Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895. Lulu. Ich möchte ein wenig auf die Veranda. Schwarz (ruhiger). Ich bin Künstler. Das muß mich bei dir ent- schuldigen. Lulu (lächelnd). Weswegen? Schwarz. Und du bist auch nie bestrickender, als wenn du um Gottes willen einmal ein paar Stunden recht häßlich sein solltest! Lulu (küßt ihn). Ich werde mir eine Flasche Kupfervitriol übers Gesicht gießen. Schwarz. Ich sperre dir das Köpfchen in eine eiserne Maske, zu der ich den Schlüssel führe. Da kann ich dann aufschließen, wann ich will. Lulu. Und wenn ich dich dann mit eisernen Lippen küsse? Schwarz. Dann ist es aus mit mir. -- Wo soll das hin. -- Ich habe nichts mehr, seit ich dich habe. -- Ich bin mir vollständig abhanden gekommen ... Lulu. Nicht so aufgeregt! Lulu. Ich möchte ein wenig auf die Veranda. Schwarz (ruhiger). Ich bin Künſtler. Das muß mich bei dir ent- ſchuldigen. Lulu (lächelnd). Weswegen? Schwarz. Und du biſt auch nie beſtrickender, als wenn du um Gottes willen einmal ein paar Stunden recht häßlich ſein ſollteſt! Lulu (küßt ihn). Ich werde mir eine Flaſche Kupfervitriol übers Geſicht gießen. Schwarz. Ich ſperre dir das Köpfchen in eine eiſerne Maske, zu der ich den Schlüſſel führe. Da kann ich dann aufſchließen, wann ich will. Lulu. Und wenn ich dich dann mit eiſernen Lippen küſſe? Schwarz. Dann iſt es aus mit mir. — Wo ſoll das hin. — Ich habe nichts mehr, ſeit ich dich habe. — Ich bin mir vollſtändig abhanden gekommen … Lulu. Nicht ſo aufgeregt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0078" n="72"/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich möchte ein wenig auf die Veranda.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz</hi> </speaker> <stage>(ruhiger).</stage><lb/> <p>Ich bin Künſtler. Das muß mich bei dir ent-<lb/> ſchuldigen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu</hi> </speaker> <stage>(lächelnd).</stage><lb/> <p>Weswegen?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Und du biſt auch nie beſtrickender, als wenn du<lb/> um Gottes willen einmal ein paar Stunden recht<lb/> häßlich ſein ſollteſt!</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu</hi> </speaker> <stage>(küßt ihn).</stage><lb/> <p>Ich werde mir eine Flaſche Kupfervitriol übers<lb/> Geſicht gießen.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich ſperre dir das Köpfchen in eine eiſerne<lb/> Maske, zu der ich den Schlüſſel führe. Da kann<lb/> ich dann aufſchließen, wann ich will.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Und wenn ich dich dann mit eiſernen Lippen küſſe?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Dann iſt es aus mit mir. — Wo ſoll das hin.<lb/> — Ich habe nichts mehr, ſeit ich dich habe. — Ich<lb/> bin mir vollſtändig abhanden gekommen …</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Nicht ſo aufgeregt!</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0078]
Lulu.
Ich möchte ein wenig auf die Veranda.
Schwarz (ruhiger).
Ich bin Künſtler. Das muß mich bei dir ent-
ſchuldigen.
Lulu (lächelnd).
Weswegen?
Schwarz.
Und du biſt auch nie beſtrickender, als wenn du
um Gottes willen einmal ein paar Stunden recht
häßlich ſein ſollteſt!
Lulu (küßt ihn).
Ich werde mir eine Flaſche Kupfervitriol übers
Geſicht gießen.
Schwarz.
Ich ſperre dir das Köpfchen in eine eiſerne
Maske, zu der ich den Schlüſſel führe. Da kann
ich dann aufſchließen, wann ich will.
Lulu.
Und wenn ich dich dann mit eiſernen Lippen küſſe?
Schwarz.
Dann iſt es aus mit mir. — Wo ſoll das hin.
— Ich habe nichts mehr, ſeit ich dich habe. — Ich
bin mir vollſtändig abhanden gekommen …
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Zitationshilfe: | Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erdgeist_1895/78>, abgerufen am 16.02.2025. |