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Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903].

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einen ausgezeichneten Eindruck auf unsere Kundschaft
machen.
Alwa. Da drüben steckt schon ein Nagel dafür in
der Wand.
Schigolch. Wie kommen Sie denn zu der Aquisition?
Die Geschwitz. Ich habe es in Eurer Wohnung
in Paris heimlich aus der Wand geschnitten, nachdem
Ihr fort wart.
Alwa. Schade, daß am Rande die Farbe abge-
blättert ist! Sie haben es nicht vorsichtig genug aufge-
rollt.
(Er befestigt das Bild mit dem oberen Rande an einem Nagel,
der in der Wand steckt.)
Schigolch. Es muß unten noch einer durch, wenn
es halten soll. Die ganze Etage bekommt ein eleganteres
Aussehen.
Alwa. Laßt mich nur; ich weiß schon, wie ich es
mache.
(Er reißt verschiedene Nägel aus der Wand, zieht sich den
linken Stiefel aus und schlägt die Nägel mit dem Stiefelabsatz durch
den Rand des Bildes in die Mauer.)
Schigolch. Es muß nur erst wieder eine Weile
hängen, um richtig zur Geltung zu kommen. Wer sich
das angesehen hat, der bildet sich nachher ein, die seligsten
Wonnen zu genießen.
Alwa (seinen Stiefel wieder anziehend). Ihr Körper stand
auf dem Höhepunkt seiner Entfaltung, als das Bild ge-
malt wurde. Die Lampe, liebes Kind! Mir scheint, es
ist außergewöhnlich stark nachgedunkelt.
Die Geschwitz. Es muß ein eminent begabter
Künstler gewesen sein, der das gemalt hat.
Lulu (mit der Lampe vor das Bild tretend). Hast Du ihn
denn nicht gekannt?
Die Geschwitz. Nein; das muß lange vor meiner
Zeit gewesen sein. Ich hörte nur zuweilen noch abfällige
einen ausgezeichneten Eindruck auf unſere Kundſchaft
machen.
Alwa. Da drüben ſteckt ſchon ein Nagel dafür in
der Wand.
Schigolch. Wie kommen Sie denn zu der Aquiſition?
Die Geſchwitz. Ich habe es in Eurer Wohnung
in Paris heimlich aus der Wand geſchnitten, nachdem
Ihr fort wart.
Alwa. Schade, daß am Rande die Farbe abge-
blättert iſt! Sie haben es nicht vorſichtig genug aufge-
rollt.
(Er befeſtigt das Bild mit dem oberen Rande an einem Nagel,
der in der Wand ſteckt.)
Schigolch. Es muß unten noch einer durch, wenn
es halten ſoll. Die ganze Etage bekommt ein eleganteres
Ausſehen.
Alwa. Laßt mich nur; ich weiß ſchon, wie ich es
mache.
(Er reißt verſchiedene Nägel aus der Wand, zieht ſich den
linken Stiefel aus und ſchlägt die Nägel mit dem Stiefelabſatz durch
den Rand des Bildes in die Mauer.)
Schigolch. Es muß nur erſt wieder eine Weile
hängen, um richtig zur Geltung zu kommen. Wer ſich
das angeſehen hat, der bildet ſich nachher ein, die ſeligſten
Wonnen zu genießen.
Alwa (ſeinen Stiefel wieder anziehend). Ihr Körper ſtand
auf dem Höhepunkt ſeiner Entfaltung, als das Bild ge-
malt wurde. Die Lampe, liebes Kind! Mir ſcheint, es
iſt außergewöhnlich ſtark nachgedunkelt.
Die Geſchwitz. Es muß ein eminent begabter
Künſtler geweſen ſein, der das gemalt hat.
Lulu (mit der Lampe vor das Bild tretend). Haſt Du ihn
denn nicht gekannt?
Die Geſchwitz. Nein; das muß lange vor meiner
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[73/0081] einen ausgezeichneten Eindruck auf unſere Kundſchaft machen. Alwa. Da drüben ſteckt ſchon ein Nagel dafür in der Wand. Schigolch. Wie kommen Sie denn zu der Aquiſition? Die Geſchwitz. Ich habe es in Eurer Wohnung in Paris heimlich aus der Wand geſchnitten, nachdem Ihr fort wart. Alwa. Schade, daß am Rande die Farbe abge- blättert iſt! Sie haben es nicht vorſichtig genug aufge- rollt. (Er befeſtigt das Bild mit dem oberen Rande an einem Nagel, der in der Wand ſteckt.) Schigolch. Es muß unten noch einer durch, wenn es halten ſoll. Die ganze Etage bekommt ein eleganteres Ausſehen. Alwa. Laßt mich nur; ich weiß ſchon, wie ich es mache. (Er reißt verſchiedene Nägel aus der Wand, zieht ſich den linken Stiefel aus und ſchlägt die Nägel mit dem Stiefelabſatz durch den Rand des Bildes in die Mauer.) Schigolch. Es muß nur erſt wieder eine Weile hängen, um richtig zur Geltung zu kommen. Wer ſich das angeſehen hat, der bildet ſich nachher ein, die ſeligſten Wonnen zu genießen. Alwa (ſeinen Stiefel wieder anziehend). Ihr Körper ſtand auf dem Höhepunkt ſeiner Entfaltung, als das Bild ge- malt wurde. Die Lampe, liebes Kind! Mir ſcheint, es iſt außergewöhnlich ſtark nachgedunkelt. Die Geſchwitz. Es muß ein eminent begabter Künſtler geweſen ſein, der das gemalt hat. Lulu (mit der Lampe vor das Bild tretend). Haſt Du ihn denn nicht gekannt? Die Geſchwitz. Nein; das muß lange vor meiner Zeit geweſen ſein. Ich hörte nur zuweilen noch abfällige

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903], S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_pandora_1902/81>, abgerufen am 24.11.2024.