Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_036.001 Das zweite Beispiel sei Josef Quints Ausgabe der deutschen Schriften pwe_036.010 Wenn hier überall die Richtung des textkritischen Blicks eine retrospektive pwe_036.037 1 pwe_036.038 Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke. Herausgegeben im pwe_036.039 Auftrag der deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke. Stuttgart 1936 ff. 2 pwe_036.040
Wolfgang Stammler, Von mittelalterlicher deutscher Prosa. Rechenschaft und pwe_036.041 Aufgabe. Journal XLVIII (1949) 15 ff. pwe_036.001 Das zweite Beispiel sei Josef Quints Ausgabe der deutschen Schriften pwe_036.010 Wenn hier überall die Richtung des textkritischen Blicks eine retrospektive pwe_036.037 1 pwe_036.038 Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke. Herausgegeben im pwe_036.039 Auftrag der deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke. Stuttgart 1936 ff. 2 pwe_036.040
Wolfgang Stammler, Von mittelalterlicher deutscher Prosa. Rechenschaft und pwe_036.041 Aufgabe. Journal XLVIII (1949) 15 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="36"/><lb n="pwe_036.001"/> ganze Chronologie von Hartmanns Leben und Dichten akut; zusammen <lb n="pwe_036.002"/> mit dem Echtheitsproblem der Totenklage 217, 14 und an Hand eines <lb n="pwe_036.003"/> minutiösen Vergleichs mit der Lyrik Reinmars erscheint das Verhältnis <lb n="pwe_036.004"/> Hartmanns zu diesem Dichter nun in überzeugender Weise gerade umgekehrt, <lb n="pwe_036.005"/> als es bisher angenommen wurde. Das Maß, in welchem man die immer <lb n="pwe_036.006"/> noch gelegentlich kühnen Konjekturen akzeptiert, d. h. sie einer, wenn <lb n="pwe_036.007"/> auch unbefriedigenden, so doch dafür real überlieferten Form vorzieht, <lb n="pwe_036.008"/> bleibt im übrigen weithin Sache des Temperaments.</p> <lb n="pwe_036.009"/> <p> Das zweite Beispiel sei <hi rendition="#k">Josef Quints</hi> Ausgabe der deutschen Schriften <lb n="pwe_036.010"/> <hi rendition="#i">Meister Eckharts</hi><note xml:id="PWE_036_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_036.038"/> Meister Eckhart, <hi rendition="#i">Die deutschen und lateinischen Werke.</hi> Herausgegeben im <lb n="pwe_036.039"/> Auftrag der deutschen Forschungsgemeinschaft. <hi rendition="#i">Die deutschen Werke.</hi> Stuttgart 1936 ff.</note>. Die Predigten Eckharts haben eine „im Ganzen hochproblematische <lb n="pwe_036.011"/> Überlieferung“ – die zum Teil sehr hohe Zahl stark abweichender, <lb n="pwe_036.012"/> in verschiedenen Formen der Nachschrift, des Exzerpts, der <lb n="pwe_036.013"/> Bearbeitung gehaltenen Handschriften erlaubt höchstens Gruppenbildungen, <lb n="pwe_036.014"/> keinen Stammbaum; es ist schon prinzipiell fraglich, ob auch im <lb n="pwe_036.015"/> besten Fall mehr als eine bloße Nachschrift rekonstruiert werden kann; <lb n="pwe_036.016"/> das „echte“ Werk ist auch prinzipiell nicht durch eine klare Linie einzugrenzen, <lb n="pwe_036.017"/> sondern kann nur in Graden der Echtheit vom besser zum immer <lb n="pwe_036.018"/> schlechter bezeugten Text dargestellt werden. Dem Herausgeber stellt sich <lb n="pwe_036.019"/> im wesentlichen die Alternative, entweder eine Rekonstruktion zu versuchen, <lb n="pwe_036.020"/> wie und soweit es eben geht, oder im Sinn einer auch bei dichterischen <lb n="pwe_036.021"/> Texten – z. B. in den <hi rendition="#i">Deutschen Texten des Mittelalters</hi> – <lb n="pwe_036.022"/> immer mehr angewandten Methode, die einmal als beste erkannte Handschrift <lb n="pwe_036.023"/> mit allen ihren mundartlichen und orthographischen Eigentümlichkeiten <lb n="pwe_036.024"/> diplomatisch abzudrucken. <hi rendition="#k">Quint</hi> hat die erste Lösung gewählt <lb n="pwe_036.025"/> und – allerdings auf Grund der relativ besten Handschrift der besten <lb n="pwe_036.026"/> Gruppe – in bewundernswerter Arbeit das Gesamtmaterial zu einer <lb n="pwe_036.027"/> Rekonstruktion benutzt, die zwar immer nur eine Annäherung bedeutet <lb n="pwe_036.028"/> und auch in der sprachlichen Form eines normalisierten oberdeutschen Mittelhochdeutsch <lb n="pwe_036.029"/> niemals der unerkennbaren Originalsprache Eckharts entsprechen <lb n="pwe_036.030"/> wird, dafür aber insgesamt und vor allem sachlich einen hohen Grad an <lb n="pwe_036.031"/> Ursprünglichkeit erreicht. Auch hier freilich liegt die letzte Autorität der <lb n="pwe_036.032"/> textkritischen Entscheidungen im Ganzen einer aus Wissen, Erfahrung und <lb n="pwe_036.033"/> Begabung gebildeten Gelehrtenpersönlichkeit. Über die verschiedenartigen <lb n="pwe_036.034"/> Probleme, die überhaupt die Edition altdeutscher Texte stellt, finden sich <lb n="pwe_036.035"/> grundsätzliche Bemerkungen bei <hi rendition="#k">Wolfgang Stammler</hi><note xml:id="PWE_036_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_036.040"/> Wolfgang Stammler, <hi rendition="#i">Von mittelalterlicher deutscher Prosa. Rechenschaft und <lb n="pwe_036.041"/> Aufgabe.</hi> Journal XLVIII (1949) 15 ff.</note>.</p> <lb n="pwe_036.036"/> <p> Wenn hier überall die Richtung des textkritischen Blicks eine retrospektive <lb n="pwe_036.037"/> ist, d. h. nach einem Ursprünglichen gesucht wird, so gibt es doch auch </p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0042]
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ganze Chronologie von Hartmanns Leben und Dichten akut; zusammen pwe_036.002
mit dem Echtheitsproblem der Totenklage 217, 14 und an Hand eines pwe_036.003
minutiösen Vergleichs mit der Lyrik Reinmars erscheint das Verhältnis pwe_036.004
Hartmanns zu diesem Dichter nun in überzeugender Weise gerade umgekehrt, pwe_036.005
als es bisher angenommen wurde. Das Maß, in welchem man die immer pwe_036.006
noch gelegentlich kühnen Konjekturen akzeptiert, d. h. sie einer, wenn pwe_036.007
auch unbefriedigenden, so doch dafür real überlieferten Form vorzieht, pwe_036.008
bleibt im übrigen weithin Sache des Temperaments.
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Das zweite Beispiel sei Josef Quints Ausgabe der deutschen Schriften pwe_036.010
Meister Eckharts 1. Die Predigten Eckharts haben eine „im Ganzen hochproblematische pwe_036.011
Überlieferung“ – die zum Teil sehr hohe Zahl stark abweichender, pwe_036.012
in verschiedenen Formen der Nachschrift, des Exzerpts, der pwe_036.013
Bearbeitung gehaltenen Handschriften erlaubt höchstens Gruppenbildungen, pwe_036.014
keinen Stammbaum; es ist schon prinzipiell fraglich, ob auch im pwe_036.015
besten Fall mehr als eine bloße Nachschrift rekonstruiert werden kann; pwe_036.016
das „echte“ Werk ist auch prinzipiell nicht durch eine klare Linie einzugrenzen, pwe_036.017
sondern kann nur in Graden der Echtheit vom besser zum immer pwe_036.018
schlechter bezeugten Text dargestellt werden. Dem Herausgeber stellt sich pwe_036.019
im wesentlichen die Alternative, entweder eine Rekonstruktion zu versuchen, pwe_036.020
wie und soweit es eben geht, oder im Sinn einer auch bei dichterischen pwe_036.021
Texten – z. B. in den Deutschen Texten des Mittelalters – pwe_036.022
immer mehr angewandten Methode, die einmal als beste erkannte Handschrift pwe_036.023
mit allen ihren mundartlichen und orthographischen Eigentümlichkeiten pwe_036.024
diplomatisch abzudrucken. Quint hat die erste Lösung gewählt pwe_036.025
und – allerdings auf Grund der relativ besten Handschrift der besten pwe_036.026
Gruppe – in bewundernswerter Arbeit das Gesamtmaterial zu einer pwe_036.027
Rekonstruktion benutzt, die zwar immer nur eine Annäherung bedeutet pwe_036.028
und auch in der sprachlichen Form eines normalisierten oberdeutschen Mittelhochdeutsch pwe_036.029
niemals der unerkennbaren Originalsprache Eckharts entsprechen pwe_036.030
wird, dafür aber insgesamt und vor allem sachlich einen hohen Grad an pwe_036.031
Ursprünglichkeit erreicht. Auch hier freilich liegt die letzte Autorität der pwe_036.032
textkritischen Entscheidungen im Ganzen einer aus Wissen, Erfahrung und pwe_036.033
Begabung gebildeten Gelehrtenpersönlichkeit. Über die verschiedenartigen pwe_036.034
Probleme, die überhaupt die Edition altdeutscher Texte stellt, finden sich pwe_036.035
grundsätzliche Bemerkungen bei Wolfgang Stammler 2.
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Wenn hier überall die Richtung des textkritischen Blicks eine retrospektive pwe_036.037
ist, d. h. nach einem Ursprünglichen gesucht wird, so gibt es doch auch
1 pwe_036.038
Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke. Herausgegeben im pwe_036.039
Auftrag der deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke. Stuttgart 1936 ff.
2 pwe_036.040
Wolfgang Stammler, Von mittelalterlicher deutscher Prosa. Rechenschaft und pwe_036.041
Aufgabe. Journal XLVIII (1949) 15 ff.
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