Wedekind, Frank: Erdgeist. Paris; Leipzig, 1895. Schwarz. Woher kannte Dr. Goll sie denn? Schön. Durch mich. Es war nach dem Tode meiner Frau, als ich die ersten Beziehungen zu meiner gegenwärtigen Verlobten anknüpfte. Sie stellte sich dazwischen. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, meine Frau zu werden. Schwarz. Und als ihr Mann dann starb? Schön. -- Du hast eine halbe Million geheiratet. Schwarz. Wär' ich geblieben, wo ich war! Wär' ich Hunger gestorben! Schön. Glaubst du denn, ich mache keine Zugeständ- nisse? Wer macht keine Zugeständnisse? Du hast eine halbe Million geheiratet. Du bist heute einer der ersten Künstler. Dazu kommt man nicht ohne Geld. Du bist nicht derjenige, um über sie zu Gericht zu sitzen. Bei einer Herkunft, wie sie Mignon hat, kannst du unmöglich mit den Begriffen der bürgerlichen Gesellschaft rechnen. Schwarz. Woher kannte Dr. Goll ſie denn? Schön. Durch mich. Es war nach dem Tode meiner Frau, als ich die erſten Beziehungen zu meiner gegenwärtigen Verlobten anknüpfte. Sie ſtellte ſich dazwiſchen. Sie hatte ſich in den Kopf geſetzt, meine Frau zu werden. Schwarz. Und als ihr Mann dann ſtarb? Schön. — Du haſt eine halbe Million geheiratet. Schwarz. Wär’ ich geblieben, wo ich war! Wär’ ich Hunger geſtorben! Schön. Glaubſt du denn, ich mache keine Zugeſtänd- niſſe? Wer macht keine Zugeſtändniſſe? Du haſt eine halbe Million geheiratet. Du biſt heute einer der erſten Künſtler. Dazu kommt man nicht ohne Geld. Du biſt nicht derjenige, um über ſie zu Gericht zu ſitzen. Bei einer Herkunft, wie ſie Mignon hat, kannſt du unmöglich mit den Begriffen der bürgerlichen Geſellſchaft rechnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0106" n="100"/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Woher kannte <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Goll ſie denn?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Durch mich. Es war nach dem Tode meiner<lb/> Frau, als ich die erſten Beziehungen zu meiner<lb/> gegenwärtigen Verlobten anknüpfte. Sie ſtellte ſich<lb/> dazwiſchen. Sie hatte ſich in den Kopf geſetzt,<lb/> meine Frau zu werden.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Und als ihr Mann dann ſtarb?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>— Du haſt eine halbe Million geheiratet.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schwarz.</hi> </speaker><lb/> <p>Wär’ ich geblieben, wo ich war! Wär’ ich<lb/> Hunger geſtorben!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schön.</hi> </speaker><lb/> <p>Glaubſt du denn, <hi rendition="#g">ich</hi> mache keine Zugeſtänd-<lb/> niſſe? Wer macht keine Zugeſtändniſſe? Du haſt<lb/> eine halbe Million geheiratet. Du biſt heute einer<lb/> der erſten Künſtler. Dazu kommt man nicht ohne<lb/> Geld. Du biſt nicht derjenige, um über ſie zu<lb/> Gericht zu ſitzen. Bei einer Herkunft, wie ſie<lb/> Mignon hat, kannſt du unmöglich mit den Begriffen<lb/> der bürgerlichen Geſellſchaft rechnen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0106]
Schwarz.
Woher kannte Dr. Goll ſie denn?
Schön.
Durch mich. Es war nach dem Tode meiner
Frau, als ich die erſten Beziehungen zu meiner
gegenwärtigen Verlobten anknüpfte. Sie ſtellte ſich
dazwiſchen. Sie hatte ſich in den Kopf geſetzt,
meine Frau zu werden.
Schwarz.
Und als ihr Mann dann ſtarb?
Schön.
— Du haſt eine halbe Million geheiratet.
Schwarz.
Wär’ ich geblieben, wo ich war! Wär’ ich
Hunger geſtorben!
Schön.
Glaubſt du denn, ich mache keine Zugeſtänd-
niſſe? Wer macht keine Zugeſtändniſſe? Du haſt
eine halbe Million geheiratet. Du biſt heute einer
der erſten Künſtler. Dazu kommt man nicht ohne
Geld. Du biſt nicht derjenige, um über ſie zu
Gericht zu ſitzen. Bei einer Herkunft, wie ſie
Mignon hat, kannſt du unmöglich mit den Begriffen
der bürgerlichen Geſellſchaft rechnen.
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