Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919.
lichem Betrieb der Politik gewesen. Wie sich die Ver- Wenn der Journalist als Typus des Berufspolitikers
lichem Betrieb der Politik geweſen. Wie ſich die Ver- Wenn der Journaliſt als Typus des Berufspolitikers <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0029" n="29"/> lichem</hi> Betrieb der Politik geweſen. Wie ſich die Ver-<lb/> hältniſſe weiter geſtalten werden, bleibt abzuwarten. Unter<lb/> allen Umſtänden bleibt aber die journaliſtiſche Laufbahn einer<lb/> der wichtigſten Wege der berufsmäßigen politiſchen Tätigkeit.<lb/> Ein Weg nicht für jedermann. Am wenigſten für ſchwache<lb/> Charaktere, insbeſondere für Menſchen, die nur in einer ge-<lb/> ſicherten ſtändiſchen Lage ihr inneres Gleichgewicht behaupten<lb/> können. Wenn ſchon das Leben des jungen Gelehrten auf<lb/> Haſard geſtellt iſt, ſo ſind doch feſte ſtändiſche Konventionen<lb/> um ihn gebaut und hüten ihn vor Entgleiſung. Das Leben<lb/> des Journaliſten aber iſt in jeder Hinſicht Haſard ſchlechthin,<lb/> und zwar unter Bedingungen, welche die innere Sicherheit in<lb/> einer Art auf die Probe ſtellen wie wohl kaum eine andere<lb/> Situation. Die oft bitteren Erfahrungen im Berufsleben<lb/> ſind vielleicht nicht einmal das Schlimmſte. Gerade an den<lb/> erfolgreichen Journaliſten werden beſonders ſchwierige innere<lb/> Anforderungen geſtellt. Es iſt durchaus keine Kleinigkeit, in<lb/> den Salons der Mächtigen der Erde auf ſcheinbar gleichem<lb/> Fuß, und oft allgemein umſchmeichelt, weil gefürchtet, zu ver-<lb/> kehren und dabei zu wiſſen, daß, wenn man kaum aus der<lb/> Tür iſt, der Hausherr ſich vielleicht wegen ſeines Verkehrs<lb/> mit den „Preſſebengeln“ bei ſeinen Gäſten beſonders recht-<lb/> fertigen muß, – wie es erſt recht keine Kleinigkeit iſt, über<lb/> alles und jedes, was der „Markt“ gerade verlangt, über alle<lb/> denkbaren Probleme des Lebens, ſich prompt und dabei über-<lb/> zeugend äußern zu ſollen, ohne nicht nur der abſoluten Ver-<lb/> flachung, ſondern vor allem der Würdeloſigkeit der Selbſt-<lb/> entblößung und ihren unerbittlichen Folgen zu verfallen.<lb/> Nicht das iſt erſtaunlich, daß es viele menſchlich entgleiſten<lb/> oder entwerteten Journaliſten gibt, ſondern daß trotz allem<lb/> gerade dieſe Schicht eine ſo große Zahl wertvoller und ganz<lb/> echter Menſchen in ſich ſchließt, wie Außenſtehende es nicht<lb/> leicht vermuten.</p><lb/> <p>Wenn der Journaliſt als Typus des Berufspolitikers<lb/> auf eine immerhin ſchon erhebliche Vergangenheit zurückblickt,<lb/> ſo iſt die Figur des <hi rendition="#g">Parteibeamten</hi> eine ſolche, die erſt<lb/> der Entwicklung der letzten Jahrzehnte und, teilweiſe, Jahre<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0029]
lichem Betrieb der Politik geweſen. Wie ſich die Ver-
hältniſſe weiter geſtalten werden, bleibt abzuwarten. Unter
allen Umſtänden bleibt aber die journaliſtiſche Laufbahn einer
der wichtigſten Wege der berufsmäßigen politiſchen Tätigkeit.
Ein Weg nicht für jedermann. Am wenigſten für ſchwache
Charaktere, insbeſondere für Menſchen, die nur in einer ge-
ſicherten ſtändiſchen Lage ihr inneres Gleichgewicht behaupten
können. Wenn ſchon das Leben des jungen Gelehrten auf
Haſard geſtellt iſt, ſo ſind doch feſte ſtändiſche Konventionen
um ihn gebaut und hüten ihn vor Entgleiſung. Das Leben
des Journaliſten aber iſt in jeder Hinſicht Haſard ſchlechthin,
und zwar unter Bedingungen, welche die innere Sicherheit in
einer Art auf die Probe ſtellen wie wohl kaum eine andere
Situation. Die oft bitteren Erfahrungen im Berufsleben
ſind vielleicht nicht einmal das Schlimmſte. Gerade an den
erfolgreichen Journaliſten werden beſonders ſchwierige innere
Anforderungen geſtellt. Es iſt durchaus keine Kleinigkeit, in
den Salons der Mächtigen der Erde auf ſcheinbar gleichem
Fuß, und oft allgemein umſchmeichelt, weil gefürchtet, zu ver-
kehren und dabei zu wiſſen, daß, wenn man kaum aus der
Tür iſt, der Hausherr ſich vielleicht wegen ſeines Verkehrs
mit den „Preſſebengeln“ bei ſeinen Gäſten beſonders recht-
fertigen muß, – wie es erſt recht keine Kleinigkeit iſt, über
alles und jedes, was der „Markt“ gerade verlangt, über alle
denkbaren Probleme des Lebens, ſich prompt und dabei über-
zeugend äußern zu ſollen, ohne nicht nur der abſoluten Ver-
flachung, ſondern vor allem der Würdeloſigkeit der Selbſt-
entblößung und ihren unerbittlichen Folgen zu verfallen.
Nicht das iſt erſtaunlich, daß es viele menſchlich entgleiſten
oder entwerteten Journaliſten gibt, ſondern daß trotz allem
gerade dieſe Schicht eine ſo große Zahl wertvoller und ganz
echter Menſchen in ſich ſchließt, wie Außenſtehende es nicht
leicht vermuten.
Wenn der Journaliſt als Typus des Berufspolitikers
auf eine immerhin ſchon erhebliche Vergangenheit zurückblickt,
ſo iſt die Figur des Parteibeamten eine ſolche, die erſt
der Entwicklung der letzten Jahrzehnte und, teilweiſe, Jahre
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