Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895.
du ein schönes Menschenkind bist, dann trag' dich wie Andere! Ich weiß nicht, wie und was ich denke. Wenn ich dich höre, denke ich nicht mehr. In acht Tagen bin ich verheiratet. Ich beschwöre dich -- bei dem Engel, der in dir ist -- bei deiner Schönheit -- beschwöre ich dich, komm mir derweil nicht mehr zu Gesicht! Lulu. Ich will meine Thüre verschließen. Schön. Die Tigerin hat sich festgebissen -- sie läßt sich rütteln und schütteln und läßt nicht luck mit den Zähnen! Lulu. Gehen Sie -- gehen Sie! Schön. Prahl' noch mit dir! -- Ich habe, Gott ist mein Zeuge, seit ich mit dem Leben ringe, noch Niemandem so geflucht! Lulu. So sind Sie auch keiner anderen Frau gegen- über! Schön. Ich habe den Widerhaken im Fleisch.
du ein ſchönes Menſchenkind biſt, dann trag’ dich wie Andere! Ich weiß nicht, wie und was ich denke. Wenn ich dich höre, denke ich nicht mehr. In acht Tagen bin ich verheiratet. Ich beſchwöre dich — bei dem Engel, der in dir iſt — bei deiner Schönheit — beſchwöre ich dich, komm mir derweil nicht mehr zu Geſicht! Lulu. Ich will meine Thüre verſchließen. Schön. Die Tigerin hat ſich feſtgebiſſen — ſie läßt ſich rütteln und ſchütteln und läßt nicht luck mit den Zähnen! Lulu. Gehen Sie — gehen Sie! Schön. Prahl’ noch mit dir! — Ich habe, Gott iſt mein Zeuge, ſeit ich mit dem Leben ringe, noch Niemandem ſo geflucht! Lulu. So ſind Sie auch keiner anderen Frau gegen- über! Schön. Ich habe den Widerhaken im Fleiſch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#SCH"> <p><pb facs="#f0168" n="162"/> du ein ſchönes Menſchenkind biſt, dann trag’ dich<lb/> wie Andere! Ich weiß nicht, wie und was ich<lb/> denke. Wenn ich dich höre, denke ich nicht mehr.<lb/> In acht Tagen bin ich verheiratet. Ich beſchwöre<lb/> dich — bei dem Engel, der in dir iſt — bei<lb/> deiner Schönheit — beſchwöre ich dich, komm mir<lb/> derweil nicht mehr zu Geſicht!</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich will meine Thüre verſchließen.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Die Tigerin hat ſich feſtgebiſſen — ſie läßt ſich<lb/> rütteln und ſchütteln und läßt nicht luck mit den<lb/> Zähnen!</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>Gehen Sie — gehen Sie!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Prahl’ noch mit dir! — Ich habe, Gott iſt<lb/> mein Zeuge, ſeit ich mit dem Leben ringe, noch<lb/> Niemandem ſo geflucht!</p> </sp><lb/> <sp who="#LUL"> <speaker> <hi rendition="#b">Lulu.</hi> </speaker><lb/> <p>So ſind Sie auch keiner anderen Frau gegen-<lb/> über!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich habe den Widerhaken im Fleiſch.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0168]
du ein ſchönes Menſchenkind biſt, dann trag’ dich
wie Andere! Ich weiß nicht, wie und was ich
denke. Wenn ich dich höre, denke ich nicht mehr.
In acht Tagen bin ich verheiratet. Ich beſchwöre
dich — bei dem Engel, der in dir iſt — bei
deiner Schönheit — beſchwöre ich dich, komm mir
derweil nicht mehr zu Geſicht!
Lulu.
Ich will meine Thüre verſchließen.
Schön.
Die Tigerin hat ſich feſtgebiſſen — ſie läßt ſich
rütteln und ſchütteln und läßt nicht luck mit den
Zähnen!
Lulu.
Gehen Sie — gehen Sie!
Schön.
Prahl’ noch mit dir! — Ich habe, Gott iſt
mein Zeuge, ſeit ich mit dem Leben ringe, noch
Niemandem ſo geflucht!
Lulu.
So ſind Sie auch keiner anderen Frau gegen-
über!
Schön.
Ich habe den Widerhaken im Fleiſch.
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