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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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bracht. Einer schnitt Capreolen/ der andere
machte Floretten/ der dritte stolperte über die
hohen Absätze: da mochte sauffen/ wer ein
Maul hatte. Denn andern Tag war die
Braut mit ihrem neuen Schlaffgesellen un-
erhört auffgezogen/ da kamen die Weiber und
Männer/ und versuchten ihr Herl. Abson-
derlich hätten ihr die Junggesellen/ oder die
Herren Braut-Lümmel bald den Kopff mit
Band und Haaren abgerissen/ weil sie den
Krantz mit starckem Drate unter den Haaren
fest verwahret hatte. Und bey diesem Actu
giengen solche obscoena aequivoca vor/ daß sich
züchtige Ohren billig davor zu schämen hat-
ten. Als nun der Wirth mit unsrer Com-
pagnie wieder zu sprechen kam/ sagte Eurylas,
es gefanllt mir an diesem Orte sehr wohl/ in-
dem es lauter wohlhabende und vergnügte
Leute hier giebt. Jch sehe alles in Kostbahren
Kleidern in köstlichen Essen und Trincken/ in Wol-
lust und Herrligkeit daher stutzen. Doch der
Wirth gab zur Antwort; mein Herr/ es ist
nicht alles Gold/ was gleisset. Solte er un-
sere Hoffart auf den Probierstein streichen/ sie
würde nicht gülden herauß kommen. Es
geht manche Jungfer/ die hat ihr gantz Patri-
monium
an den Hals gehenckt/ nur daß sie

desto


bracht. Einer ſchnitt Capreolen/ der andere
machte Floretten/ der dritte ſtolperte uͤber die
hohen Abſaͤtze: da mochte ſauffen/ wer ein
Maul hatte. Denn andern Tag war die
Braut mit ihrem neuen Schlaffgeſellen un-
erhoͤrt auffgezogen/ da kamen die Weiber und
Maͤnner/ und verſuchten ihr Herl. Abſon-
derlich haͤtten ihr die Junggeſellen/ oder die
Herren Braut-Luͤmmel bald den Kopff mit
Band und Haaren abgeriſſen/ weil ſie den
Krantz mit ſtarckem Drate unter den Haaren
feſt verwahret hatte. Und bey dieſem Actu
giengẽ ſolche obſcœna æquivoca vor/ daß ſich
zuͤchtige Ohren billig davor zu ſchaͤmen hat-
ten. Als nun der Wirth mit unſrer Com-
pagnie wieder zu ſprechen kam/ ſagte Eurylas,
es gefāllt mir an dieſem Orte ſehr wohl/ in-
dem es lauter wohlhabende und vergnuͤgte
Leute hier giebt. Jch ſehe alles in Koſtbahren
Kleidern in koͤſtlichẽ Eſſẽ und Tꝛinckẽ/ in Wol-
luſt und Herrligkeit daher ſtutzen. Doch der
Wirth gab zur Antwort; mein Herr/ es iſt
nicht alles Gold/ was gleiſſet. Solte er un-
ſere Hoffart auf den Probierſtein ſtreichen/ ſie
wuͤrde nicht guͤlden herauß kommen. Es
geht manche Jungfer/ die hat ihr gantz Patri-
monium
an den Hals gehenckt/ nur daß ſie

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[281/0287] bracht. Einer ſchnitt Capreolen/ der andere machte Floretten/ der dritte ſtolperte uͤber die hohen Abſaͤtze: da mochte ſauffen/ wer ein Maul hatte. Denn andern Tag war die Braut mit ihrem neuen Schlaffgeſellen un- erhoͤrt auffgezogen/ da kamen die Weiber und Maͤnner/ und verſuchten ihr Herl. Abſon- derlich haͤtten ihr die Junggeſellen/ oder die Herren Braut-Luͤmmel bald den Kopff mit Band und Haaren abgeriſſen/ weil ſie den Krantz mit ſtarckem Drate unter den Haaren feſt verwahret hatte. Und bey dieſem Actu giengẽ ſolche obſcœna æquivoca vor/ daß ſich zuͤchtige Ohren billig davor zu ſchaͤmen hat- ten. Als nun der Wirth mit unſrer Com- pagnie wieder zu ſprechen kam/ ſagte Eurylas, es gefāllt mir an dieſem Orte ſehr wohl/ in- dem es lauter wohlhabende und vergnuͤgte Leute hier giebt. Jch ſehe alles in Koſtbahren Kleidern in koͤſtlichẽ Eſſẽ und Tꝛinckẽ/ in Wol- luſt und Herrligkeit daher ſtutzen. Doch der Wirth gab zur Antwort; mein Herr/ es iſt nicht alles Gold/ was gleiſſet. Solte er un- ſere Hoffart auf den Probierſtein ſtreichen/ ſie wuͤrde nicht guͤlden herauß kommen. Es geht manche Jungfer/ die hat ihr gantz Patri- monium an den Hals gehenckt/ nur daß ſie deſto

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/287>, abgerufen am 25.11.2024.