Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895.
gehäust, was mir an Glück auszuteilen vergönnt war. Ich habe mich dir überantwortet. Ich habe meine grauen Haare deinem Takt anvertraut. Ich habe dir Hab und Gut verschrieben und nichts ge- fordert, als die Achtung, die meinem Haus jeder Dienstbote zollt. Dein Kredit ist erschöpft. Lulu. Ich kann noch auf Jahre für meine Rechnung einstehen. Schön. Nicht eine Stunde mehr. Die Rechnung ist aus. Dein Konto ist geschlossen. Lulu (von der Treppe nach vorn kommend). Wie gefällt dir mein Kleid? Schön. Weg mit dir, sonst schlägt's mir morgen über den Kopf, und mein Sohn schwimmt in seinem Blute. Lulu (näher tretend). Weg mit mir. Schön. Du bist eine reißende Bestie unter uns groß- geworden. Du packst Seele um Seele bei ihrem Höchsten, um sie Satanas in den Rachen zu jagen. Du haftest mir als unheilbare Seuche an, an der
gehäuſt, was mir an Glück auszuteilen vergönnt war. Ich habe mich dir überantwortet. Ich habe meine grauen Haare deinem Takt anvertraut. Ich habe dir Hab und Gut verſchrieben und nichts ge- fordert, als die Achtung, die meinem Haus jeder Dienſtbote zollt. Dein Kredit iſt erſchöpft. Lulu. Ich kann noch auf Jahre für meine Rechnung einſtehen. Schön. Nicht eine Stunde mehr. Die Rechnung iſt aus. Dein Konto iſt geſchloſſen. Lulu (von der Treppe nach vorn kommend). Wie gefällt dir mein Kleid? Schön. Weg mit dir, ſonſt ſchlägt’s mir morgen über den Kopf, und mein Sohn ſchwimmt in ſeinem Blute. Lulu (näher tretend). Weg mit mir. Schön. Du biſt eine reißende Beſtie unter uns groß- geworden. Du packſt Seele um Seele bei ihrem Höchſten, um ſie Satanas in den Rachen zu jagen. Du hafteſt mir als unheilbare Seuche an, an der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#SCH"> <p><pb facs="#f0207" n="201"/> gehäuſt, was mir an Glück auszuteilen vergönnt<lb/> war. Ich habe mich dir überantwortet. Ich habe<lb/> meine grauen Haare deinem Takt anvertraut. Ich<lb/> habe dir Hab und Gut verſchrieben und nichts ge-<lb/> fordert, als die Achtung, die meinem Haus jeder<lb/> Dienſtbote zollt. Dein Kredit iſt erſchöpft.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich kann noch auf Jahre für meine Rechnung<lb/> einſtehen.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Nicht eine Stunde mehr. Die Rechnung iſt<lb/> aus. Dein Konto iſt geſchloſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu</hi> </speaker> <stage>(von der Treppe nach vorn kommend).</stage><lb/> <p>Wie gefällt dir mein Kleid?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Weg mit dir, ſonſt ſchlägt’s mir morgen über<lb/> den Kopf, und mein Sohn ſchwimmt in ſeinem Blute.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu</hi> </speaker> <stage>(näher tretend).</stage><lb/> <p>Weg mit mir.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Du biſt eine reißende Beſtie unter uns groß-<lb/> geworden. Du packſt Seele um Seele bei ihrem<lb/> Höchſten, um ſie Satanas in den Rachen zu jagen.<lb/> Du hafteſt mir als unheilbare Seuche an, an der<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0207]
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meine grauen Haare deinem Takt anvertraut. Ich
habe dir Hab und Gut verſchrieben und nichts ge-
fordert, als die Achtung, die meinem Haus jeder
Dienſtbote zollt. Dein Kredit iſt erſchöpft.
Lulu.
Ich kann noch auf Jahre für meine Rechnung
einſtehen.
Schön.
Nicht eine Stunde mehr. Die Rechnung iſt
aus. Dein Konto iſt geſchloſſen.
Lulu (von der Treppe nach vorn kommend).
Wie gefällt dir mein Kleid?
Schön.
Weg mit dir, ſonſt ſchlägt’s mir morgen über
den Kopf, und mein Sohn ſchwimmt in ſeinem Blute.
Lulu (näher tretend).
Weg mit mir.
Schön.
Du biſt eine reißende Beſtie unter uns groß-
geworden. Du packſt Seele um Seele bei ihrem
Höchſten, um ſie Satanas in den Rachen zu jagen.
Du hafteſt mir als unheilbare Seuche an, an der
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Zitationshilfe: | Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erdgeist_1895/207>, abgerufen am 27.07.2024. |