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Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.

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es als Historiker nur mit den geschichtlichen Verwirklichungen, nicht mit pwe_080.002
einer Idee zu tun. "Nur für eine bestimmte Zeitlage" lasse sich jeweilen pwe_080.003
eine Dichtgattung nach ihren Merkmalen beschreiben. "Einheit und Durchgängigkeit pwe_080.004
und Zusammengehörigkeit" dagegen seien trotzdem empirisch pwe_080.005
faßbar, weil sich der Sinnzusammenhang von selber herausstellen müsse; pwe_080.006
der Grund dafür ist nicht zuletzt die beständige Wiederaufnahme klassischer pwe_080.007
Vorbilder, durch die eine Auflösung und Selbstentfremdung der Gattung pwe_080.008
verhütet wird. Dann aber ist es vielleicht zu bedauern, daß Beissner nicht pwe_080.009
wenigstens nachträglich eine, wenn auch noch so weite, Bestimmung gibt. pwe_080.010
Auch verwirrt es den Leser wieder, wenn im Laufe der ausgezeichneten und pwe_080.011
sorgfältigen Ausführungen nun doch der Begriff der "echten Elegie" oder pwe_080.012
der "Elegie im eigentlichen Sinne" verwendet wird, oder umgekehrt ganze pwe_080.013
Arten wie etwa die mittelalterliche Weltklage ausgeschlossen bleiben. So pwe_080.014
wird die Einheit des Gegenstandes über so lange Zeiträume hin überhaupt pwe_080.015
fraglich. In bewußter Reaktion dazu untersucht dagegen Castle1 einen pwe_080.016
bestimmten, durch symmetrische Struktur gekennzeichneten Bautypus, nämlich pwe_080.017
die Elegie der alexandrinischen Dichter und ihrer lateinischen und pwe_080.018
deutsch-klassischen Nachahmer. Hier haben wir eine durchaus geschlossene pwe_080.019
Tradition eines wenn auch sehr künstlichen Gebildes. Aber Tradition hält pwe_080.020
sich besonders an solche äußerlich-formale, d. h. leicht abstrahierbare Merkmale pwe_080.021
"äußerer" Form. Eine solche, durch Aufbau und Funktion hoch spezialisierte pwe_080.022
und darum an eine bestimmte, zeitlich begrenzte Tradition gebundene pwe_080.023
Form ist auch die Sequenz, die uns heute durch das monumentale pwe_080.024
Werk von den Steinens2 wieder nahe gebracht wird.

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Ebenfalls ein formales, strukturelles Problem, wenn auch höherer Ordnung, pwe_080.026
ist das Problem der zyklischen Struktur lyrischer Dichtungen, pwe_080.027
das in weitem Umkreis und sehr sorgfältig von H. M. Mustard3 untersucht pwe_080.028
worden ist; die im wesentlichen nur historische Darstellung erfolgt pwe_080.029
unter der Unterscheidung eines bloßen zyklischen "arrangements" oder pwe_080.030
echter "composition".

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Im Bereich des Epischen wird der Übergang vom adjektivischen zum pwe_080.032
substantivischen Gebrauch der Gattungsnamen, der Übergang von der epischen pwe_080.033
Haltung zu den konkreten Formen der Epik noch schwieriger, die pwe_080.034
formale Einheit der Gattung noch fraglicher. Als reiner Vertreter des epischen

1 pwe_080.035
Eduard Castle, Das Formgesetz der Elegie. ZfAesth XXXVII (1943) 42 ff.
2 pwe_080.036
Wolfram von den Steinen, Notker der Dichter und seine geistige Welt. pwe_080.037
Bern 1948. 2 Bde.
3 pwe_080.038
Helen Meredith Mustard, The Lyric Cycle in German Literature. New York pwe_080.039
1946.

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es als Historiker nur mit den geschichtlichen Verwirklichungen, nicht mit pwe_080.002
einer Idee zu tun. „Nur für eine bestimmte Zeitlage“ lasse sich jeweilen pwe_080.003
eine Dichtgattung nach ihren Merkmalen beschreiben. „Einheit und Durchgängigkeit pwe_080.004
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faßbar, weil sich der Sinnzusammenhang von selber herausstellen müsse; pwe_080.006
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Auch verwirrt es den Leser wieder, wenn im Laufe der ausgezeichneten und pwe_080.011
sorgfältigen Ausführungen nun doch der Begriff der „echten Elegie“ oder pwe_080.012
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„äußerer“ Form. Eine solche, durch Aufbau und Funktion hoch spezialisierte pwe_080.022
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  Ebenfalls ein formales, strukturelles Problem, wenn auch höherer Ordnung, pwe_080.026
ist das Problem der zyklischen Struktur lyrischer Dichtungen, pwe_080.027
das in weitem Umkreis und sehr sorgfältig von H. M. Mustard3 untersucht pwe_080.028
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echter „composition“.

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  Im Bereich des Epischen wird der Übergang vom adjektivischen zum pwe_080.032
substantivischen Gebrauch der Gattungsnamen, der Übergang von der epischen pwe_080.033
Haltung zu den konkreten Formen der Epik noch schwieriger, die pwe_080.034
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1 pwe_080.035
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Zitationshilfe: Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wehrli_poetik_1951/86>, abgerufen am 21.11.2024.