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Weckherlin, Georg Rodolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte. Amsterdam, 1641.

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Gedichte.
4.
Dem schnell-verlofnen tag/ der der verflossnen nacht
Durch seine flucht must weichen/
Ja des tags viertem thail/ der nächtlichen schiltwacht
Für deinen augen/ Herr/ sich tausent jahr vergleichen.
5.
Gleichwie ein wasserstrom/ mit schneller vngestim
Abfliessend/ sich verlieret:
Gleichwie ein kurtzer traum/ oder ein süsse stim
Ein kleine weil den gaist/ oder das Ohr berühret:
6.
Gleichwie ein frisches graß/ oder ein zarte blum/
So mit dem tag auffgehet/
Wirt/ sich verändrend bald/ ohn krafft/ geruch vnd
ruhm/
Vor abend von dem wind welck vnd dirr hingewehet:
7.
Also wan vnser thun vnd lassen deinen Zorn
Vnd schweren grim erwöcket/
Empfindet vnser hertz alßbald den scharpffen Dorn
Vnd schnellen strahl des tods/ der plötzlich vns auß-
ströcket.
8.
Zwar billich ist dein grim/ gerecht ist dein gericht/
Weil vnsre missethaten
Dir nicht verborgen seind/ weil deinem angesicht
Sich vnsre sünden selbs (wie heimlich auch) verrahten.

9. Da-
F 3
Gedichte.
4.
Dem ſchnell-verlofnen tag/ der der verfloſſnen nacht
Durch ſeine flucht muſt weichen/
Ja des tags viertem thail/ der naͤchtlichē ſchiltwacht
Fuͤr deinē augen/ Herꝛ/ ſich tauſent jahr vergleichen.
5.
Gleichwie ein waſſerſtrom/ mit ſchneller vngeſtim
Abflieſſend/ ſich verlieret:
Gleichwie ein kurtzer traum/ oder ein ſuͤſſe ſtim
Ein kleine weil den gaiſt/ oder das Ohr beruͤhret:
6.
Gleichwie ein friſches graß/ oder ein zarte blum/
So mit dem tag auffgehet/
Wirt/ ſich veraͤndrend bald/ ohn krafft/ geruch vnd
ruhm/
Vor abend von dem wind welck vñ dirꝛ hingewehet:
7.
Alſo wan vnſer thun vnd laſſen deinen Zorn
Vnd ſchweren grim erwoͤcket/
Empfindet vnſer hertz alßbald den ſcharpffen Dorn
Vnd ſchnellen ſtrahl des tods/ der ploͤtzlich vns auß-
ſtroͤcket.
8.
Zwar billich iſt dein grim/ gerecht iſt dein gericht/
Weil vnſre miſſethaten
Dir nicht verborgen ſeind/ weil deinem angeſicht
Sich vnſre ſuͤnden ſelbs (wie heimlich auch) verꝛahtē.

9. Da-
F 3
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[69/0087] Gedichte. 4. Dem ſchnell-verlofnen tag/ der der verfloſſnen nacht Durch ſeine flucht muſt weichen/ Ja des tags viertem thail/ der naͤchtlichē ſchiltwacht Fuͤr deinē augen/ Herꝛ/ ſich tauſent jahr vergleichen. 5. Gleichwie ein waſſerſtrom/ mit ſchneller vngeſtim Abflieſſend/ ſich verlieret: Gleichwie ein kurtzer traum/ oder ein ſuͤſſe ſtim Ein kleine weil den gaiſt/ oder das Ohr beruͤhret: 6. Gleichwie ein friſches graß/ oder ein zarte blum/ So mit dem tag auffgehet/ Wirt/ ſich veraͤndrend bald/ ohn krafft/ geruch vnd ruhm/ Vor abend von dem wind welck vñ dirꝛ hingewehet: 7. Alſo wan vnſer thun vnd laſſen deinen Zorn Vnd ſchweren grim erwoͤcket/ Empfindet vnſer hertz alßbald den ſcharpffen Dorn Vnd ſchnellen ſtrahl des tods/ der ploͤtzlich vns auß- ſtroͤcket. 8. Zwar billich iſt dein grim/ gerecht iſt dein gericht/ Weil vnſre miſſethaten Dir nicht verborgen ſeind/ weil deinem angeſicht Sich vnſre ſuͤnden ſelbs (wie heimlich auch) verꝛahtē. 9. Da- F 3

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Zitationshilfe: Weckherlin, Georg Rodolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte. Amsterdam, 1641, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weckherlin_gedichte_1641/87>, abgerufen am 24.11.2024.