Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903].
vollgestopft mit alten Hosen, habe ich über Bremerhaven nach Amerika spediert. Die Beine baumeln mir wie Glockenschwängel am Leib. Das soll ein anderes Leben in Paris werden! Rodrigo. Wo wollt Ihr denn in Paris absteigen? Schigolch. Hoffentlich nicht gleich wieder im Hotel "Ochsenbutter"! Rodrigo. Ich kann Euch das Hotel "Montespant" am Boulevard Rochechouart empfehlen. Ich wohnte dort mit einer Löwenbändigerin. Die Leute sind geborene Berliner. Die Geschwitz (sich im Rohrstuhl aufrichtend). Helfen Sie mir doch! Rodrigo (eilt herbei und stützt sie). Dabei seid Ihr dort sicherer vor der Polizei als auf dem hohen Turmseil! Die Geschwitz. Er will Sie nämlich heute Nachmittag allein mit ihr reisen lassen. Schigolch. Er leidet wohl noch an seinen Frost- beulen! Rodrigo. Verlangt Ihr denn von mir, daß ich den Follies Berger in Schlafrock und Pantoffeln debütiere? Schigolch. Hm -- die Schwester Theophila wäre auch nicht so prompt gen Himmel gefahren, wenn sie sich für unsere Patientin nicht so liebevoll erwärmt hätte. Rodrigo. Wenn Einer den Honigmond bei ihr abzudienen hat, wird sie sich noch ganz anders zur Geltung bringen. Es kann ihr jedenfalls nicht schaden, wenn sie sich vorher noch etwas auslüftet. Alwa (eine Brieftasche in der Hand, zur Geschwitz, die auf eine Stuhllehne gestützt am Mitteltisch steht). Diese Tasche enthält zehntausend Mark. Die Geschwitz. Ich danke, nein.
vollgeſtopft mit alten Hoſen, habe ich über Bremerhaven nach Amerika ſpediert. Die Beine baumeln mir wie Glockenſchwängel am Leib. Das ſoll ein anderes Leben in Paris werden! Rodrigo. Wo wollt Ihr denn in Paris abſteigen? Schigolch. Hoffentlich nicht gleich wieder im Hotel „Ochſenbutter“! Rodrigo. Ich kann Euch das Hotel „Montespant“ am Boulevard Rochechouart empfehlen. Ich wohnte dort mit einer Löwenbändigerin. Die Leute ſind geborene Berliner. Die Geſchwitz (ſich im Rohrſtuhl aufrichtend). Helfen Sie mir doch! Rodrigo (eilt herbei und ſtützt ſie). Dabei ſeid Ihr dort ſicherer vor der Polizei als auf dem hohen Turmſeil! Die Geſchwitz. Er will Sie nämlich heute Nachmittag allein mit ihr reiſen laſſen. Schigolch. Er leidet wohl noch an ſeinen Froſt- beulen! Rodrigo. Verlangt Ihr denn von mir, daß ich den Follies Berger in Schlafrock und Pantoffeln debütiere? Schigolch. Hm — die Schweſter Theophila wäre auch nicht ſo prompt gen Himmel gefahren, wenn ſie ſich für unſere Patientin nicht ſo liebevoll erwärmt hätte. Rodrigo. Wenn Einer den Honigmond bei ihr abzudienen hat, wird ſie ſich noch ganz anders zur Geltung bringen. Es kann ihr jedenfalls nicht ſchaden, wenn ſie ſich vorher noch etwas auslüftet. Alwa (eine Brieftaſche in der Hand, zur Geſchwitz, die auf eine Stuhllehne geſtützt am Mitteltiſch ſteht). Dieſe Taſche enthält zehntauſend Mark. Die Geſchwitz. Ich danke, nein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SCH"> <p><pb facs="#f0020" n="12"/> vollgeſtopft mit alten Hoſen, habe ich über Bremerhaven<lb/> nach Amerika ſpediert. Die Beine baumeln mir wie<lb/> Glockenſchwängel am Leib. Das ſoll ein anderes Leben<lb/> in Paris werden!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Wo wollt Ihr denn in Paris abſteigen?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Hoffentlich nicht gleich wieder im<lb/> Hotel „Ochſenbutter“!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Ich kann Euch das Hotel „Montespant“<lb/> am Boulevard Rochechouart empfehlen. Ich wohnte<lb/> dort mit einer Löwenbändigerin. Die Leute ſind geborene<lb/> Berliner.</p> </sp><lb/> <sp who="#GES"> <speaker> <hi rendition="#g">Die Geſchwitz</hi> </speaker> <stage>(ſich im Rohrſtuhl aufrichtend).</stage> <p>Helfen<lb/> Sie mir doch!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker> <hi rendition="#g">Rodrigo</hi> </speaker> <stage>(eilt herbei und ſtützt ſie).</stage> <p>Dabei ſeid Ihr<lb/> dort ſicherer vor der Polizei als auf dem hohen Turmſeil!</p> </sp><lb/> <sp who="#GES"> <speaker><hi rendition="#g">Die Geſchwitz</hi>.</speaker> <p>Er will Sie nämlich heute<lb/> Nachmittag allein mit ihr reiſen laſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Er leidet wohl noch an ſeinen Froſt-<lb/> beulen!</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Verlangt Ihr denn von mir, daß<lb/> ich den Follies Berger in Schlafrock und Pantoffeln<lb/> debütiere?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schigolch</hi>.</speaker> <p>Hm — die Schweſter Theophila wäre<lb/> auch nicht ſo prompt gen Himmel gefahren, wenn ſie<lb/> ſich für unſere Patientin nicht ſo liebevoll erwärmt hätte.</p> </sp><lb/> <sp who="#ROD"> <speaker><hi rendition="#g">Rodrigo</hi>.</speaker> <p>Wenn Einer den Honigmond bei ihr<lb/> abzudienen hat, wird ſie ſich noch ganz anders zur Geltung<lb/> bringen. Es kann ihr jedenfalls nicht ſchaden, wenn ſie<lb/> ſich vorher noch etwas auslüftet.</p> </sp><lb/> <sp who="#ALW"> <speaker> <hi rendition="#g">Alwa</hi> </speaker> <stage>(eine Brieftaſche in der Hand, zur Geſchwitz, die auf eine<lb/> Stuhllehne geſtützt am Mitteltiſch ſteht).</stage> <p>Dieſe Taſche enthält<lb/> zehntauſend Mark.</p> </sp><lb/> <sp who="#GES"> <speaker><hi rendition="#g">Die Geſchwitz</hi>.</speaker> <p>Ich danke, nein.</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [12/0020]
vollgeſtopft mit alten Hoſen, habe ich über Bremerhaven
nach Amerika ſpediert. Die Beine baumeln mir wie
Glockenſchwängel am Leib. Das ſoll ein anderes Leben
in Paris werden!
Rodrigo. Wo wollt Ihr denn in Paris abſteigen?
Schigolch. Hoffentlich nicht gleich wieder im
Hotel „Ochſenbutter“!
Rodrigo. Ich kann Euch das Hotel „Montespant“
am Boulevard Rochechouart empfehlen. Ich wohnte
dort mit einer Löwenbändigerin. Die Leute ſind geborene
Berliner.
Die Geſchwitz (ſich im Rohrſtuhl aufrichtend). Helfen
Sie mir doch!
Rodrigo (eilt herbei und ſtützt ſie). Dabei ſeid Ihr
dort ſicherer vor der Polizei als auf dem hohen Turmſeil!
Die Geſchwitz. Er will Sie nämlich heute
Nachmittag allein mit ihr reiſen laſſen.
Schigolch. Er leidet wohl noch an ſeinen Froſt-
beulen!
Rodrigo. Verlangt Ihr denn von mir, daß
ich den Follies Berger in Schlafrock und Pantoffeln
debütiere?
Schigolch. Hm — die Schweſter Theophila wäre
auch nicht ſo prompt gen Himmel gefahren, wenn ſie
ſich für unſere Patientin nicht ſo liebevoll erwärmt hätte.
Rodrigo. Wenn Einer den Honigmond bei ihr
abzudienen hat, wird ſie ſich noch ganz anders zur Geltung
bringen. Es kann ihr jedenfalls nicht ſchaden, wenn ſie
ſich vorher noch etwas auslüftet.
Alwa (eine Brieftaſche in der Hand, zur Geſchwitz, die auf eine
Stuhllehne geſtützt am Mitteltiſch ſteht). Dieſe Taſche enthält
zehntauſend Mark.
Die Geſchwitz. Ich danke, nein.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeBei dieser Ausgabe handelt es sich um die erste s… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |