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Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891.

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Martha. Hast du dir nicht auch ein himmelblaues Band
durch die Hemdpasse ziehen dürfen?
Thea. Rosa Atlas! Mama behauptet, Rosa stehe mir
bei meinen pechschwarzen Augen.
Martha. Mir stand Blau reizend! -- Mama riß mich
am Zopf zum Bett heraus. So -- fiel ich mit den Händen
vorauf auf die Diele. -- Mama betet Abend für Abend mit uns. ...
Wendla. Ich an deiner Stelle wäre ihnen längst in die
Welt hinausgelaufen.
Martha. ... Da habe man's, worauf ich ausgehe! --
Da habe man's ja! -- Aber sie wolle sehen -- o sie wolle noch
sehen! -- Meiner Mutter wenigstens solle ich einmal keine Vor-
würfe machen können. ...
Thea. Hu -- Hu --
Martha. Kannst du dir denken, Thea, was Mama damit
meinte?
Thea. Ich nicht. -- Du Wendla?
Wendla. Ich hätte sie einfach gefragt.
Martha. Ich lag auf der Erde und schrie und heulte.
Da kommt Papa. Ritsch -- das Hemd herunter. Ich zur Thüre
hinaus. Da habe man's! Ich wolle nun wohl so auf die Straße
hinunter. ...
Wendla. Das ist nicht wahr, Martha.
Martha. Ich fror. Ich schloß auf. Ich habe die ganze
Nacht im Sack schlafen müssen.
Thea. Ich könnte meiner Lebtag in keinem Sack schlafen!
Wendla. Ich möchte ganz gern mal für dich in deinem
Sack schlafen.
Martha. Wenn man nur nicht geschlagen wird!
Martha. Haſt du dir nicht auch ein himmelblaues Band
durch die Hemdpaſſe ziehen dürfen?
Thea. Roſa Atlas! Mama behauptet, Roſa ſtehe mir
bei meinen pechſchwarzen Augen.
Martha. Mir ſtand Blau reizend! — Mama riß mich
am Zopf zum Bett heraus. So — fiel ich mit den Händen
vorauf auf die Diele. — Mama betet Abend für Abend mit uns. ...
Wendla. Ich an deiner Stelle wäre ihnen längſt in die
Welt hinausgelaufen.
Martha. … Da habe man's, worauf ich ausgehe! —
Da habe man's ja! — Aber ſie wolle ſehen — o ſie wolle noch
ſehen! — Meiner Mutter wenigſtens ſolle ich einmal keine Vor-
würfe machen können. ...
Thea. Hu — Hu —
Martha. Kannſt du dir denken, Thea, was Mama damit
meinte?
Thea. Ich nicht. — Du Wendla?
Wendla. Ich hätte ſie einfach gefragt.
Martha. Ich lag auf der Erde und ſchrie und heulte.
Da kommt Papa. Ritſch — das Hemd herunter. Ich zur Thüre
hinaus. Da habe man's! Ich wolle nun wohl ſo auf die Straße
hinunter. ...
Wendla. Das iſt nicht wahr, Martha.
Martha. Ich fror. Ich ſchloß auf. Ich habe die ganze
Nacht im Sack ſchlafen müſſen.
Thea. Ich könnte meiner Lebtag in keinem Sack ſchlafen!
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[12/0028] Martha. Haſt du dir nicht auch ein himmelblaues Band durch die Hemdpaſſe ziehen dürfen? Thea. Roſa Atlas! Mama behauptet, Roſa ſtehe mir bei meinen pechſchwarzen Augen. Martha. Mir ſtand Blau reizend! — Mama riß mich am Zopf zum Bett heraus. So — fiel ich mit den Händen vorauf auf die Diele. — Mama betet Abend für Abend mit uns. ... Wendla. Ich an deiner Stelle wäre ihnen längſt in die Welt hinausgelaufen. Martha. … Da habe man's, worauf ich ausgehe! — Da habe man's ja! — Aber ſie wolle ſehen — o ſie wolle noch ſehen! — Meiner Mutter wenigſtens ſolle ich einmal keine Vor- würfe machen können. ... Thea. Hu — Hu — Martha. Kannſt du dir denken, Thea, was Mama damit meinte? Thea. Ich nicht. — Du Wendla? Wendla. Ich hätte ſie einfach gefragt. Martha. Ich lag auf der Erde und ſchrie und heulte. Da kommt Papa. Ritſch — das Hemd herunter. Ich zur Thüre hinaus. Da habe man's! Ich wolle nun wohl ſo auf die Straße hinunter. ... Wendla. Das iſt nicht wahr, Martha. Martha. Ich fror. Ich ſchloß auf. Ich habe die ganze Nacht im Sack ſchlafen müſſen. Thea. Ich könnte meiner Lebtag in keinem Sack ſchlafen! Wendla. Ich möchte ganz gern mal für dich in deinem Sack ſchlafen. Martha. Wenn man nur nicht geſchlagen wird!

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/28>, abgerufen am 18.12.2024.