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Weigel, Valentin: Der güldene Griff/ Alle Ding ohne Jrrthumb zuerkennen. Halle (Saale), 1613.

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Der guͤldene Griff.


Das ſiebende Capitel.
Vom Vnterſcheid der dreyfachen Erkaͤnt-
nuͤß oder Begreiffligkeit in dem natuͤrlichen Auge/

vnd wie eine die andere in ſich begreiffe vnd
vbertreffe.

NAtuͤrliche Erkaͤndtnuͤß oder Begreiffligkeit
wird vollbracht oculo carnis, das iſt/ durch die Sinnen/
vnd oculo rationis, das iſt/ durch die Vernunfft/ vnd
oculo mentis das iſt/ durch den Verſtand/ Wir wollen aber
weiter beſehen den Vnterſcheid des dreyfachen natuͤrlichen Auges/
vnd wie eins das ander in ſich ſchliſſe vnd weit vbertreffe/ daraus
zuverſtehen ſeyn wird/ daß alle natuͤrliche Erkentnis ſich auch muß
nach art des Gegenwurffs/ dann nicht von Gegenwurff/ ſondern
vom Aug flieſſet das ſehen vnd erkennen. Jſt nun der Seher vnd
Erkenner ſcharffſinnig vnd rechtſchaffen/ ſein vnd dargegen das
fleiſchliche Aug iſt zwiefach euſſerlich/ als die 5. Sinnen/ mit ſehen
riechen/ hoͤren/ ſchmecken/ greiffen jnnerlich als Imaginatio, da
man ohne die euſſern Sinne/ im abweſen ſicht ein ding mit inwen-
digem Auge der Imagination, ohne das euſſerliche Liecht/ auch in
der finſtern Nacht/ Als ich ſehe vor mir ſtehen ein Schloß/ vnd ge-
he darvon etliche Meilen/ dannoch ſehe ich daſſelbe Schloß/ als
ſtuͤnde es vor mir/ nicht mit den Augen/ ſondern mit der Imagina-
tion,
dieweil aber Imaginatio vber leibliche ding nicht ſeyn mag/
ſondern allein in den objecten oder Gegenwurff geuͤbet wird/
Da mag man ſie wohl rechnen zu oculo carnis, das iſt/ zu dem
fleiſchlichem ſinnlichem Auge/ dann im jnnern Weſen iſt Imagi-
natio
an ſtatt aller 5. Sinnen/ vnd beſchleuſt auch alle 5. Sinnen

in ſich/
C iij

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Zitationshilfe: Weigel, Valentin: Der güldene Griff/ Alle Ding ohne Jrrthumb zuerkennen. Halle (Saale), 1613, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gueldenergriff_1613/23>, abgerufen am 29.12.2024.