Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903]. Casti Piani. Lumpenkerle verkehren bei Oikono- mopulos in Kairo nicht. Seine Kundschaft setzt sich aus schottischen Lords, aus russischen Würdenträgern, indischen Gouverneuren und unseren flotten rheinischen Groß- industriellen zusammen. Ich muß nur dafür garantieren, daß Du Französisch sprichst. Bei Deinem eminenten Sprachtalent wirst Du übrigens auch rasch genug soviel Englisch lernen, wie Du zu Deiner Tätigkeit nötig hast. Dabei residierst Du in einem fürstlich ausgestatteten Appartement mit dem Ausblick auf die Minarets der El Azhar-Moschee, wandelst den ganzen Tag auf faust- dicken persischen Teppichen, kleidest Dich jeden Abend in eine märchenhafte Pariser Balltoilette, trinkst so viel Sekt, wie Deine Kunden bezahlen können; und schließlich bleibst Du ja auch bis zu einem gewissen Grad Deine eigene Herrin. Wenn Dir der Mann nicht gefällt, dann brauchst Du ihm keinerlei Empfindung entgegenzubringen. Du läßt ihn seine Karte abgeben und damit holla! Wenn sich die Luder darauf nicht einübten, dann wäre die ganze Sache überhaupt unmöglich, weil jede nach den ersten vier Wochen mit Sturmschritt zum Teufel ginge. Lulu. Ich glaube wirklich, seit gestern ist in Deinem Gehirn irgend etwas nicht mehr wie es sein soll! Soll ich mir einreden lassen, daß der Ägypter für eine Person, die er gar nicht kennt, fünfzehnhundert Francs bezahlt? Casti Piani. Ich habe mir erlaubt, ihm Deine Bilder zu schicken. Lulu. Die Bilder hast Du ihm geschickt, die ich Dir gab? Casti Piani. Du siehst, daß er sie besser zu wür- digen weiß, als ich. Das Bild, auf dem Du als Eva vor dem Spiegel stehst, wird er, wenn Du dort bist, wohl unter der Hausthür aufhängen. Dann kommt für Caſti Piani. Lumpenkerle verkehren bei Oikono- mopulos in Kairo nicht. Seine Kundſchaft ſetzt ſich aus ſchottiſchen Lords, aus ruſſiſchen Würdenträgern, indiſchen Gouverneuren und unſeren flotten rheiniſchen Groß- induſtriellen zuſammen. Ich muß nur dafür garantieren, daß Du Franzöſiſch ſprichſt. Bei Deinem eminenten Sprachtalent wirſt Du übrigens auch raſch genug ſoviel Engliſch lernen, wie Du zu Deiner Tätigkeit nötig haſt. Dabei reſidierſt Du in einem fürſtlich ausgeſtatteten Appartement mit dem Ausblick auf die Minarets der El Azhar-Moſchee, wandelſt den ganzen Tag auf fauſt- dicken perſiſchen Teppichen, kleideſt Dich jeden Abend in eine märchenhafte Pariſer Balltoilette, trinkſt ſo viel Sekt, wie Deine Kunden bezahlen können; und ſchließlich bleibſt Du ja auch bis zu einem gewiſſen Grad Deine eigene Herrin. Wenn Dir der Mann nicht gefällt, dann brauchſt Du ihm keinerlei Empfindung entgegenzubringen. Du läßt ihn ſeine Karte abgeben und damit holla! Wenn ſich die Luder darauf nicht einübten, dann wäre die ganze Sache überhaupt unmöglich, weil jede nach den erſten vier Wochen mit Sturmſchritt zum Teufel ginge. Lulu. Ich glaube wirklich, ſeit geſtern iſt in Deinem Gehirn irgend etwas nicht mehr wie es ſein ſoll! Soll ich mir einreden laſſen, daß der Ägypter für eine Perſon, die er gar nicht kennt, fünfzehnhundert Francs bezahlt? Caſti Piani. Ich habe mir erlaubt, ihm Deine Bilder zu ſchicken. Lulu. Die Bilder haſt Du ihm geſchickt, die ich Dir gab? Caſti Piani. Du ſiehſt, daß er ſie beſſer zu wür- digen weiß, als ich. Das Bild, auf dem Du als Eva vor dem Spiegel ſtehſt, wird er, wenn Du dort biſt, wohl unter der Hausthür aufhängen. Dann kommt für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0045" n="37"/> <sp who="#PIA"> <speaker><hi rendition="#g">Caſti Piani</hi>.</speaker> <p>Lumpenkerle verkehren bei Oikono-<lb/> mopulos in Kairo nicht. Seine Kundſchaft ſetzt ſich aus<lb/> ſchottiſchen Lords, aus ruſſiſchen Würdenträgern, indiſchen<lb/> Gouverneuren und unſeren flotten rheiniſchen Groß-<lb/> induſtriellen zuſammen. Ich muß nur dafür garantieren,<lb/> daß Du Franzöſiſch ſprichſt. 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Caſti Piani. Lumpenkerle verkehren bei Oikono-
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Gouverneuren und unſeren flotten rheiniſchen Groß-
induſtriellen zuſammen. Ich muß nur dafür garantieren,
daß Du Franzöſiſch ſprichſt. Bei Deinem eminenten
Sprachtalent wirſt Du übrigens auch raſch genug ſoviel
Engliſch lernen, wie Du zu Deiner Tätigkeit nötig haſt.
Dabei reſidierſt Du in einem fürſtlich ausgeſtatteten
Appartement mit dem Ausblick auf die Minarets der
El Azhar-Moſchee, wandelſt den ganzen Tag auf fauſt-
dicken perſiſchen Teppichen, kleideſt Dich jeden Abend
in eine märchenhafte Pariſer Balltoilette, trinkſt ſo viel
Sekt, wie Deine Kunden bezahlen können; und ſchließlich
bleibſt Du ja auch bis zu einem gewiſſen Grad Deine
eigene Herrin. Wenn Dir der Mann nicht gefällt, dann
brauchſt Du ihm keinerlei Empfindung entgegenzubringen.
Du läßt ihn ſeine Karte abgeben und damit holla!
Wenn ſich die Luder darauf nicht einübten, dann wäre
die ganze Sache überhaupt unmöglich, weil jede nach den
erſten vier Wochen mit Sturmſchritt zum Teufel ginge.
Lulu. Ich glaube wirklich, ſeit geſtern iſt in Deinem
Gehirn irgend etwas nicht mehr wie es ſein ſoll! Soll
ich mir einreden laſſen, daß der Ägypter für eine Perſon,
die er gar nicht kennt, fünfzehnhundert Francs bezahlt?
Caſti Piani. Ich habe mir erlaubt, ihm Deine
Bilder zu ſchicken.
Lulu. Die Bilder haſt Du ihm geſchickt, die ich
Dir gab?
Caſti Piani. Du ſiehſt, daß er ſie beſſer zu wür-
digen weiß, als ich. Das Bild, auf dem Du als Eva
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wohl unter der Hausthür aufhängen. Dann kommt für
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