Pfande lassen. Der sechste brachte
dieses vor/ ihr Herren/ sagte er/ ihr wisset
viel/ was der Handel zu bedeuten hat. Wer
weiß/ wo ein Frauen Zimmer in der Nachbar-
schafft ist/ die den Hut hohlen läst/ wenn er
nur nachlieffe/ und sein Glücke zu suchen wüste:
denn es kam mir vor/ als wär es kein natürli-
cher Hund. Gelanor sagte zuletzt/ ey lasset
ihn zu seinem Schaden unvexirt/ es ist ein
Zufall/ da er nichts davor kan. Wer weiß wo
ihm das Glücke günstig ist/ daß er einen Hut
vor vier Thaler/ und eine Krempe vor sieben
Thaler geschenckt kriegt. Jnzwischen saß der
arme Donner und spintisirte/ wo er einen an-
dern. Hut schaffen wolte. Doch als sie an ein
Dorff kamen/ hielt ein Kerle auf einem Pfer-
de/ und fragte/ ob iemand von der Kutsche
einen Hut verlohren hätte/ es wäre ümb ein
Trinckgeld zu thun/ so wolte er ihm solchen
wieder zuweisen. Dem guten Menschen wa-
ckelte das Hertz vor Freuden wie ein Lämmer-
Schwäntzgen. Nur das Trinckgeld verstör-
te ihm die Freude ein wenig/ doch es halff
nichts davor/ und sagte der obgedachte Sper-
lingianer zu seinem Troste/ e duobus malis
minus est eligendum.
Hierauff sahen sie

Un-


ich/ er haͤtte kein Geld/ und haͤtte den Hut muͤſ-
ſen zum Pfande laſſen. Der ſechſte brachte
dieſes vor/ ihr Herren/ ſagte er/ ihr wiſſet
viel/ was der Handel zu bedeuten hat. Wer
weiß/ wo ein Frauen Zimmer in der Nachbar-
ſchafft iſt/ die den Hut hohlen laͤſt/ wenn er
nur nachlieffe/ und ſein Gluͤcke zu ſuchen wuͤſte:
denn es kam mir vor/ als waͤr es kein natuͤrli-
cher Hund. Gelanor ſagte zuletzt/ ey laſſet
ihn zu ſeinem Schaden unvexirt/ es iſt ein
Zufall/ da er nichts davor kan. Wer weiß wo
ihm das Gluͤcke guͤnſtig iſt/ daß er einen Hut
vor vier Thaler/ und eine Krempe vor ſieben
Thaler geſchenckt kriegt. Jnzwiſchen ſaß der
arme Donner und ſpintiſirte/ wo er einen an-
dern. Hut ſchaffen wolte. Doch als ſie an ein
Dorff kamen/ hielt ein Kerle auf einem Pfer-
de/ und fragte/ ob iemand von der Kutſche
einen Hut verlohren haͤtte/ es waͤre uͤmb ein
Trinckgeld zu thun/ ſo wolte er ihm ſolchen
wieder zuweiſen. Dem guten Menſchen wa-
ckelte das Hertz vor Freuden wie ein Laͤmmer-
Schwaͤntzgen. Nur das Trinckgeld verſtoͤr-
te ihm die Freude ein wenig/ doch es halff
nichts davor/ und ſagte der obgedachte Sper-
lingianer zu ſeinem Troſte/ è duobus malis
minus eſt eligendum.
Hierauff ſahen ſie

Un-
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[194/0300] ich/ er haͤtte kein Geld/ und haͤtte den Hut muͤſ- ſen zum Pfande laſſen. Der ſechſte brachte dieſes vor/ ihr Herren/ ſagte er/ ihr wiſſet viel/ was der Handel zu bedeuten hat. Wer weiß/ wo ein Frauen Zimmer in der Nachbar- ſchafft iſt/ die den Hut hohlen laͤſt/ wenn er nur nachlieffe/ und ſein Gluͤcke zu ſuchen wuͤſte: denn es kam mir vor/ als waͤr es kein natuͤrli- cher Hund. Gelanor ſagte zuletzt/ ey laſſet ihn zu ſeinem Schaden unvexirt/ es iſt ein Zufall/ da er nichts davor kan. Wer weiß wo ihm das Gluͤcke guͤnſtig iſt/ daß er einen Hut vor vier Thaler/ und eine Krempe vor ſieben Thaler geſchenckt kriegt. Jnzwiſchen ſaß der arme Donner und ſpintiſirte/ wo er einen an- dern. Hut ſchaffen wolte. Doch als ſie an ein Dorff kamen/ hielt ein Kerle auf einem Pfer- de/ und fragte/ ob iemand von der Kutſche einen Hut verlohren haͤtte/ es waͤre uͤmb ein Trinckgeld zu thun/ ſo wolte er ihm ſolchen wieder zuweiſen. Dem guten Menſchen wa- ckelte das Hertz vor Freuden wie ein Laͤmmer- Schwaͤntzgen. Nur das Trinckgeld verſtoͤr- te ihm die Freude ein wenig/ doch es halff nichts davor/ und ſagte der obgedachte Sper- lingianer zu ſeinem Troſte/ è duobus malis minus eſt eligendum. Hierauff ſahen ſie Un-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/300>, abgerufen am 25.11.2024.