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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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stern eben dergleichen Qvitten/ die waren
nicht wehrt/ daß man sie solte zum Fenster
hinauß werfen/ ich muß doch versuchen/ ob die-
se besser seyn? Eurylas rückte ihm die recht-
schüldige vor/ und da war der arme Schlu-
cker so geitzig/ als wolte ihm iemand die Qvit-
ten nehmen/ und steckte sie auf einen Bissen in
das Maul. Da saß nun mein, Narr/ und
empfand einen Geschmack in der Kehle/ darü-
ber er hätte vergehen mögen. Anfangs zwar
wolte er den Possen vor den andern verber-
gen; Aber es erfolgte ein trefflicher Husten/ der
ihm die Thränen zu den Augen/ und ich weiß
nicht/ was zu dem Halse herauß trieb. Eu-
rylas
stellte sich unterdessen als hätte er kein
Wasser betrübt/ und fragte etlich mahl/ ob ihm
irgend ein Qvittenkern wäre in die unrechte
Kehle kommen. Doch wuste der gute Mensch
am besten/ wie ihm zu Muthe war/ und stunde
vom Tische auff/ dem die andern auch folgten.
Als nun Eurylas bey dem Gelanor und Flo-
rindo
allein war/ und den Possen erzehlte/
folgte diß Morale darauff/ es solte sich nie-
mand mercken lassen/ was er gern hätte: ab-
sonderlich solte man lernen an sich halten/ wann
ja etwas wäre/ daß fein und annehmlich auß-
sähe/ nach dem Reimen des alten Philippi Me-

lanch-


ſtern eben dergleichen Qvitten/ die waren
nicht wehrt/ daß man ſie ſolte zum Fenſter
hinauß werfen/ ich muß doch verſuchen/ ob die-
ſe beſſer ſeyn? Eurylas ruͤckte ihm die recht-
ſchuͤldige vor/ und da war der arme Schlu-
cker ſo geitzig/ als wolte ihm iemand die Qvit-
ten nehmen/ und ſteckte ſie auf einen Biſſen in
das Maul. Da ſaß nun mein, Narr/ und
empfand einen Geſchmack in der Kehle/ daruͤ-
ber er haͤtte vergehen moͤgen. Anfangs zwar
wolte er den Poſſen vor den andern verber-
gen; Aber es erfolgte ein trefflicher Huſten/ der
ihm die Thraͤnen zu den Augen/ und ich weiß
nicht/ was zu dem Halſe herauß trieb. Eu-
rylas
ſtellte ſich unterdeſſen als haͤtte er kein
Waſſer betruͤbt/ und fragte etlich mahl/ ob ihm
irgend ein Qvittenkern waͤre in die unrechte
Kehle kommen. Doch wuſte der gute Menſch
am beſten/ wie ihm zu Muthe war/ und ſtunde
vom Tiſche auff/ dem die andern auch folgten.
Als nun Eurylas bey dem Gelanor und Flo-
rindo
allein war/ und den Poſſen erzehlte/
folgte diß Morale darauff/ es ſolte ſich nie-
mand mercken laſſen/ was er gern haͤtte: ab-
ſonderlich ſolte man lernen an ſich halten/ wañ
ja etwas waͤre/ daß fein und annehmlich auß-
ſaͤhe/ nach dem Reimen des alten Philippi Me-

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[214/0220] ſtern eben dergleichen Qvitten/ die waren nicht wehrt/ daß man ſie ſolte zum Fenſter hinauß werfen/ ich muß doch verſuchen/ ob die- ſe beſſer ſeyn? Eurylas ruͤckte ihm die recht- ſchuͤldige vor/ und da war der arme Schlu- cker ſo geitzig/ als wolte ihm iemand die Qvit- ten nehmen/ und ſteckte ſie auf einen Biſſen in das Maul. Da ſaß nun mein, Narr/ und empfand einen Geſchmack in der Kehle/ daruͤ- ber er haͤtte vergehen moͤgen. Anfangs zwar wolte er den Poſſen vor den andern verber- gen; Aber es erfolgte ein trefflicher Huſten/ der ihm die Thraͤnen zu den Augen/ und ich weiß nicht/ was zu dem Halſe herauß trieb. Eu- rylas ſtellte ſich unterdeſſen als haͤtte er kein Waſſer betruͤbt/ und fragte etlich mahl/ ob ihm irgend ein Qvittenkern waͤre in die unrechte Kehle kommen. Doch wuſte der gute Menſch am beſten/ wie ihm zu Muthe war/ und ſtunde vom Tiſche auff/ dem die andern auch folgten. Als nun Eurylas bey dem Gelanor und Flo- rindo allein war/ und den Poſſen erzehlte/ folgte diß Morale darauff/ es ſolte ſich nie- mand mercken laſſen/ was er gern haͤtte: ab- ſonderlich ſolte man lernen an ſich halten/ wañ ja etwas waͤre/ daß fein und annehmlich auß- ſaͤhe/ nach dem Reimen des alten Philippi Me- lanch-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/220>, abgerufen am 27.11.2024.