Weber, Max: Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. Freiburg (Breisgau) u. a., 1895.der deutschen Volkswirtschaftspolitik, - auch für die Frage unter an- War es etwa überflüssig, an diese scheinbaren Selbstverständ- der deutſchen Volkswirtſchaftspolitik, – auch für die Frage unter an- War es etwa überflüſſig, an dieſe ſcheinbaren Selbſtverſtänd- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="20"/> der deutſchen Volkswirtſchaftspolitik, – auch für die Frage unter an-<lb/> deren, ob und wieweit der Staat in das Wirtſchaftsleben eingreifen<lb/> oder ob und wenn er vielmehr die ökonomiſchen Kräfte der Nation zu<lb/> eigener freier Entfaltung losbinden und ihre Schranken niederreißen<lb/> ſolle, – im einzelnen Falle das letzte und entſcheidende Votum den<lb/> ökonomiſchen und politiſchen Machtintereſſen unſerer Nation und<lb/> ihres Trägers, des deutſchen Nationalſtaates, zuſtehen ſoll. –</p><lb/> <p>War es etwa überflüſſig, an dieſe ſcheinbaren Selbſtverſtänd-<lb/> lichkeiten zu erinnern? oder doch, daß gerade ein jüngerer Ver-<lb/> treter der ökonomiſchen Wiſſenſchaften daran erinnerte? – Jch<lb/> glaube nicht, denn es ſcheint, daß gerade unſere Generation<lb/> dieſe einfachſten Urteilsgrundlagen nicht ſelten am leichteſten aus<lb/> den Augen verliert. Wir ſind Zeugen, wie ihr Jntereſſe für<lb/> die Fragen, die gerade unſere Wiſſenſchaft bewegen, in unge-<lb/> ahntem Maße wächſt. Auf allen Gebieten finden wir die ökono-<lb/> miſche Betrachtungsweiſe im Vordringen. Sozialpolitik an Stelle<lb/> der Politik, ökonomiſche Machtverhältniſſe an Stelle der Rechts-<lb/> verhältniſſe, Kultur- und Wirtſchaftsgeſchichte an Stelle politiſcher<lb/> Geſchichte treten in den Vordergrund der Betrachtung. Jn her-<lb/> vorragenden Werken unſerer hiſtoriſchen Kollegen finden wir da,<lb/> wo uns früher von den Kriegsthaten unſerer Vorfahren erzählt<lb/> wurde, heute den Unhold des „Mutterrechtes“ ſich in die Breite<lb/> dehnen und die Hunnenſchlacht auf den katalauniſchen Feldern in<lb/> einen Nebenſatz gedrängt. Die Jurisprudenz glaubte das Selbſt-<lb/> gefühl eines unſerer geiſtreichſten Theoretiker als eine „Magd<lb/> der Nationalökonomie“ bezeichnen zu können. Und Eines iſt ja<lb/> wahr: auch in die Jurisprudenz drang die ökonomiſche Form<lb/> der Betrachtung, ſelbſt in ihrem Jntimum, in den Handbüchern<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0026]
der deutſchen Volkswirtſchaftspolitik, – auch für die Frage unter an-
deren, ob und wieweit der Staat in das Wirtſchaftsleben eingreifen
oder ob und wenn er vielmehr die ökonomiſchen Kräfte der Nation zu
eigener freier Entfaltung losbinden und ihre Schranken niederreißen
ſolle, – im einzelnen Falle das letzte und entſcheidende Votum den
ökonomiſchen und politiſchen Machtintereſſen unſerer Nation und
ihres Trägers, des deutſchen Nationalſtaates, zuſtehen ſoll. –
War es etwa überflüſſig, an dieſe ſcheinbaren Selbſtverſtänd-
lichkeiten zu erinnern? oder doch, daß gerade ein jüngerer Ver-
treter der ökonomiſchen Wiſſenſchaften daran erinnerte? – Jch
glaube nicht, denn es ſcheint, daß gerade unſere Generation
dieſe einfachſten Urteilsgrundlagen nicht ſelten am leichteſten aus
den Augen verliert. Wir ſind Zeugen, wie ihr Jntereſſe für
die Fragen, die gerade unſere Wiſſenſchaft bewegen, in unge-
ahntem Maße wächſt. Auf allen Gebieten finden wir die ökono-
miſche Betrachtungsweiſe im Vordringen. Sozialpolitik an Stelle
der Politik, ökonomiſche Machtverhältniſſe an Stelle der Rechts-
verhältniſſe, Kultur- und Wirtſchaftsgeſchichte an Stelle politiſcher
Geſchichte treten in den Vordergrund der Betrachtung. Jn her-
vorragenden Werken unſerer hiſtoriſchen Kollegen finden wir da,
wo uns früher von den Kriegsthaten unſerer Vorfahren erzählt
wurde, heute den Unhold des „Mutterrechtes“ ſich in die Breite
dehnen und die Hunnenſchlacht auf den katalauniſchen Feldern in
einen Nebenſatz gedrängt. Die Jurisprudenz glaubte das Selbſt-
gefühl eines unſerer geiſtreichſten Theoretiker als eine „Magd
der Nationalökonomie“ bezeichnen zu können. Und Eines iſt ja
wahr: auch in die Jurisprudenz drang die ökonomiſche Form
der Betrachtung, ſelbſt in ihrem Jntimum, in den Handbüchern
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