Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_107.001 Aber innerhalb der verschiedenen Stilaspekte scheint nun eben die gedankliche pwe_107.002 pwe_107.018 f) Die Wertung pwe_107.019Es gebe, sagt T. S. Eliot1, zwei Fragen, in denen die literarische Kritik ihr pwe_107.020 pwe_107.027 Deutung (Wesenserkenntnis) und Wertung sind zwar praktisch kaum pwe_107.028 1 pwe_107.035 T. S. Eliot, The Use of Poetry and the Use of Criticism. London 1933. 2 pwe_107.036
Leonhard Beriger, Die literarische Wertung. Ein Spektrum der Kritik. Halle pwe_107.037 1938. pwe_107.001 Aber innerhalb der verschiedenen Stilaspekte scheint nun eben die gedankliche pwe_107.002 pwe_107.018 f) Die Wertung pwe_107.019Es gebe, sagt T. S. Eliot1, zwei Fragen, in denen die literarische Kritik ihr pwe_107.020 pwe_107.027 Deutung (Wesenserkenntnis) und Wertung sind zwar praktisch kaum pwe_107.028 1 pwe_107.035 T. S. Eliot, The Use of Poetry and the Use of Criticism. London 1933. 2 pwe_107.036
Leonhard Beriger, Die literarische Wertung. Ein Spektrum der Kritik. Halle pwe_107.037 1938. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0113" n="107"/> <lb n="pwe_107.001"/> <p> Aber innerhalb der verschiedenen Stilaspekte scheint nun eben die gedankliche <lb n="pwe_107.002"/> Welt einen ausgezeichneten Charakter zu haben, so wahr wenigstens <lb n="pwe_107.003"/> die sinnlich-seelisch-geistige Ganzheit des Menschen selbst nach der <lb n="pwe_107.004"/> Führung durch den Geist verlangt. „Ich ehre den Rhythmus wie den Reim, <lb n="pwe_107.005"/> wodurch Poesie erst Poesie wird, aber das eigentlich Tiefe und gründlich <lb n="pwe_107.006"/> Wirksame, das Wahrheit Bildende und Fördernde ist dasjenige, was vom <lb n="pwe_107.007"/> Dichter übrigbleibt, wenn er in Prosa übersetzt wird“ – so Goethes „oft <lb n="pwe_107.008"/> geäußerte Meinung“ <hi rendition="#i">(Dichtung und Wahrheit).</hi> Diese trotz allen Vorbehalten <lb n="pwe_107.009"/> bestehende Übersetzbarkeit selbst in andere Sprachen ist auch von <hi rendition="#k">Tho- <lb n="pwe_107.010"/> mas Mann</hi> einmal mit verwunderter Resignation festgestellt worden. Dieses <lb n="pwe_107.011"/> „gründlich Wirksame“ liegt aber wohl in der geistigen Sphäre, in der sich <lb n="pwe_107.012"/> am energischsten das sich selbst transzendierende Wesen des Werkes, das <lb n="pwe_107.013"/> Sprachwerk als Mitteilung zeigt. Man braucht deswegen noch nicht das <lb n="pwe_107.014"/> Werk auf die hypostasierten „Erlebnisse“ des Dichters oder auf die Geschichte <lb n="pwe_107.015"/> absoluter Ideen zurückzuführen. Es genügt, wenn wir uns auch hier <lb n="pwe_107.016"/> vom Einzelwerk auf die weiteren geschichtlichen Einheiten eines dichterischen <lb n="pwe_107.017"/> Oeuvres und einer Literatur verwiesen sehen.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwe_107.018"/> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">f) Die Wertung</hi> </hi> </head> <lb n="pwe_107.019"/> <p>Es gebe, sagt <hi rendition="#k">T. S. Eliot</hi><note xml:id="PWE_107_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_107.035"/> T. S. Eliot, <hi rendition="#i">The Use of Poetry and the Use of Criticism.</hi> London 1933.</note>, zwei Fragen, in denen die literarische Kritik ihr <lb n="pwe_107.020"/> Ziel und ihre Grenzen habe, die eine: What is poetry?, die andere: Is this <lb n="pwe_107.021"/> a good poem? Wenn die vorhergegangenen Erörterungen der Poetik letztlich <lb n="pwe_107.022"/> auf die erste Frage zulaufen, so bleibt uns hier noch die zweite, die <lb n="pwe_107.023"/> Frage der <hi rendition="#g">Wertung,</hi> die wir hier zunächst in der einfachen und strengen <lb n="pwe_107.024"/> Formulierung <hi rendition="#k">Eliots</hi> verstehen. Es ist die Frage, die oft weniger den <lb n="pwe_107.025"/> Literaturwissenschafter als den Kritiker und jeden einzelnen Leser interessiert.</p> <lb n="pwe_107.026"/> <lb n="pwe_107.027"/> <p> Deutung (Wesenserkenntnis) und Wertung sind zwar praktisch kaum <lb n="pwe_107.028"/> zu trennen; denn bei der die gesamte Existenz betreffenden Natur des <lb n="pwe_107.029"/> Kunstwerkes wie auch des Verstehens erscheint das Kunstwerk zum vornherein <lb n="pwe_107.030"/> als wertbezogen und ist jede Beobachtung und Beschreibung zugleich <lb n="pwe_107.031"/> Wertung. Im Begriff der Kritik, des Criticism, liegt beides zugleich. Welche <lb n="pwe_107.032"/> verschiedenen Gesichtspunkte der Wertung dabei im Spiele sind, lehren die <lb n="pwe_107.033"/> mehr oder weniger zum System gezwungenen Aufstellungen bei <hi rendition="#k">Beriger</hi><note xml:id="PWE_107_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_107.036"/> Leonhard Beriger, <hi rendition="#i">Die literarische Wertung. Ein Spektrum der Kritik.</hi> Halle <lb n="pwe_107.037"/> 1938.</note>, <lb n="pwe_107.034"/> <hi rendition="#k">Petersen, Wellek-Warren.</hi> Dennoch aber gibt es prinzipiell die Möglichkeit, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0113]
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Aber innerhalb der verschiedenen Stilaspekte scheint nun eben die gedankliche pwe_107.002
Welt einen ausgezeichneten Charakter zu haben, so wahr wenigstens pwe_107.003
die sinnlich-seelisch-geistige Ganzheit des Menschen selbst nach der pwe_107.004
Führung durch den Geist verlangt. „Ich ehre den Rhythmus wie den Reim, pwe_107.005
wodurch Poesie erst Poesie wird, aber das eigentlich Tiefe und gründlich pwe_107.006
Wirksame, das Wahrheit Bildende und Fördernde ist dasjenige, was vom pwe_107.007
Dichter übrigbleibt, wenn er in Prosa übersetzt wird“ – so Goethes „oft pwe_107.008
geäußerte Meinung“ (Dichtung und Wahrheit). Diese trotz allen Vorbehalten pwe_107.009
bestehende Übersetzbarkeit selbst in andere Sprachen ist auch von Tho- pwe_107.010
mas Mann einmal mit verwunderter Resignation festgestellt worden. Dieses pwe_107.011
„gründlich Wirksame“ liegt aber wohl in der geistigen Sphäre, in der sich pwe_107.012
am energischsten das sich selbst transzendierende Wesen des Werkes, das pwe_107.013
Sprachwerk als Mitteilung zeigt. Man braucht deswegen noch nicht das pwe_107.014
Werk auf die hypostasierten „Erlebnisse“ des Dichters oder auf die Geschichte pwe_107.015
absoluter Ideen zurückzuführen. Es genügt, wenn wir uns auch hier pwe_107.016
vom Einzelwerk auf die weiteren geschichtlichen Einheiten eines dichterischen pwe_107.017
Oeuvres und einer Literatur verwiesen sehen.
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f) Die Wertung pwe_107.019
Es gebe, sagt T. S. Eliot 1, zwei Fragen, in denen die literarische Kritik ihr pwe_107.020
Ziel und ihre Grenzen habe, die eine: What is poetry?, die andere: Is this pwe_107.021
a good poem? Wenn die vorhergegangenen Erörterungen der Poetik letztlich pwe_107.022
auf die erste Frage zulaufen, so bleibt uns hier noch die zweite, die pwe_107.023
Frage der Wertung, die wir hier zunächst in der einfachen und strengen pwe_107.024
Formulierung Eliots verstehen. Es ist die Frage, die oft weniger den pwe_107.025
Literaturwissenschafter als den Kritiker und jeden einzelnen Leser interessiert.
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Deutung (Wesenserkenntnis) und Wertung sind zwar praktisch kaum pwe_107.028
zu trennen; denn bei der die gesamte Existenz betreffenden Natur des pwe_107.029
Kunstwerkes wie auch des Verstehens erscheint das Kunstwerk zum vornherein pwe_107.030
als wertbezogen und ist jede Beobachtung und Beschreibung zugleich pwe_107.031
Wertung. Im Begriff der Kritik, des Criticism, liegt beides zugleich. Welche pwe_107.032
verschiedenen Gesichtspunkte der Wertung dabei im Spiele sind, lehren die pwe_107.033
mehr oder weniger zum System gezwungenen Aufstellungen bei Beriger 2, pwe_107.034
Petersen, Wellek-Warren. Dennoch aber gibt es prinzipiell die Möglichkeit,
1 pwe_107.035
T. S. Eliot, The Use of Poetry and the Use of Criticism. London 1933.
2 pwe_107.036
Leonhard Beriger, Die literarische Wertung. Ein Spektrum der Kritik. Halle pwe_107.037
1938.
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