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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Chr. Jungfer Ließgen/ ich habe sie in Ernst ge-
fragt/ sie wird mir ja auch in Ernst ant-
worten.
L. Herr Doctor/ daran sieht er/ daß wir uns
nicht zusammen schicken/ er thut ernstlich/
und ich schertze gern.
Chr. Das Schertzen soll sich schon finden/ sie
sage nur ihre Gedancken.
L. Jch dachte die Doctor wüsten alles/ weiß
er denn nicht/ was ich dencke?
Chr. Die Doctor wissen alles/ was sich wissen
läst. Aber andere Gedancken können sie
nicht errathen.
L Herr Doctor/ kurtz von der Sache zu kom-
men/ ich bin mein eigen Herr nicht/ will er
bey meiner Mutter hören/ so wird er mehr
erfahren/ als bey mir. Das sey er versi-
chert/ daß ich den Spruch allzeit vor Au-
gen habe/ den mir mein alter Praeceptor
vorgeschrieben: Vor einem grauen
Haupte solt du dich neigen.
Hier kamen etliche darzwischen/ und ver-
störeten die verliebten Gespräche/ also daß
Eurylas nichts weiter vernehmen kunte. Jm-
mittelst saß der junge Kerle/ welchen wir Sto-
rax
heissen wollen/ und spielte so raisonabel,
daß Gelanor seine Freude an ihm hatte. Alles
gieng

Chr. Jungfer Ließgen/ ich habe ſie in Ernſt ge-
fragt/ ſie wird mir ja auch in Ernſt ant-
worten.
L. Herr Doctor/ daran ſieht er/ daß wir uns
nicht zuſammen ſchicken/ er thut ernſtlich/
und ich ſchertze gern.
Chr. Das Schertzen ſoll ſich ſchon finden/ ſie
ſage nur ihre Gedancken.
L. Jch dachte die Doctor wuͤſten alles/ weiß
er denn nicht/ was ich dencke?
Chr. Die Doctor wiſſen alles/ was ſich wiſſen
laͤſt. Aber andere Gedancken koͤnnen ſie
nicht errathen.
L Herr Doctor/ kurtz von der Sache zu kom-
men/ ich bin mein eigen Herr nicht/ will er
bey meiner Mutter hoͤren/ ſo wird er mehr
erfahren/ als bey mir. Das ſey er verſi-
chert/ daß ich den Spruch allzeit vor Au-
gen habe/ den mir mein alter Præceptor
vorgeſchrieben: Vor einem grauen
Haupte ſolt du dich neigen.
Hier kamen etliche darzwiſchen/ und ver-
ſtoͤreten die verliebten Geſpraͤche/ alſo daß
Eurylas nichts weiter vernehmen kunte. Jm-
mittelſt ſaß der junge Kerle/ welchen wir Sto-
rax
heiſſen wollen/ und ſpielte ſo raiſonabel,
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gieng
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[128/0134] Chr. Jungfer Ließgen/ ich habe ſie in Ernſt ge- fragt/ ſie wird mir ja auch in Ernſt ant- worten. L. Herr Doctor/ daran ſieht er/ daß wir uns nicht zuſammen ſchicken/ er thut ernſtlich/ und ich ſchertze gern. Chr. Das Schertzen ſoll ſich ſchon finden/ ſie ſage nur ihre Gedancken. L. Jch dachte die Doctor wuͤſten alles/ weiß er denn nicht/ was ich dencke? Chr. Die Doctor wiſſen alles/ was ſich wiſſen laͤſt. Aber andere Gedancken koͤnnen ſie nicht errathen. L Herr Doctor/ kurtz von der Sache zu kom- men/ ich bin mein eigen Herr nicht/ will er bey meiner Mutter hoͤren/ ſo wird er mehr erfahren/ als bey mir. Das ſey er verſi- chert/ daß ich den Spruch allzeit vor Au- gen habe/ den mir mein alter Præceptor vorgeſchrieben: Vor einem grauen Haupte ſolt du dich neigen. Hier kamen etliche darzwiſchen/ und ver- ſtoͤreten die verliebten Geſpraͤche/ alſo daß Eurylas nichts weiter vernehmen kunte. Jm- mittelſt ſaß der junge Kerle/ welchen wir Sto- rax heiſſen wollen/ und ſpielte ſo raiſonabel, daß Gelanor ſeine Freude an ihm hatte. Alles gieng

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/134>, abgerufen am 21.11.2024.