Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
Hände in den Schooß, weil sich doch alles zum Guten gewandt,
und da brichts dann herein, daß einem gleich das Herz bersten
möchte. ... Wa -- was zitterst du?
Wendla. Es hat geklopft.
Frau Bergmann. Ich habe nichts gehört, liebes Herz. --
(Geht an die Thüre und öffnet.)
Wendla. Ach, ich hörte es ganz deutlich. -- -- Wer ist
draußen?
Frau Bergmann. -- Niemand -- -- Schmidt's Mutter
aus der Gartenstraße. -- -- -- Sie kommen eben recht, Mutter
Schmidtin.

Sechste Scene.
Winzer und Winzerinnen im Weinberg. -- Im Westen sinkt die Sonne
hinter die Berggipfel. Helles Glockengeläute vom Thal herauf. -- Hänschen
Rilow
und Ernst Röbel im höchstgelegenen Rebstück sich unter den
überhängenden Felsen im welkenden Grase wälzend.
Ernst. -- Ich habe mich überarbeitet.
Hänschen. Laß uns nicht traurig sein. -- Schade um
die Minuten.
Ernst. Man sieht sie hängen und kann nicht mehr --
und morgen sind sie gekeltert.
Hänschen. Ermüdung ist mir so unerträglich, wie mir's
der Hunger ist.
Ernst. Ach, ich kann nicht mehr.
Hänschen. Diese leuchtende Muskateller!
Ernst. Ich bringe die Elastizität nicht mehr auf.
Hände in den Schooß, weil ſich doch alles zum Guten gewandt,
und da brichts dann herein, daß einem gleich das Herz berſten
möchte. … Wa — was zitterſt du?
Wendla. Es hat geklopft.
Frau Bergmann. Ich habe nichts gehört, liebes Herz. —
(Geht an die Thüre und öffnet.)
Wendla. Ach, ich hörte es ganz deutlich. — — Wer iſt
draußen?
Frau Bergmann. — Niemand — — Schmidt's Mutter
aus der Gartenſtraße. — — — Sie kommen eben recht, Mutter
Schmidtin.

Sechſte Scene.
Winzer und Winzerinnen im Weinberg. — Im Weſten ſinkt die Sonne
hinter die Berggipfel. Helles Glockengeläute vom Thal herauf. — Hänschen
Rilow
und Ernſt Röbel im höchſtgelegenen Rebſtück ſich unter den
überhängenden Felſen im welkenden Graſe wälzend.
Ernſt. — Ich habe mich überarbeitet.
Hänschen. Laß uns nicht traurig ſein. — Schade um
die Minuten.
Ernſt. Man ſieht ſie hängen und kann nicht mehr —
und morgen ſind ſie gekeltert.
Hänschen. Ermüdung iſt mir ſo unerträglich, wie mir's
der Hunger iſt.
Ernſt. Ach, ich kann nicht mehr.
Hänschen. Dieſe leuchtende Muskateller!
Ernſt. Ich bringe die Elaſtizität nicht mehr auf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FRB">
            <p><pb facs="#f0089" n="73"/>
Hände in den Schooß, weil &#x017F;ich doch alles zum Guten gewandt,<lb/>
und da brichts dann herein, daß einem gleich das Herz ber&#x017F;ten<lb/>
möchte. &#x2026; Wa &#x2014; was zitter&#x017F;t du?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEN">
            <speaker><hi rendition="#g">Wendla</hi>.</speaker>
            <p>Es hat geklopft.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRB">
            <speaker><hi rendition="#g">Frau Bergmann</hi>.</speaker>
            <p>Ich habe nichts gehört, liebes Herz. &#x2014;</p><lb/>
            <stage>(Geht an die Thüre und öffnet.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEN">
            <speaker><hi rendition="#g">Wendla</hi>.</speaker>
            <p>Ach, ich hörte es ganz deutlich. &#x2014; &#x2014; Wer i&#x017F;t<lb/>
draußen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRB">
            <speaker><hi rendition="#g">Frau Bergmann</hi>.</speaker>
            <p>&#x2014; Niemand &#x2014; &#x2014; Schmidt's Mutter<lb/>
aus der Garten&#x017F;traße. &#x2014; &#x2014; &#x2014; Sie kommen eben recht, Mutter<lb/>
Schmidtin.</p>
          </sp>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sech&#x017F;te Scene.</hi> </head><lb/>
          <stage>Winzer und Winzerinnen im <hi rendition="#g">Weinberg</hi>. &#x2014; Im We&#x017F;ten &#x017F;inkt die Sonne<lb/>
hinter die Berggipfel. Helles Glockengeläute vom Thal herauf. &#x2014; <hi rendition="#g">Hänschen<lb/>
Rilow</hi> und <hi rendition="#g">Ern&#x017F;t Röbel</hi> im höch&#x017F;tgelegenen Reb&#x017F;tück &#x017F;ich unter den<lb/>
überhängenden Fel&#x017F;en im welkenden Gra&#x017F;e wälzend.</stage><lb/>
          <sp who="#ERN">
            <speaker><hi rendition="#g">Ern&#x017F;t</hi>.</speaker>
            <p>&#x2014; Ich habe mich überarbeitet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HAN">
            <speaker><hi rendition="#g">Hänschen</hi>.</speaker>
            <p>Laß uns nicht traurig &#x017F;ein. &#x2014; Schade um<lb/>
die Minuten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ERN">
            <speaker><hi rendition="#g">Ern&#x017F;t</hi>.</speaker>
            <p>Man &#x017F;ieht &#x017F;ie hängen und kann nicht mehr &#x2014;<lb/>
und morgen &#x017F;ind &#x017F;ie gekeltert.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HAN">
            <speaker><hi rendition="#g">Hänschen</hi>.</speaker>
            <p>Ermüdung i&#x017F;t mir &#x017F;o unerträglich, wie mir's<lb/>
der Hunger i&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ERN">
            <speaker><hi rendition="#g">Ern&#x017F;t</hi>.</speaker>
            <p>Ach, ich kann nicht mehr.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HAN">
            <speaker><hi rendition="#g">Hänschen</hi>.</speaker>
            <p>Die&#x017F;e leuchtende Muskateller!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ERN">
            <speaker><hi rendition="#g">Ern&#x017F;t</hi>.</speaker>
            <p>Ich bringe die Ela&#x017F;tizität nicht mehr auf.</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0089] Hände in den Schooß, weil ſich doch alles zum Guten gewandt, und da brichts dann herein, daß einem gleich das Herz berſten möchte. … Wa — was zitterſt du? Wendla. Es hat geklopft. Frau Bergmann. Ich habe nichts gehört, liebes Herz. — (Geht an die Thüre und öffnet.) Wendla. Ach, ich hörte es ganz deutlich. — — Wer iſt draußen? Frau Bergmann. — Niemand — — Schmidt's Mutter aus der Gartenſtraße. — — — Sie kommen eben recht, Mutter Schmidtin. Sechſte Scene. Winzer und Winzerinnen im Weinberg. — Im Weſten ſinkt die Sonne hinter die Berggipfel. Helles Glockengeläute vom Thal herauf. — Hänschen Rilow und Ernſt Röbel im höchſtgelegenen Rebſtück ſich unter den überhängenden Felſen im welkenden Graſe wälzend. Ernſt. — Ich habe mich überarbeitet. Hänschen. Laß uns nicht traurig ſein. — Schade um die Minuten. Ernſt. Man ſieht ſie hängen und kann nicht mehr — und morgen ſind ſie gekeltert. Hänschen. Ermüdung iſt mir ſo unerträglich, wie mir's der Hunger iſt. Ernſt. Ach, ich kann nicht mehr. Hänschen. Dieſe leuchtende Muskateller! Ernſt. Ich bringe die Elaſtizität nicht mehr auf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/89
Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/89>, abgerufen am 03.12.2024.