Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


Fürsten die Kinder sind/ oder doch Kindische
Gedancken haben: sondern wo man kluge und
vernünfftige Leute bedarff/ da kan er ein Kind
hinsetzen/ dadurch die allgemeine Wohlfahrt
in das Decrement gebracht wird. Und dan-
nenhero sieht ein iedweder/ was dieselbe vor
Narren sind/ welche auf die übele Admini-
stration
bey hoher und niedriger Obrigkeit
schmähen wollen. Du elender Mensch/ gib
achtung auf dich/ ob du mit deinem bösen Le-
ben was bessers verdienet hast. Vielleicht hat
ein Fürst oder sonst ein hoher Minister offt-
mahls mehr auf die Unterthanen zu schelten/
daß sie mit ihren Sünden und Schanden
GOtt er zürnen/ und also viel gute Consilia
von ihrem guten Event zu rücke halten. Es
dencke auch ein iedweder Bürger und Bauer
nach/ es wird alle Sonntage von der Cantzel
vor die Obrigkeit gebetet. Aber wo ist einer/
der solches mit Andacht nachspricht? daß es
also kein Wunder ist/ daß Gott so sparsam mit
den Gütern gegen uns ümbgeht/ darumb er
so sparsam oder wohl gar nicht angeruffen
wird. Unterdessen mag ein solcher zur Straff
eingesetzter Großsprecher sich nicht zu viel auf
seine Farbe verlassen. Käyser Caligula wolte
seinem Pferde Göttliche oder Fürstliche Ehre

erwei-


Fuͤrſten die Kinder ſind/ oder doch Kindiſche
Gedancken haben: ſondern wo man kluge und
vernuͤnfftige Leute bedarff/ da kan er ein Kind
hinſetzen/ dadurch die allgemeine Wohlfahrt
in das Decrement gebracht wird. Und dan-
nenhero ſieht ein iedweder/ was dieſelbe vor
Narren ſind/ welche auf die uͤbele Admini-
ſtration
bey hoher und niedriger Obrigkeit
ſchmaͤhen wollen. Du elender Menſch/ gib
achtung auf dich/ ob du mit deinem boͤſen Le-
ben was beſſers verdienet haſt. Vielleicht hat
ein Fuͤrſt oder ſonſt ein hoher Miniſter offt-
mahls mehr auf die Unterthanen zu ſchelten/
daß ſie mit ihren Suͤnden und Schanden
GOtt er zuͤrnen/ und alſo viel gute Conſilia
von ihrem guten Event zu ruͤcke halten. Es
dencke auch ein iedweder Buͤrger und Bauer
nach/ es wird alle Soñtage von der Cantzel
vor die Obrigkeit gebetet. Aber wo iſt einer/
der ſolches mit Andacht nachſpricht? daß es
alſo kein Wunder iſt/ daß Gott ſo ſparſam mit
den Guͤtern gegen uns uͤmbgeht/ darumb er
ſo ſparſam oder wohl gar nicht angeruffen
wird. Unterdeſſen mag ein ſolcher zur Straff
eingeſetzter Großſprecher ſich nicht zu viel auf
ſeine Farbe verlaſſen. Kaͤyſer Caligula wolte
ſeinem Pferde Goͤttliche oder Fuͤrſtliche Ehre

erwei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0270" n="264"/><lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten die Kinder &#x017F;ind/ oder doch Kindi&#x017F;che<lb/>
Gedancken haben: &#x017F;ondern wo man kluge und<lb/>
vernu&#x0364;nfftige Leute bedarff/ da kan er ein Kind<lb/>
hin&#x017F;etzen/ dadurch die allgemeine Wohlfahrt<lb/>
in das Decrement gebracht wird. Und dan-<lb/>
nenhero &#x017F;ieht ein iedweder/ was die&#x017F;elbe vor<lb/>
Narren &#x017F;ind/ welche auf die u&#x0364;bele <hi rendition="#aq">Admini-<lb/>
&#x017F;tration</hi> bey hoher und niedriger Obrigkeit<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;hen wollen. Du elender Men&#x017F;ch/ gib<lb/>
achtung auf dich/ ob du mit deinem bo&#x0364;&#x017F;en Le-<lb/>
ben was be&#x017F;&#x017F;ers verdienet ha&#x017F;t. Vielleicht hat<lb/>
ein <hi rendition="#fr">F</hi>u&#x0364;r&#x017F;t oder &#x017F;on&#x017F;t ein hoher <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;ter</hi> offt-<lb/>
mahls mehr auf die Unterthanen zu &#x017F;chelten/<lb/>
daß &#x017F;ie mit ihren Su&#x0364;nden und Schanden<lb/>
GOtt er zu&#x0364;rnen/ und al&#x017F;o viel gute <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ilia</hi><lb/>
von ihrem guten <hi rendition="#aq">Event</hi> zu ru&#x0364;cke halten. Es<lb/>
dencke auch ein iedweder Bu&#x0364;rger und Bauer<lb/>
nach/ es wird alle Son&#x0303;tage von der Cantzel<lb/>
vor die Obrigkeit gebetet. Aber wo i&#x017F;t einer/<lb/>
der &#x017F;olches mit Andacht nach&#x017F;pricht? daß es<lb/>
al&#x017F;o kein Wunder i&#x017F;t/ daß Gott &#x017F;o &#x017F;par&#x017F;am mit<lb/>
den Gu&#x0364;tern gegen uns u&#x0364;mbgeht/ darumb er<lb/>
&#x017F;o &#x017F;par&#x017F;am oder wohl gar nicht angeruffen<lb/>
wird. Unterde&#x017F;&#x017F;en mag ein &#x017F;olcher zur Straff<lb/>
einge&#x017F;etzter Groß&#x017F;precher &#x017F;ich nicht zu viel auf<lb/>
&#x017F;eine Farbe verla&#x017F;&#x017F;en. Ka&#x0364;y&#x017F;er Caligula wolte<lb/>
&#x017F;einem Pferde Go&#x0364;ttliche oder <hi rendition="#fr">F</hi>u&#x0364;r&#x017F;tliche Ehre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">erwei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0270] Fuͤrſten die Kinder ſind/ oder doch Kindiſche Gedancken haben: ſondern wo man kluge und vernuͤnfftige Leute bedarff/ da kan er ein Kind hinſetzen/ dadurch die allgemeine Wohlfahrt in das Decrement gebracht wird. Und dan- nenhero ſieht ein iedweder/ was dieſelbe vor Narren ſind/ welche auf die uͤbele Admini- ſtration bey hoher und niedriger Obrigkeit ſchmaͤhen wollen. Du elender Menſch/ gib achtung auf dich/ ob du mit deinem boͤſen Le- ben was beſſers verdienet haſt. Vielleicht hat ein Fuͤrſt oder ſonſt ein hoher Miniſter offt- mahls mehr auf die Unterthanen zu ſchelten/ daß ſie mit ihren Suͤnden und Schanden GOtt er zuͤrnen/ und alſo viel gute Conſilia von ihrem guten Event zu ruͤcke halten. Es dencke auch ein iedweder Buͤrger und Bauer nach/ es wird alle Soñtage von der Cantzel vor die Obrigkeit gebetet. Aber wo iſt einer/ der ſolches mit Andacht nachſpricht? daß es alſo kein Wunder iſt/ daß Gott ſo ſparſam mit den Guͤtern gegen uns uͤmbgeht/ darumb er ſo ſparſam oder wohl gar nicht angeruffen wird. Unterdeſſen mag ein ſolcher zur Straff eingeſetzter Großſprecher ſich nicht zu viel auf ſeine Farbe verlaſſen. Kaͤyſer Caligula wolte ſeinem Pferde Goͤttliche oder Fuͤrſtliche Ehre erwei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/270
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/270>, abgerufen am 25.11.2024.