Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_121.001 pwe_121.011 Wir beschränken uns hier auf die Beziehungen zwischen Literaturwissenschaft pwe_121.012 Auch bei C. G. Jung sind es nur einzelne Aspekte seiner psychologischen pwe_121.032 1 pwe_121.037 K. Hoss, Zur Entwicklung und Handhabung einer Methode erbpsychologischer pwe_121.038 Untersuchungen an Prosadichtungen. Diss. (Münster) Bochum 1939. 2 pwe_121.039
L. Büttner, Gedanken zu einer biologischen Literaturbetrachtung. München pwe_121.040 1939. pwe_121.001 pwe_121.011 Wir beschränken uns hier auf die Beziehungen zwischen Literaturwissenschaft pwe_121.012 Auch bei C. G. Jung sind es nur einzelne Aspekte seiner psychologischen pwe_121.032 1 pwe_121.037 K. Hoss, Zur Entwicklung und Handhabung einer Methode erbpsychologischer pwe_121.038 Untersuchungen an Prosadichtungen. Diss. (Münster) Bochum 1939. 2 pwe_121.039
L. Büttner, Gedanken zu einer biologischen Literaturbetrachtung. München pwe_121.040 1939. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="121"/><lb n="pwe_121.001"/> dilettantisch-romantischen Ersatz der Tiefenpsychologie; denn die stammeskundlich-landschaftliche <lb n="pwe_121.002"/> Literaturgeschichte <hi rendition="#k">Nadlers,</hi> die Lehre von den <lb n="pwe_121.003"/> <hi rendition="#g">volkhaften</hi> oder <hi rendition="#g">rassischen</hi> Kräften und schließlich die Blut- und <lb n="pwe_121.004"/> Bodenideologie des dritten Reiches sind ja schließlich nationale oder nationalistische <lb n="pwe_121.005"/> Varianten der Kollektivpsychologie. So sind auch die Versuche, die <lb n="pwe_121.006"/> Stilmerkmale des Dichtwerks auf eine biologische oder „erbpsychologische“ <lb n="pwe_121.007"/> Typologie zu beziehen und weiter zur Umschreibung „rassenseelischer“ oder <lb n="pwe_121.008"/> auch landschaftlicher Bestimmtheiten vorzustoßen, im Bereich allgemeiner <lb n="pwe_121.009"/> Erwägungen (<hi rendition="#k">Hoss</hi><note xml:id="PWE_121_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_121.037"/> K. Hoss, <hi rendition="#i">Zur Entwicklung und Handhabung einer Methode erbpsychologischer <lb n="pwe_121.038"/> Untersuchungen an Prosadichtungen.</hi> Diss. (Münster) Bochum 1939.</note>) oder ideologischen Redens (<hi rendition="#k">Büttner</hi><note xml:id="PWE_121_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_121.039"/> L. Büttner, <hi rendition="#i">Gedanken zu einer biologischen Literaturbetrachtung.</hi> München <lb n="pwe_121.040"/> 1939.</note>) stecken geblieben.</p> <lb n="pwe_121.010"/> <lb n="pwe_121.011"/> <p> Wir beschränken uns hier auf die Beziehungen zwischen Literaturwissenschaft <lb n="pwe_121.012"/> und <hi rendition="#g">Tiefenpsychologie,</hi> da hier wohl die interessantesten <lb n="pwe_121.013"/> und wissenschaftlich konkretesten Aspekte eröffnet wurden. Im allgemeinen <lb n="pwe_121.014"/> ist zu sagen, daß sich die Literatur weniger erfolgreich um <hi rendition="#k">Freud</hi> als um <lb n="pwe_121.015"/> <hi rendition="#k">Jung</hi> gekümmert hat, denn <hi rendition="#k">Freuds</hi> Psychoanalyse mochte noch eher auf <lb n="pwe_121.016"/> die Fragen des dichterischen Schaffens als auf die des Werks selber angewendet <lb n="pwe_121.017"/> werden. Die Ableitung des Kunstwerks aus persönlichen Komplexen <lb n="pwe_121.018"/> stellt dieses aber, wie <hi rendition="#k">C. G. Jung</hi> dann feststellte, auf die Stufe <lb n="pwe_121.019"/> einer bloßen Neurose. Trotzdem hier <hi rendition="#k">Otto Rank</hi> mit seinen Forschungen <lb n="pwe_121.020"/> zum Inzestmotiv in der Literatur ein geschlossenes Werk psychoanalytischer <lb n="pwe_121.021"/> Literaturforschung vorlegte, machte es kaum Schule. Denn, wie <hi rendition="#k">Hyman</hi> <lb n="pwe_121.022"/> formuliert: „A criticism that can only say, however ingeniously, that this <lb n="pwe_121.023"/> work is a result of the author's repressed Oedipal desires, and that everybody <lb n="pwe_121.024"/> has repressed Oedipal desires, turns out not to be saying very much.“ <lb n="pwe_121.025"/> Immerhin sei verwiesen auf die anregenden Vorlesungen von <hi rendition="#k">Joachim <lb n="pwe_121.026"/> Maass</hi> (vgl. oben S. 71), die versuchen, von einem hauptsächlich an Freud <lb n="pwe_121.027"/> orientierten Symbolbegriff aus zu einer Ästhetik des Dichterischen vorzudringen; <lb n="pwe_121.028"/> <hi rendition="#k">Maass</hi> verfolgt die Analogie von Traum und Dichtung, läßt aber <lb n="pwe_121.029"/> der Sprache als dem Material und dem Ausdrucksmittel, d. h. dem „Wie“ <lb n="pwe_121.030"/> der Literatur, ihr Recht widerfahren.</p> <lb n="pwe_121.031"/> <p> Auch bei <hi rendition="#k">C. G. Jung</hi> sind es nur einzelne Aspekte seiner psychologischen <lb n="pwe_121.032"/> Lehre, die unmittelbar anregend wirkten. Die <hi rendition="#g">Typenlehre</hi> etwa stieß <lb n="pwe_121.033"/> auf die Konkurrenz einer Reihe von Typologien von Schiller bis Wölfflin, <lb n="pwe_121.034"/> die sich als philosophisch begründete oder konkret kunstwissenschaftlich-formale <lb n="pwe_121.035"/> für die Dichtung geeigneter zeigen mußten. Dagegen ist es die <lb n="pwe_121.036"/> Lehre vom <hi rendition="#g">kollektiven Unbewußten,</hi> von den <hi rendition="#g">Archety- </hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0127]
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dilettantisch-romantischen Ersatz der Tiefenpsychologie; denn die stammeskundlich-landschaftliche pwe_121.002
Literaturgeschichte Nadlers, die Lehre von den pwe_121.003
volkhaften oder rassischen Kräften und schließlich die Blut- und pwe_121.004
Bodenideologie des dritten Reiches sind ja schließlich nationale oder nationalistische pwe_121.005
Varianten der Kollektivpsychologie. So sind auch die Versuche, die pwe_121.006
Stilmerkmale des Dichtwerks auf eine biologische oder „erbpsychologische“ pwe_121.007
Typologie zu beziehen und weiter zur Umschreibung „rassenseelischer“ oder pwe_121.008
auch landschaftlicher Bestimmtheiten vorzustoßen, im Bereich allgemeiner pwe_121.009
Erwägungen (Hoss 1) oder ideologischen Redens (Büttner 2) stecken geblieben.
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Wir beschränken uns hier auf die Beziehungen zwischen Literaturwissenschaft pwe_121.012
und Tiefenpsychologie, da hier wohl die interessantesten pwe_121.013
und wissenschaftlich konkretesten Aspekte eröffnet wurden. Im allgemeinen pwe_121.014
ist zu sagen, daß sich die Literatur weniger erfolgreich um Freud als um pwe_121.015
Jung gekümmert hat, denn Freuds Psychoanalyse mochte noch eher auf pwe_121.016
die Fragen des dichterischen Schaffens als auf die des Werks selber angewendet pwe_121.017
werden. Die Ableitung des Kunstwerks aus persönlichen Komplexen pwe_121.018
stellt dieses aber, wie C. G. Jung dann feststellte, auf die Stufe pwe_121.019
einer bloßen Neurose. Trotzdem hier Otto Rank mit seinen Forschungen pwe_121.020
zum Inzestmotiv in der Literatur ein geschlossenes Werk psychoanalytischer pwe_121.021
Literaturforschung vorlegte, machte es kaum Schule. Denn, wie Hyman pwe_121.022
formuliert: „A criticism that can only say, however ingeniously, that this pwe_121.023
work is a result of the author's repressed Oedipal desires, and that everybody pwe_121.024
has repressed Oedipal desires, turns out not to be saying very much.“ pwe_121.025
Immerhin sei verwiesen auf die anregenden Vorlesungen von Joachim pwe_121.026
Maass (vgl. oben S. 71), die versuchen, von einem hauptsächlich an Freud pwe_121.027
orientierten Symbolbegriff aus zu einer Ästhetik des Dichterischen vorzudringen; pwe_121.028
Maass verfolgt die Analogie von Traum und Dichtung, läßt aber pwe_121.029
der Sprache als dem Material und dem Ausdrucksmittel, d. h. dem „Wie“ pwe_121.030
der Literatur, ihr Recht widerfahren.
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Auch bei C. G. Jung sind es nur einzelne Aspekte seiner psychologischen pwe_121.032
Lehre, die unmittelbar anregend wirkten. Die Typenlehre etwa stieß pwe_121.033
auf die Konkurrenz einer Reihe von Typologien von Schiller bis Wölfflin, pwe_121.034
die sich als philosophisch begründete oder konkret kunstwissenschaftlich-formale pwe_121.035
für die Dichtung geeigneter zeigen mußten. Dagegen ist es die pwe_121.036
Lehre vom kollektiven Unbewußten, von den Archety-
1 pwe_121.037
K. Hoss, Zur Entwicklung und Handhabung einer Methode erbpsychologischer pwe_121.038
Untersuchungen an Prosadichtungen. Diss. (Münster) Bochum 1939.
2 pwe_121.039
L. Büttner, Gedanken zu einer biologischen Literaturbetrachtung. München pwe_121.040
1939.
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