Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919.ihre ganze Beziehung zur Politik darauf. "Nebenberufliche" ihre ganze Beziehung zur Politik darauf. „Nebenberufliche“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="11"/> ihre ganze Beziehung zur Politik darauf. „Nebenberufliche“<lb/> Politiker ſind heute z. B. alle jene Vertrauensmänner und<lb/> Vorſtände von parteipolitiſchen Vereinen, welche dieſe Tätig-<lb/> keit – wie es durchaus die Regel iſt – nur im Bedarfsfalle<lb/> ausüben und weder materiell noch ideell in <hi rendition="#g">erſter</hi> Linie<lb/> daraus „ihr Leben machen“. Ebenſo jene Mitglieder von Staats-<lb/> räten und ähnlichen Beratungskörperſchaften, die nur auf An-<lb/> fordern in Funktion treten. Ebenſo aber auch ziemlich breite<lb/> Schichten unſerer Parlamentarier, die nur in Zeiten der Seſſion<lb/> Politik treiben. Jn der Vergangenheit finden wir ſolche<lb/> Schichten namentlich unter den Ständen. „Stände“ ſollen<lb/> uns heißen die eigenberechtigten Beſitzer militäriſcher oder für<lb/> die Verwaltung wichtiger ſachlicher Betriebsmittel oder per-<lb/> sönlicher Herrengewalten. Ein großer Teil von ihnen war<lb/> weit davon entfernt, ſein Leben ganz oder auch nur vorzugs-<lb/> weiſe oder mehr als gelegentlich in den Dienſt der Politik zu<lb/> ſtellen. Sie nützten vielmehr ihre Herrenmacht im Jntereſſe<lb/> der Erzielung von Renten oder auch geradezu von Profit und<lb/> wurden politiſch, im Dienſt des politiſchen Verbandes, nur<lb/> tätig, wenn der Herr oder wenn ihre Standesgenoſſen dies<lb/> beſonders verlangten. Nicht anders auch ein Teil jener<lb/> Hilfskräfte, die der Fürſt im Kampf um die Schaffung eines<lb/> politiſchen Eigenbetriebes, der nur ihm zur Verfügung ſtehen<lb/> ſollte, heranzog. Die „Räte von Haus aus“ und, noch weiter<lb/> zurück, ein erheblicher Teil der in der <hi rendition="#aq">„Curia“</hi> und den anderen<lb/> beratenden Körperſchaften der Fürſten zuſammentretenden Rat-<lb/> geber hatten dieſen Charakter. Aber mit dieſen nur gelegent-<lb/> lichen oder nebenberuflichen Hilfskräften kam der Fürſt natürlich<lb/> nicht aus. Er mußte ſich einen Stab von ganz und aus-<lb/> ſchließlich ſeinem Dienſt gewidmeten, alſo <hi rendition="#g">haupt</hi>beruflichen,<lb/> Hilfskräften zu ſchaffen ſuchen. Davon, woher er dieſe nahm,<lb/> hing zum ſehr weſentlichen Teil die Struktur des entſtehenden<lb/> dynaſtiſchen politiſchen Gebildes und nicht nur ſie, ſondern<lb/> das ganze Gepräge der betreffenden Kultur ab. Erſt recht<lb/> in die gleiche Notwendigkeit verſetzt waren diejenigen politiſchen<lb/> Verbände, welche unter völliger Beſeitigung oder weitgehender<lb/> Beſchränkung der Fürſtenmacht ſich als (ſogenannte) „freie“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
ihre ganze Beziehung zur Politik darauf. „Nebenberufliche“
Politiker ſind heute z. B. alle jene Vertrauensmänner und
Vorſtände von parteipolitiſchen Vereinen, welche dieſe Tätig-
keit – wie es durchaus die Regel iſt – nur im Bedarfsfalle
ausüben und weder materiell noch ideell in erſter Linie
daraus „ihr Leben machen“. Ebenſo jene Mitglieder von Staats-
räten und ähnlichen Beratungskörperſchaften, die nur auf An-
fordern in Funktion treten. Ebenſo aber auch ziemlich breite
Schichten unſerer Parlamentarier, die nur in Zeiten der Seſſion
Politik treiben. Jn der Vergangenheit finden wir ſolche
Schichten namentlich unter den Ständen. „Stände“ ſollen
uns heißen die eigenberechtigten Beſitzer militäriſcher oder für
die Verwaltung wichtiger ſachlicher Betriebsmittel oder per-
sönlicher Herrengewalten. Ein großer Teil von ihnen war
weit davon entfernt, ſein Leben ganz oder auch nur vorzugs-
weiſe oder mehr als gelegentlich in den Dienſt der Politik zu
ſtellen. Sie nützten vielmehr ihre Herrenmacht im Jntereſſe
der Erzielung von Renten oder auch geradezu von Profit und
wurden politiſch, im Dienſt des politiſchen Verbandes, nur
tätig, wenn der Herr oder wenn ihre Standesgenoſſen dies
beſonders verlangten. Nicht anders auch ein Teil jener
Hilfskräfte, die der Fürſt im Kampf um die Schaffung eines
politiſchen Eigenbetriebes, der nur ihm zur Verfügung ſtehen
ſollte, heranzog. Die „Räte von Haus aus“ und, noch weiter
zurück, ein erheblicher Teil der in der „Curia“ und den anderen
beratenden Körperſchaften der Fürſten zuſammentretenden Rat-
geber hatten dieſen Charakter. Aber mit dieſen nur gelegent-
lichen oder nebenberuflichen Hilfskräften kam der Fürſt natürlich
nicht aus. Er mußte ſich einen Stab von ganz und aus-
ſchließlich ſeinem Dienſt gewidmeten, alſo hauptberuflichen,
Hilfskräften zu ſchaffen ſuchen. Davon, woher er dieſe nahm,
hing zum ſehr weſentlichen Teil die Struktur des entſtehenden
dynaſtiſchen politiſchen Gebildes und nicht nur ſie, ſondern
das ganze Gepräge der betreffenden Kultur ab. Erſt recht
in die gleiche Notwendigkeit verſetzt waren diejenigen politiſchen
Verbände, welche unter völliger Beſeitigung oder weitgehender
Beſchränkung der Fürſtenmacht ſich als (ſogenannte) „freie“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription.Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Bogensignaturen: übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |