Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_136.001 "Literatur" ist also nicht die verächtliche Grundsuppe der Nichtpoesie pwe_136.008 pwe_136.033 2. stilgeschichte pwe_136.034Eine Regeneration der Literarhistorie, auf Grund der neuen Poetik und im pwe_136.035 1 pwe_136.036 Nicolai Hartmann, Das Problem des geistigen Seins. Untersuchungen zur pwe_136.037 Grundlegung der Geschichtsphilosophie und der Geisteswissenschaften. 2. Auflage. pwe_136.038 Berlin 1949. 2 pwe_136.039
Max Wehrli, Zum Problem der Historie in der Literaturwissenschaft. "Trivium" pwe_136.040 VII (1949) 44 ff. pwe_136.001 „Literatur“ ist also nicht die verächtliche Grundsuppe der Nichtpoesie pwe_136.008 pwe_136.033 2. stilgeschichte pwe_136.034Eine Regeneration der Literarhistorie, auf Grund der neuen Poetik und im pwe_136.035 1 pwe_136.036 Nicolai Hartmann, Das Problem des geistigen Seins. Untersuchungen zur pwe_136.037 Grundlegung der Geschichtsphilosophie und der Geisteswissenschaften. 2. Auflage. pwe_136.038 Berlin 1949. 2 pwe_136.039
Max Wehrli, Zum Problem der Historie in der Literaturwissenschaft. „Trivium“ pwe_136.040 VII (1949) 44 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="136"/><lb n="pwe_136.001"/> werden kann. Damit gilt von solchen literaturgeschichtlichen Einheiten, was <lb n="pwe_136.002"/> <hi rendition="#k">Nicolai Hartmann</hi> als das „Irritierende“ beim Verstehen jeder Art „objektiven <lb n="pwe_136.003"/> Geistes“ bezeichnet: nämlich das „Fehlen des adäquaten Bewußtseins“<note xml:id="PWE_136_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_136.036"/> Nicolai Hartmann, <hi rendition="#i">Das Problem des geistigen Seins. Untersuchungen zur <lb n="pwe_136.037"/> Grundlegung der Geschichtsphilosophie und der Geisteswissenschaften.</hi> 2. Auflage. <lb n="pwe_136.038"/> Berlin 1949.</note>. <lb n="pwe_136.004"/> Im übrigen aber bringt die literaturgeschichtliche Betrachtung auch <lb n="pwe_136.005"/> eine Befreiung der Literaturwissenschaft von der bloßen Werkinterpretation, <lb n="pwe_136.006"/> die, im strengen Sinn, ein tautologisches Anorttreten wäre.</p> <lb n="pwe_136.007"/> <p> „Literatur“ ist also nicht die verächtliche Grundsuppe der Nichtpoesie <lb n="pwe_136.008"/> und der Unpoesie, sondern die Synthese aller poetischen Werke, welchen <lb n="pwe_136.009"/> Ranges immer, auf höherer Ebene. <hi rendition="#i">Literarhistorie</hi><note xml:id="PWE_136_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_136.039"/> Max Wehrli, <hi rendition="#i">Zum Problem der Historie in der Literaturwissenschaft.</hi> „Trivium“ <lb n="pwe_136.040"/> VII (1949) 44 ff.</note> ist nicht der Verrat der <lb n="pwe_136.010"/> Literaturwissenschaft an außerkünstlerische Prinzipien, sondern selber Kunstwissenschaft, <lb n="pwe_136.011"/> von Poetik und Stilkritik nicht durch die Prinzipien, sondern <lb n="pwe_136.012"/> die Ebene der Betrachtung unterschieden. Wenn sie das Einzelwerk wieder <lb n="pwe_136.013"/> in die Veränderlichkeit der Zeit einzuschmelzen scheint, so ist es doch die <lb n="pwe_136.014"/> selbe Zeit, in der sich das Literaturwerk realisiert – die Chronologie der <lb n="pwe_136.015"/> Jahreszahlen und Epochen läßt sich etwa dem System der Metren oder Aufbaueinheiten <lb n="pwe_136.016"/> des Einzelgedichts vergleichen. Die „Simultan-Existenz“ (<hi rendition="#k">Wel- <lb n="pwe_136.017"/> lek-Warren</hi> S. 265 zitieren dafür unter anderem <hi rendition="#k">T. S. Eliot</hi>) der großen, <lb n="pwe_136.018"/> „ewigen“ Dichtung ist auch in der Synthese der Literaturgeschichte gewahrt, <lb n="pwe_136.019"/> nur daß diese Dichtungen nicht aus ihrem Kontext herausgerissen sind. Im <lb n="pwe_136.020"/> übrigen ist klar, daß die Literaturgeschichte nicht nur ein nachträgliches <lb n="pwe_136.021"/> Pantheon bedeutet; Literarhistorie hat ihre eigenen Gesichtspunkte, in ihrem <lb n="pwe_136.022"/> System wird das Werk in anderen Zusammenhängen wichtig als in der <lb n="pwe_136.023"/> Poetik. Vor allem erhalten hier die sog. „Obskuren“, dann die Vorläufer oder <lb n="pwe_136.024"/> Epigonen ihre Bedeutung, zwar keinen aesthetischen, aber einen historischen <lb n="pwe_136.025"/> Wert. In diesem Sinne einmal die breiten Massen der Literaturproduktion <lb n="pwe_136.026"/> aufgeführt und organisiert zu haben, das bleibt bei aller Fragwürdigkeit <lb n="pwe_136.027"/> der Durchführung das große Verdienst der Literaturgeschichte <hi rendition="#k">Josef Nad- <lb n="pwe_136.028"/> lers.</hi> Und wenn die Literaturhistorie auch Bezug nimmt auf die psychologischen, <lb n="pwe_136.029"/> sozialen und allgemein-geschichtlichen Bedingungen, so tut sie dies <lb n="pwe_136.030"/> im Sinne der Erschließung einer künstlerischen Gestalt auf eine Welt, d. h. <lb n="pwe_136.031"/> nicht als „Erklärung“, sondern als Interpretation, als Auslegung des großen <lb n="pwe_136.032"/> Literaturzusammenhangs.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pwe_136.033"/> <head> <hi rendition="#c">2. <hi rendition="#k">stilgeschichte</hi></hi> </head> <lb n="pwe_136.034"/> <p>Eine Regeneration der Literarhistorie, auf Grund der neuen Poetik und im <lb n="pwe_136.035"/> beständigen Blick auf sie, wird zur nächsten Aufgabe der Literaturwissenschaft. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0142]
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werden kann. Damit gilt von solchen literaturgeschichtlichen Einheiten, was pwe_136.002
Nicolai Hartmann als das „Irritierende“ beim Verstehen jeder Art „objektiven pwe_136.003
Geistes“ bezeichnet: nämlich das „Fehlen des adäquaten Bewußtseins“ 1. pwe_136.004
Im übrigen aber bringt die literaturgeschichtliche Betrachtung auch pwe_136.005
eine Befreiung der Literaturwissenschaft von der bloßen Werkinterpretation, pwe_136.006
die, im strengen Sinn, ein tautologisches Anorttreten wäre.
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„Literatur“ ist also nicht die verächtliche Grundsuppe der Nichtpoesie pwe_136.008
und der Unpoesie, sondern die Synthese aller poetischen Werke, welchen pwe_136.009
Ranges immer, auf höherer Ebene. Literarhistorie 2 ist nicht der Verrat der pwe_136.010
Literaturwissenschaft an außerkünstlerische Prinzipien, sondern selber Kunstwissenschaft, pwe_136.011
von Poetik und Stilkritik nicht durch die Prinzipien, sondern pwe_136.012
die Ebene der Betrachtung unterschieden. Wenn sie das Einzelwerk wieder pwe_136.013
in die Veränderlichkeit der Zeit einzuschmelzen scheint, so ist es doch die pwe_136.014
selbe Zeit, in der sich das Literaturwerk realisiert – die Chronologie der pwe_136.015
Jahreszahlen und Epochen läßt sich etwa dem System der Metren oder Aufbaueinheiten pwe_136.016
des Einzelgedichts vergleichen. Die „Simultan-Existenz“ (Wel- pwe_136.017
lek-Warren S. 265 zitieren dafür unter anderem T. S. Eliot) der großen, pwe_136.018
„ewigen“ Dichtung ist auch in der Synthese der Literaturgeschichte gewahrt, pwe_136.019
nur daß diese Dichtungen nicht aus ihrem Kontext herausgerissen sind. Im pwe_136.020
übrigen ist klar, daß die Literaturgeschichte nicht nur ein nachträgliches pwe_136.021
Pantheon bedeutet; Literarhistorie hat ihre eigenen Gesichtspunkte, in ihrem pwe_136.022
System wird das Werk in anderen Zusammenhängen wichtig als in der pwe_136.023
Poetik. Vor allem erhalten hier die sog. „Obskuren“, dann die Vorläufer oder pwe_136.024
Epigonen ihre Bedeutung, zwar keinen aesthetischen, aber einen historischen pwe_136.025
Wert. In diesem Sinne einmal die breiten Massen der Literaturproduktion pwe_136.026
aufgeführt und organisiert zu haben, das bleibt bei aller Fragwürdigkeit pwe_136.027
der Durchführung das große Verdienst der Literaturgeschichte Josef Nad- pwe_136.028
lers. Und wenn die Literaturhistorie auch Bezug nimmt auf die psychologischen, pwe_136.029
sozialen und allgemein-geschichtlichen Bedingungen, so tut sie dies pwe_136.030
im Sinne der Erschließung einer künstlerischen Gestalt auf eine Welt, d. h. pwe_136.031
nicht als „Erklärung“, sondern als Interpretation, als Auslegung des großen pwe_136.032
Literaturzusammenhangs.
pwe_136.033
2. stilgeschichte pwe_136.034
Eine Regeneration der Literarhistorie, auf Grund der neuen Poetik und im pwe_136.035
beständigen Blick auf sie, wird zur nächsten Aufgabe der Literaturwissenschaft.
1 pwe_136.036
Nicolai Hartmann, Das Problem des geistigen Seins. Untersuchungen zur pwe_136.037
Grundlegung der Geschichtsphilosophie und der Geisteswissenschaften. 2. Auflage. pwe_136.038
Berlin 1949.
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Max Wehrli, Zum Problem der Historie in der Literaturwissenschaft. „Trivium“ pwe_136.040
VII (1949) 44 ff.
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