Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903].
keit, mit einem solchen Wolfsgesicht aus dem Gefängnis auszubrechen?! Schigolch. Halt die Schnauze! Rodrigo. Ich laufe nach der Polizei! Ich mache Anzeige! Diese Vogelscheuche will sich in Paris in Trikots sehen lassen. Da kosten schon die Wattons zwei Monatsgagen. -- Du bist die perfideste Hoch- staplerin, die je im Hotel Ochsenbutter Logis be- zogen hat! Alwa. Ich bitte Sie, die Frau nicht zu be- schimpfen! Rodrigo. Beschimpfen nennen Sie das?! -- Ich habe mir dieser abgenagten Knochen wegen meinen Wanst angefressen! Ich bin erwerbsunfähig! Ich will ein Hanswurst sein, wenn ich noch einen Besenstiel hoch- stemmen kann! Aber mich soll hier auf dem Platze der Blitz erschlagen, wenn ich mir nicht eine Lebensrente von zehntausend Mark jährlich aus Ihren Gemeinheiten her- ausknoble! Das kann ich Ihnen sagen! Glückliche Reise! Ich laufe nach der Polizei! -- (Ab.) Schigolch. Lauf, lauf! Lulu. Der wird sich hüten! Schigolch. Den sind wir los. -- Und jetzt schwarzen Kaffee für die Dame! Alwa. (am Tisch links vorn). Hier ist Kaffee; man braucht nur einzuschenken. Schigolch. Ich muß noch die Schlafwagenbillete besorgen. Lulu. O Freiheit! -- Herr Gott im Himmel! Schigolch. In einer halben Stunde hole ich Dich. Abschied feiern wir im Bahnhofsrestaurant. Ich bestelle ein Souper, das bis Paris vorhält. -- Guten Morgen, Herr Doktor!
keit, mit einem ſolchen Wolfsgeſicht aus dem Gefängnis auszubrechen?! Schigolch. Halt die Schnauze! Rodrigo. Ich laufe nach der Polizei! Ich mache Anzeige! Dieſe Vogelſcheuche will ſich in Paris in Trikots ſehen laſſen. Da koſten ſchon die Wattons zwei Monatsgagen. — Du biſt die perfideſte Hoch- ſtaplerin, die je im Hotel Ochſenbutter Logis be- zogen hat! Alwa. Ich bitte Sie, die Frau nicht zu be- ſchimpfen! Rodrigo. Beſchimpfen nennen Sie das?! — Ich habe mir dieſer abgenagten Knochen wegen meinen Wanſt angefreſſen! Ich bin erwerbsunfähig! Ich will ein Hanswurſt ſein, wenn ich noch einen Beſenſtiel hoch- ſtemmen kann! Aber mich ſoll hier auf dem Platze der Blitz erſchlagen, wenn ich mir nicht eine Lebensrente von zehntauſend Mark jährlich aus Ihren Gemeinheiten her- ausknoble! Das kann ich Ihnen ſagen! Glückliche Reiſe! Ich laufe nach der Polizei! — (Ab.) Schigolch. Lauf, lauf! Lulu. Der wird ſich hüten! Schigolch. Den ſind wir los. — Und jetzt ſchwarzen Kaffee für die Dame! Alwa. (am Tiſch links vorn). Hier iſt Kaffee; man braucht nur einzuſchenken. Schigolch. Ich muß noch die Schlafwagenbillete beſorgen. Lulu. O Freiheit! — Herr Gott im Himmel! Schigolch. In einer halben Stunde hole ich Dich. Abſchied feiern wir im Bahnhofsreſtaurant. Ich beſtelle ein Souper, das bis Paris vorhält. — Guten Morgen, Herr Doktor! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#ROD"> <p><pb facs="#f0031" n="23"/> keit, mit einem ſolchen Wolfsgeſicht aus dem Gefängnis<lb/> auszubrechen?!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Halt die Schnauze!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Ich laufe nach der Polizei! Ich<lb/> mache Anzeige! Dieſe Vogelſcheuche will ſich in Paris<lb/> in Trikots ſehen laſſen. Da koſten ſchon die Wattons<lb/> zwei Monatsgagen. — Du biſt die perfideſte Hoch-<lb/> ſtaplerin, die je im Hotel Ochſenbutter Logis be-<lb/> zogen hat!</p> </sp><lb/> <sp who="#ALW"> <speaker><hi rendition="#g">Alwa</hi>.</speaker> <p>Ich bitte Sie, die Frau nicht zu be-<lb/> ſchimpfen!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Beſchimpfen nennen Sie das?! —<lb/> Ich habe mir dieſer abgenagten Knochen wegen meinen<lb/> Wanſt angefreſſen! Ich bin erwerbsunfähig! Ich will<lb/> ein Hanswurſt ſein, wenn ich noch einen Beſenſtiel hoch-<lb/> ſtemmen kann! Aber mich ſoll hier auf dem Platze der<lb/> Blitz erſchlagen, wenn ich mir nicht eine Lebensrente von<lb/> zehntauſend Mark jährlich aus Ihren Gemeinheiten her-<lb/> ausknoble! Das kann ich Ihnen ſagen! Glückliche<lb/> Reiſe! Ich laufe nach der Polizei! —</p> <stage>(Ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Lauf, lauf!</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker><hi rendition="#g">Lulu</hi>.</speaker> <p>Der wird ſich hüten!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Den ſind wir los. — Und jetzt ſchwarzen<lb/> Kaffee für die Dame!</p> </sp><lb/> <sp who="#ALW"> <speaker><hi rendition="#g">Alwa</hi>.</speaker> <stage>(am Tiſch links vorn).</stage> <p>Hier iſt Kaffee; man<lb/> braucht nur einzuſchenken.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Ich muß noch die Schlafwagenbillete<lb/> beſorgen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker><hi rendition="#g">Lulu</hi>.</speaker> <p>O Freiheit! — Herr Gott im Himmel!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>In einer halben Stunde hole ich Dich.<lb/> Abſchied feiern wir im Bahnhofsreſtaurant. Ich beſtelle<lb/> ein Souper, das bis Paris vorhält. — Guten Morgen,<lb/> Herr Doktor!</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [23/0031]
keit, mit einem ſolchen Wolfsgeſicht aus dem Gefängnis
auszubrechen?!
Schigolch. Halt die Schnauze!
Rodrigo. Ich laufe nach der Polizei! Ich
mache Anzeige! Dieſe Vogelſcheuche will ſich in Paris
in Trikots ſehen laſſen. Da koſten ſchon die Wattons
zwei Monatsgagen. — Du biſt die perfideſte Hoch-
ſtaplerin, die je im Hotel Ochſenbutter Logis be-
zogen hat!
Alwa. Ich bitte Sie, die Frau nicht zu be-
ſchimpfen!
Rodrigo. Beſchimpfen nennen Sie das?! —
Ich habe mir dieſer abgenagten Knochen wegen meinen
Wanſt angefreſſen! Ich bin erwerbsunfähig! Ich will
ein Hanswurſt ſein, wenn ich noch einen Beſenſtiel hoch-
ſtemmen kann! Aber mich ſoll hier auf dem Platze der
Blitz erſchlagen, wenn ich mir nicht eine Lebensrente von
zehntauſend Mark jährlich aus Ihren Gemeinheiten her-
ausknoble! Das kann ich Ihnen ſagen! Glückliche
Reiſe! Ich laufe nach der Polizei! — (Ab.)
Schigolch. Lauf, lauf!
Lulu. Der wird ſich hüten!
Schigolch. Den ſind wir los. — Und jetzt ſchwarzen
Kaffee für die Dame!
Alwa. (am Tiſch links vorn). Hier iſt Kaffee; man
braucht nur einzuſchenken.
Schigolch. Ich muß noch die Schlafwagenbillete
beſorgen.
Lulu. O Freiheit! — Herr Gott im Himmel!
Schigolch. In einer halben Stunde hole ich Dich.
Abſchied feiern wir im Bahnhofsreſtaurant. Ich beſtelle
ein Souper, das bis Paris vorhält. — Guten Morgen,
Herr Doktor!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeBei dieser Ausgabe handelt es sich um die erste s… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |