Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_014.001 Während die Dilthey-Schule durch den Neukantianismus nur gestärkt pwe_014.010 pwe_014.031 Auch bei diesen Methoden ist die Gefahr gegeben, daß nun wiederum pwe_014.032 1 pwe_014.036 Karl Vietor, Deutsche Literaturgeschichte als Geistesgeschichte. PMLA 60 pwe_014.037 (1945) 899 ff. 2 pwe_014.038
Erik Lunding, Kierkegaard und die existentielle Literaturwissenschaft. Im pwe_014.039 Anhang zu: Adalbert Stifter (Studien zur Kunst und Existenz Bd. I). Kjobenhavn pwe_014.040 1946. pwe_014.001 Während die Dilthey-Schule durch den Neukantianismus nur gestärkt pwe_014.010 pwe_014.031 Auch bei diesen Methoden ist die Gefahr gegeben, daß nun wiederum pwe_014.032 1 pwe_014.036 Karl Viëtor, Deutsche Literaturgeschichte als Geistesgeschichte. PMLA 60 pwe_014.037 (1945) 899 ff. 2 pwe_014.038
Erik Lunding, Kierkegaard und die existentielle Literaturwissenschaft. Im pwe_014.039 Anhang zu: Adalbert Stifter (Studien zur Kunst und Existenz Bd. I). Kjobenhavn pwe_014.040 1946. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0020" n="14"/><lb n="pwe_014.001"/> auch das eigentliche ästhetische Phänomen nach Art und Rang vernachlässigt. <lb n="pwe_014.002"/> So hat man das harte Wort sprechen können, die geistesgeschichtliche <lb n="pwe_014.003"/> Richtung der Literaturwissenschaft – die man außerhalb Deutschlands <lb n="pwe_014.004"/> oft als spezifisch deutsch und „metaphysisch“ empfunden hat – sei <lb n="pwe_014.005"/> „das letzte Aufflackern eines senilen Idealismus“ (<hi rendition="#k">K. Vietor</hi>)<note xml:id="PWE_014_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_014.036"/> Karl Viëtor, <hi rendition="#i">Deutsche Literaturgeschichte als Geistesgeschichte.</hi> PMLA 60 <lb n="pwe_014.037"/> (1945) 899 ff.</note> gewesen, <lb n="pwe_014.006"/> und es werden nun dieser stolzen deutschen Wissenschaftstradition von <lb n="pwe_014.007"/> existentialistischer (<hi rendition="#k">E. Lunding</hi>)<note xml:id="PWE_014_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_014.038"/> Erik Lunding, <hi rendition="#i">Kierkegaard und die existentielle Literaturwissenschaft.</hi> Im <lb n="pwe_014.039"/> Anhang zu: <hi rendition="#i">Adalbert Stifter (Studien zur Kunst und Existenz</hi> Bd. I). Kjobenhavn <lb n="pwe_014.040"/> 1946.</note> wie von „philologischer“ (<hi rendition="#k">E. R. Cur- <lb n="pwe_014.008"/> tius</hi>) Seite aus Steine nachgeworfen.</p> <lb n="pwe_014.009"/> <p> Während die <hi rendition="#k">Dilthey-</hi>Schule durch den Neukantianismus nur gestärkt <lb n="pwe_014.010"/> werden konnte, wurde die Literaturwissenschaft von anderer Seite her betroffen <lb n="pwe_014.011"/> von den Entdeckungen und Wandlungen, die das idealistische <lb n="pwe_014.012"/> Menschenbild sprengten und damit auch das Dichtwerk in neue Zusammenhänge <lb n="pwe_014.013"/> rückten. Damit sind die mannigfachen Tendenzen gemeint, die <lb n="pwe_014.014"/> weniger die Vernunftidee hinter dem Kunstwerk erblicken als vielmehr <lb n="pwe_014.015"/> Mächte kollektiver Art. Es wurde zum Exponenten sozialer Zusammenhänge <lb n="pwe_014.016"/> im Einzelfall wie auch in der geschichtlichen Entwicklung gemacht, <lb n="pwe_014.017"/> im Grenzfall schließlich, allerdings erst in neuerer Zeit, gar im marxistischen <lb n="pwe_014.018"/> Sinn. Das Gegenüber einer empiristisch-naturwissenschaftlichen und <lb n="pwe_014.019"/> einer geisteswissenschaftlichen Psychologie wurde durch die Tiefenpsychologie <lb n="pwe_014.020"/> (Literatur siehe unten) überwunden. Auch wenn die schulmäßige Psychoanalyse <lb n="pwe_014.021"/> mit ihren literaturwissenschaftlichen Anwendungen (z. <hi rendition="#k">B. O. <lb n="pwe_014.022"/> Rank</hi>) mindestens in Deutschland wenig erfolgreich war, so wurde doch <lb n="pwe_014.023"/> gerade im Zusammenhang mit dem Expressionismus das Gewicht auf die <lb n="pwe_014.024"/> anonymen, primitiven, kollektiven Gründe gelegt. Entweder wird der <lb n="pwe_014.025"/> Dichter selbst zum Ekstatiker, zum Mystiker oder Magier gemacht (etwa <lb n="pwe_014.026"/> bei <hi rendition="#k">Muschg</hi>) oder der Einzelne sinkt zurück zur bloßen Oberfläche eines <lb n="pwe_014.027"/> Kollektivs fast biologischer Art, wie bei <hi rendition="#k">Nadler</hi> oder gewissen Formen <lb n="pwe_014.028"/> volkhafter Literaturwissenschaft. Fruchtbarer wurden die Ansätze der <lb n="pwe_014.029"/> Schule <hi rendition="#k">C. G. Jungs</hi> mit ihrer Lehre von den Archetypen und dem Individuationsprozeß.</p> <lb n="pwe_014.030"/> <lb n="pwe_014.031"/> <p> Auch bei diesen Methoden ist die Gefahr gegeben, daß nun wiederum <lb n="pwe_014.032"/> der eigentliche Gegenstand: das dichterische Werk und die Gesamtheit der <lb n="pwe_014.033"/> dichterischen Werke, im Grunde verfehlt, d. h. mit kunstfremden Kategorien <lb n="pwe_014.034"/> betrachtet wird. Der wohl entscheidende Anstoß dazu, die Dichtung <lb n="pwe_014.035"/> wieder an sich und in sich selbst ernst zu nehmen, kam aus der Literatur </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0020]
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auch das eigentliche ästhetische Phänomen nach Art und Rang vernachlässigt. pwe_014.002
So hat man das harte Wort sprechen können, die geistesgeschichtliche pwe_014.003
Richtung der Literaturwissenschaft – die man außerhalb Deutschlands pwe_014.004
oft als spezifisch deutsch und „metaphysisch“ empfunden hat – sei pwe_014.005
„das letzte Aufflackern eines senilen Idealismus“ (K. Vietor) 1 gewesen, pwe_014.006
und es werden nun dieser stolzen deutschen Wissenschaftstradition von pwe_014.007
existentialistischer (E. Lunding) 2 wie von „philologischer“ (E. R. Cur- pwe_014.008
tius) Seite aus Steine nachgeworfen.
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Während die Dilthey-Schule durch den Neukantianismus nur gestärkt pwe_014.010
werden konnte, wurde die Literaturwissenschaft von anderer Seite her betroffen pwe_014.011
von den Entdeckungen und Wandlungen, die das idealistische pwe_014.012
Menschenbild sprengten und damit auch das Dichtwerk in neue Zusammenhänge pwe_014.013
rückten. Damit sind die mannigfachen Tendenzen gemeint, die pwe_014.014
weniger die Vernunftidee hinter dem Kunstwerk erblicken als vielmehr pwe_014.015
Mächte kollektiver Art. Es wurde zum Exponenten sozialer Zusammenhänge pwe_014.016
im Einzelfall wie auch in der geschichtlichen Entwicklung gemacht, pwe_014.017
im Grenzfall schließlich, allerdings erst in neuerer Zeit, gar im marxistischen pwe_014.018
Sinn. Das Gegenüber einer empiristisch-naturwissenschaftlichen und pwe_014.019
einer geisteswissenschaftlichen Psychologie wurde durch die Tiefenpsychologie pwe_014.020
(Literatur siehe unten) überwunden. Auch wenn die schulmäßige Psychoanalyse pwe_014.021
mit ihren literaturwissenschaftlichen Anwendungen (z. B. O. pwe_014.022
Rank) mindestens in Deutschland wenig erfolgreich war, so wurde doch pwe_014.023
gerade im Zusammenhang mit dem Expressionismus das Gewicht auf die pwe_014.024
anonymen, primitiven, kollektiven Gründe gelegt. Entweder wird der pwe_014.025
Dichter selbst zum Ekstatiker, zum Mystiker oder Magier gemacht (etwa pwe_014.026
bei Muschg) oder der Einzelne sinkt zurück zur bloßen Oberfläche eines pwe_014.027
Kollektivs fast biologischer Art, wie bei Nadler oder gewissen Formen pwe_014.028
volkhafter Literaturwissenschaft. Fruchtbarer wurden die Ansätze der pwe_014.029
Schule C. G. Jungs mit ihrer Lehre von den Archetypen und dem Individuationsprozeß.
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Auch bei diesen Methoden ist die Gefahr gegeben, daß nun wiederum pwe_014.032
der eigentliche Gegenstand: das dichterische Werk und die Gesamtheit der pwe_014.033
dichterischen Werke, im Grunde verfehlt, d. h. mit kunstfremden Kategorien pwe_014.034
betrachtet wird. Der wohl entscheidende Anstoß dazu, die Dichtung pwe_014.035
wieder an sich und in sich selbst ernst zu nehmen, kam aus der Literatur
1 pwe_014.036
Karl Viëtor, Deutsche Literaturgeschichte als Geistesgeschichte. PMLA 60 pwe_014.037
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Anhang zu: Adalbert Stifter (Studien zur Kunst und Existenz Bd. I). Kjobenhavn pwe_014.040
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