Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_103.001 Es ist nun wesentlich, daß die jeweilige Vorstellungswelt eines Werkes pwe_103.015 dieser sich mannigfach überschneidenden Begriffe gehört nicht hierher. Ihre pwe_103.026 Schwierigkeit wird aus dem wohl immer noch maßgebenden Buche von pwe_103.027 Pongs1 (Bd. I) deutlich; die Frage führt weit hinein in die schon mehrfach pwe_103.028 berührte Problematik von Zeichen und Symbol und ihrer Erscheinungen pwe_103.029 in Dichtung, Sprache und menschlicher Natur überhaupt; von C. G. pwe_103.030 Jungs Archetypen wird unten die Rede sein; diesen gegenüber bestehen die pwe_103.031 sechs Essays von C. Day Lewis2 auf der stilistischen Funktion des Bildes pwe_103.032 im Zusammenhang des Werkganzen. pwe_103.033
Die dichterische Metaphorik ist nichts als die aktualisierte Metaphorik pwe_103.034 1 pwe_103.037 Hermann Pongs, Das Bild in der Dichtung. Bd. I. Morphologie der metaphorischen pwe_103.038 Formen. Marburg 1927. 2 pwe_103.039
C. Day Lewis, The Poetic Image. London 1947. pwe_103.001 Es ist nun wesentlich, daß die jeweilige Vorstellungswelt eines Werkes pwe_103.015 dieser sich mannigfach überschneidenden Begriffe gehört nicht hierher. Ihre pwe_103.026 Schwierigkeit wird aus dem wohl immer noch maßgebenden Buche von pwe_103.027 Pongs1 (Bd. I) deutlich; die Frage führt weit hinein in die schon mehrfach pwe_103.028 berührte Problematik von Zeichen und Symbol und ihrer Erscheinungen pwe_103.029 in Dichtung, Sprache und menschlicher Natur überhaupt; von C. G. pwe_103.030 Jungs Archetypen wird unten die Rede sein; diesen gegenüber bestehen die pwe_103.031 sechs Essays von C. Day Lewis2 auf der stilistischen Funktion des Bildes pwe_103.032 im Zusammenhang des Werkganzen. pwe_103.033
Die dichterische Metaphorik ist nichts als die aktualisierte Metaphorik pwe_103.034 1 pwe_103.037 Hermann Pongs, Das Bild in der Dichtung. Bd. I. Morphologie der metaphorischen pwe_103.038 Formen. Marburg 1927. 2 pwe_103.039
C. Day Lewis, The Poetic Image. London 1947. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0109" n="103"/><lb n="pwe_103.001"/> heißen, daß hier das Geschehen ein „inneres“ ist und oft nur noch als das <lb n="pwe_103.002"/> Urgeschehen des Rhythmus faßbar wird. Der herkömmliche Begriff der <lb n="pwe_103.003"/> Handlung wird im übrigen auch im modernen Roman (<hi rendition="#k">Joyce</hi>) fraglich. <lb n="pwe_103.004"/> „Fabel“ ist nach dem üblichen Sprachgebrauch der bereits in bestimmter <lb n="pwe_103.005"/> Weise geordnete Faden der Handlung, engl. „Plot“, im Gegensatz zum <lb n="pwe_103.006"/> noch amorphen Inhalt; wie weit diese Ordnung geht und wie weit ihre <lb n="pwe_103.007"/> Funktion im Werkganzen reicht, wird für die Strukturanalyse wesentlich. <lb n="pwe_103.008"/> Bei den beschriebenen Elementen lassen sich wiederum stoffliche Substanz <lb n="pwe_103.009"/> und Gestaltcharakter nicht trennen. Die Untersuchung kommt von selbst <lb n="pwe_103.010"/> von der sinnlich-materiellen Bildsphäre zu den allgemeinen Prinzipien des <lb n="pwe_103.011"/> Aufbaus, von der äußeren Technik oder „Darbietungsform“ zur inneren <lb n="pwe_103.012"/> Struktur des Stils, von einer Wirklichkeit zu apriorischen raum-zeitlichen <lb n="pwe_103.013"/> Anschauungsformen.</p> <lb n="pwe_103.014"/> <p> Es ist nun wesentlich, daß die jeweilige Vorstellungswelt eines Werkes <lb n="pwe_103.015"/> sowenig wie die Erscheinungen der Lautsphäre aus dem Nichts geschaffen <lb n="pwe_103.016"/> ist. Die Dichtung bedient sich auch hier bis zu einem gewissen Grad <hi rendition="#g">vorgeprägter <lb n="pwe_103.017"/> Formen,</hi> verwendet Bildelemente, Vorstellungsgruppen, die <lb n="pwe_103.018"/> z. T. der menschlichen Natur an sich zugehören mögen, z. T. einem traditionellen <lb n="pwe_103.019"/> Formen- und Formelschatz entstammen, aber im Werk ihren jeweiligen <lb n="pwe_103.020"/> stilistischen Sinn erhalten – ganz ähnlich, wie in der Sphäre des <lb n="pwe_103.021"/> Lautes metrische und rhythmische Schemata als unumgängliche geschichtliche <lb n="pwe_103.022"/> Grammatik dichterischer Sprache immer schon vorliegen. <anchor xml:id="we003"/> Es ist die <lb n="pwe_103.023"/> Welt der „<hi rendition="#g">Bilder</hi>“ im engeren Sinne, der Metaphern und Tropen, der <lb n="pwe_103.024"/> Symbole und Motive und schließlich der Stoffe. <anchor xml:id="we004"/> <note targetEnd="#we004" type="metapher" ana="#m1-0-1-1 #m1-7-1-3" target="#we003"> </note> Eine genaue Erörterung <lb n="pwe_103.025"/> dieser sich mannigfach überschneidenden Begriffe gehört nicht hierher. Ihre <lb n="pwe_103.026"/> Schwierigkeit wird aus dem wohl immer noch maßgebenden Buche von <lb n="pwe_103.027"/> <hi rendition="#k">Pongs</hi><note xml:id="PWE_103_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_103.037"/> Hermann Pongs, <hi rendition="#i">Das Bild in der Dichtung. Bd. I. Morphologie der metaphorischen <lb n="pwe_103.038"/> Formen.</hi> Marburg 1927.</note> (Bd. I) deutlich; die Frage führt weit hinein in die schon mehrfach <lb n="pwe_103.028"/> berührte Problematik von Zeichen und Symbol und ihrer Erscheinungen <lb n="pwe_103.029"/> in Dichtung, Sprache und menschlicher Natur überhaupt; von <hi rendition="#k">C. G. <lb n="pwe_103.030"/> Jungs</hi> Archetypen wird unten die Rede sein; diesen gegenüber bestehen die <lb n="pwe_103.031"/> sechs Essays von <hi rendition="#k">C. Day Lewis</hi><note xml:id="PWE_103_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_103.039"/> C. Day Lewis, <hi rendition="#i">The Poetic Image.</hi> London 1947.</note> auf der stilistischen Funktion des Bildes <lb n="pwe_103.032"/> im Zusammenhang des Werkganzen.</p> <lb n="pwe_103.033"/> <p> <anchor xml:id="we005"/> Die dichterische <hi rendition="#g">Metaphorik</hi> ist nichts als die aktualisierte Metaphorik <lb n="pwe_103.034"/> der Sprache überhaupt, deren notwendig bildhafte Prägungen von der <lb n="pwe_103.035"/> Dichtung benützt, erneuert, gesteigert und an die Sprache zurückgegeben <lb n="pwe_103.036"/> werden. <anchor xml:id="we006"/> <note targetEnd="#we006" type="metapher" ana="#m1-0-1-1 #m1-11-1" target="#we005"> </note> Die Art der Bildgestaltung kann daher bei einer personalen, sozialen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0109]
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heißen, daß hier das Geschehen ein „inneres“ ist und oft nur noch als das pwe_103.002
Urgeschehen des Rhythmus faßbar wird. Der herkömmliche Begriff der pwe_103.003
Handlung wird im übrigen auch im modernen Roman (Joyce) fraglich. pwe_103.004
„Fabel“ ist nach dem üblichen Sprachgebrauch der bereits in bestimmter pwe_103.005
Weise geordnete Faden der Handlung, engl. „Plot“, im Gegensatz zum pwe_103.006
noch amorphen Inhalt; wie weit diese Ordnung geht und wie weit ihre pwe_103.007
Funktion im Werkganzen reicht, wird für die Strukturanalyse wesentlich. pwe_103.008
Bei den beschriebenen Elementen lassen sich wiederum stoffliche Substanz pwe_103.009
und Gestaltcharakter nicht trennen. Die Untersuchung kommt von selbst pwe_103.010
von der sinnlich-materiellen Bildsphäre zu den allgemeinen Prinzipien des pwe_103.011
Aufbaus, von der äußeren Technik oder „Darbietungsform“ zur inneren pwe_103.012
Struktur des Stils, von einer Wirklichkeit zu apriorischen raum-zeitlichen pwe_103.013
Anschauungsformen.
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Es ist nun wesentlich, daß die jeweilige Vorstellungswelt eines Werkes pwe_103.015
sowenig wie die Erscheinungen der Lautsphäre aus dem Nichts geschaffen pwe_103.016
ist. Die Dichtung bedient sich auch hier bis zu einem gewissen Grad vorgeprägter pwe_103.017
Formen, verwendet Bildelemente, Vorstellungsgruppen, die pwe_103.018
z. T. der menschlichen Natur an sich zugehören mögen, z. T. einem traditionellen pwe_103.019
Formen- und Formelschatz entstammen, aber im Werk ihren jeweiligen pwe_103.020
stilistischen Sinn erhalten – ganz ähnlich, wie in der Sphäre des pwe_103.021
Lautes metrische und rhythmische Schemata als unumgängliche geschichtliche pwe_103.022
Grammatik dichterischer Sprache immer schon vorliegen. Es ist die pwe_103.023
Welt der „Bilder“ im engeren Sinne, der Metaphern und Tropen, der pwe_103.024
Symbole und Motive und schließlich der Stoffe. Eine genaue Erörterung pwe_103.025
dieser sich mannigfach überschneidenden Begriffe gehört nicht hierher. Ihre pwe_103.026
Schwierigkeit wird aus dem wohl immer noch maßgebenden Buche von pwe_103.027
Pongs 1 (Bd. I) deutlich; die Frage führt weit hinein in die schon mehrfach pwe_103.028
berührte Problematik von Zeichen und Symbol und ihrer Erscheinungen pwe_103.029
in Dichtung, Sprache und menschlicher Natur überhaupt; von C. G. pwe_103.030
Jungs Archetypen wird unten die Rede sein; diesen gegenüber bestehen die pwe_103.031
sechs Essays von C. Day Lewis 2 auf der stilistischen Funktion des Bildes pwe_103.032
im Zusammenhang des Werkganzen.
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Die dichterische Metaphorik ist nichts als die aktualisierte Metaphorik pwe_103.034
der Sprache überhaupt, deren notwendig bildhafte Prägungen von der pwe_103.035
Dichtung benützt, erneuert, gesteigert und an die Sprache zurückgegeben pwe_103.036
werden. Die Art der Bildgestaltung kann daher bei einer personalen, sozialen
1 pwe_103.037
Hermann Pongs, Das Bild in der Dichtung. Bd. I. Morphologie der metaphorischen pwe_103.038
Formen. Marburg 1927.
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C. Day Lewis, The Poetic Image. London 1947.
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