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Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891.

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Dritte Scene.
Thea, Wendla und Martha kommen Arm in Arm die
Straße herauf.
Martha. Wie Einem das Wasser in's Schuhwerk dringt!
Wendla. Wie Einem der Wind um die Wangen saust!
Thea. Wie Einem das Herz hämmert!
Wendla. Geh'n wir zur Brücke hinaus! Ilse sagte, der
Fluß führe Sträucher und Bäume. Die Jungens haben ein Floß
auf dem Wasser. Melchi Gabor soll gestern Abend beinah' er-
trunken sein.
Thea. O der kann schwimmen!
Martha. Das will ich meinen, Kind!
Wendla. Wenn er nicht hätte schwimmen können, wäre
er wohl sicher ertrunken!
Thea. Dein Zopf geht auf, Martha; dein Zopf geht auf!
Martha. Puh -- laß ihn aufgehn! Er ärgert mich so
Tag und Nacht. Kurze Haare tragen wie du darf ich nicht, das
Haar offen tragen wie Wendla darf ich nicht, Ponyhaare tragen
darf ich nicht und zu Hause muß ich mir gar die Frisur machen
-- alles der Tanten wegen!
Wendla. Ich bringe morgen eine Scheere mit in die
Religionsstunde. Während du "Wohl dem, der nicht wandelt"
recitirst, werd' ich ihn abschneiden.
Martha. Um Gottes Willen, Wendla! Papa schlägt
mich krumm und Mama sperrt mich drei Nächte in's Kohlenloch.
Wendla. Womit schlägt er dich, Martha?
Martha. Manchmal ist mir, es müßte ihnen doch etwas
abgehen, wenn sie keinen so schlechtgearteten Balg hätten.
Thea. Aber Mädchen!
Dritte Scene.
Thea, Wendla und Martha kommen Arm in Arm die
Straße herauf.
Martha. Wie Einem das Waſſer in's Schuhwerk dringt!
Wendla. Wie Einem der Wind um die Wangen ſauſt!
Thea. Wie Einem das Herz hämmert!
Wendla. Geh'n wir zur Brücke hinaus! Ilſe ſagte, der
Fluß führe Sträucher und Bäume. Die Jungens haben ein Floß
auf dem Waſſer. Melchi Gabor ſoll geſtern Abend beinah' er-
trunken ſein.
Thea. O der kann ſchwimmen!
Martha. Das will ich meinen, Kind!
Wendla. Wenn er nicht hätte ſchwimmen können, wäre
er wohl ſicher ertrunken!
Thea. Dein Zopf geht auf, Martha; dein Zopf geht auf!
Martha. Puh — laß ihn aufgehn! Er ärgert mich ſo
Tag und Nacht. Kurze Haare tragen wie du darf ich nicht, das
Haar offen tragen wie Wendla darf ich nicht, Ponyhaare tragen
darf ich nicht und zu Hauſe muß ich mir gar die Friſur machen
— alles der Tanten wegen!
Wendla. Ich bringe morgen eine Scheere mit in die
Religionsſtunde. Während du „Wohl dem, der nicht wandelt“
recitirſt, werd' ich ihn abſchneiden.
Martha. Um Gottes Willen, Wendla! Papa ſchlägt
mich krumm und Mama ſperrt mich drei Nächte in's Kohlenloch.
Wendla. Womit ſchlägt er dich, Martha?
Martha. Manchmal iſt mir, es müßte ihnen doch etwas
abgehen, wenn ſie keinen ſo ſchlechtgearteten Balg hätten.
Thea. Aber Mädchen!
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[11/0027] Dritte Scene. Thea, Wendla und Martha kommen Arm in Arm die Straße herauf. Martha. Wie Einem das Waſſer in's Schuhwerk dringt! Wendla. Wie Einem der Wind um die Wangen ſauſt! Thea. Wie Einem das Herz hämmert! Wendla. Geh'n wir zur Brücke hinaus! Ilſe ſagte, der Fluß führe Sträucher und Bäume. Die Jungens haben ein Floß auf dem Waſſer. Melchi Gabor ſoll geſtern Abend beinah' er- trunken ſein. Thea. O der kann ſchwimmen! Martha. Das will ich meinen, Kind! Wendla. Wenn er nicht hätte ſchwimmen können, wäre er wohl ſicher ertrunken! Thea. Dein Zopf geht auf, Martha; dein Zopf geht auf! Martha. Puh — laß ihn aufgehn! Er ärgert mich ſo Tag und Nacht. Kurze Haare tragen wie du darf ich nicht, das Haar offen tragen wie Wendla darf ich nicht, Ponyhaare tragen darf ich nicht und zu Hauſe muß ich mir gar die Friſur machen — alles der Tanten wegen! Wendla. Ich bringe morgen eine Scheere mit in die Religionsſtunde. Während du „Wohl dem, der nicht wandelt“ recitirſt, werd' ich ihn abſchneiden. Martha. Um Gottes Willen, Wendla! Papa ſchlägt mich krumm und Mama ſperrt mich drei Nächte in's Kohlenloch. Wendla. Womit ſchlägt er dich, Martha? Martha. Manchmal iſt mir, es müßte ihnen doch etwas abgehen, wenn ſie keinen ſo ſchlechtgearteten Balg hätten. Thea. Aber Mädchen!

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/27>, abgerufen am 21.11.2024.