Weber, Max: Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. Freiburg (Breisgau) u. a., 1895.also ist die Tendenz. Um was es sich dabei handelt und wie das Das Polentum im Osten schien in der ersten Hälfte des 1) Z. B. hatten die Gutsbezirke des Kreises Stuhm 1871-1885
einen Bevölkerungsrückgang um 6,7 %, der Anteil der Protestanten alſo iſt die Tendenz. Um was es ſich dabei handelt und wie das Das Polentum im Oſten ſchien in der erſten Hälfte des 1) Z. B. hatten die Gutsbezirke des Kreiſes Stuhm 1871–1885
einen Bevölkerungsrückgang um 6,7 %, der Anteil der Proteſtanten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="7"/> alſo iſt die Tendenz. Um was es ſich dabei handelt und wie das<lb/> zu erklären iſt, wird klar, wenn man ſchließlich auch hier fragt:<lb/> wie ſich die <hi rendition="#g">Nationalitäten</hi> zu dieſen Verſchiebungen verhalten.</p><lb/> <p>Das Polentum im Oſten ſchien in der erſten Hälfte des<lb/> Jahrhunderts langſam und ſtetig zurückgedrängt zu werden, ſeit<lb/> den 60iger Jahren aber iſt es, wie bekannt, ebenſo langſam<lb/> und ſtetig im Vordringen begriffen. Das letztere ergeben für Weſt-<lb/> preußen die Spracherhebungen trotz ihrer mangelhaften Grund-<lb/> lagen doch auf das Deutlichſte. Nun kann die Verſchiebung<lb/> einer Nationalitätengrenze auf zweierlei, grundſätzlich zu ſchei-<lb/> dende, Arten ſich vollziehen. – Einmal ſo, daß nationalen<lb/> Minderheiten im national gemiſchten Gebiet Sprache und Sitte<lb/> der Mehrheit allmählich oktroyiert wird, daß ſie „aufgeſogen“<lb/> werden. Auch dieſe Erſcheinung findet ſich im Oſten: ſie<lb/> vollzieht ſich ſtatiſtiſch nachweisbar an den Deutſchen katholiſcher<lb/> Konfeſſion. Das kirchliche Band iſt hier ſtärker als das<lb/> nationale, Reminiszenzen aus dem Kulturkampf ſpielen mit,<lb/> und der Mangel eines deutſch erzogenen Klerus läßt ſie der<lb/> nationalen Kulturgemeinſchaft verloren gehen. Wichtiger aber und<lb/> für uns intereſſanter iſt die zweite Form der Nationalitätenver-<lb/> ſchiebung: die <hi rendition="#g">ökonomiſche Verdrängung</hi>. – Dieſe liegt<lb/> hier vor. Prüft man die Verſchiebungen des Anteils der Kon-<lb/> feſſionen in den ländlichen Gemeindeeinheiten 1871–1885, ſo zeigt<lb/> ſich: der Abfluß der Gutstagelöhner iſt regelmäßig mit einer rela-<lb/> tiven Abnahme des Proteſtantismus in der Ebene, die Zunahme der<lb/> Dorfbevölkerung auf der Höhe mit einer relativen Zunahme des<lb/> Katholizismus verknüpft<note xml:id="note-0013" next="#note-0014" place="foot" n="1)">Z. B. hatten die Gutsbezirke des Kreiſes Stuhm 1871–1885<lb/> einen Bevölkerungsrückgang um 6,7 %, der Anteil der Proteſtanten</note>. <hi rendition="#g">Es ſind vornehmlich deutſche<lb/></hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0013]
alſo iſt die Tendenz. Um was es ſich dabei handelt und wie das
zu erklären iſt, wird klar, wenn man ſchließlich auch hier fragt:
wie ſich die Nationalitäten zu dieſen Verſchiebungen verhalten.
Das Polentum im Oſten ſchien in der erſten Hälfte des
Jahrhunderts langſam und ſtetig zurückgedrängt zu werden, ſeit
den 60iger Jahren aber iſt es, wie bekannt, ebenſo langſam
und ſtetig im Vordringen begriffen. Das letztere ergeben für Weſt-
preußen die Spracherhebungen trotz ihrer mangelhaften Grund-
lagen doch auf das Deutlichſte. Nun kann die Verſchiebung
einer Nationalitätengrenze auf zweierlei, grundſätzlich zu ſchei-
dende, Arten ſich vollziehen. – Einmal ſo, daß nationalen
Minderheiten im national gemiſchten Gebiet Sprache und Sitte
der Mehrheit allmählich oktroyiert wird, daß ſie „aufgeſogen“
werden. Auch dieſe Erſcheinung findet ſich im Oſten: ſie
vollzieht ſich ſtatiſtiſch nachweisbar an den Deutſchen katholiſcher
Konfeſſion. Das kirchliche Band iſt hier ſtärker als das
nationale, Reminiszenzen aus dem Kulturkampf ſpielen mit,
und der Mangel eines deutſch erzogenen Klerus läßt ſie der
nationalen Kulturgemeinſchaft verloren gehen. Wichtiger aber und
für uns intereſſanter iſt die zweite Form der Nationalitätenver-
ſchiebung: die ökonomiſche Verdrängung. – Dieſe liegt
hier vor. Prüft man die Verſchiebungen des Anteils der Kon-
feſſionen in den ländlichen Gemeindeeinheiten 1871–1885, ſo zeigt
ſich: der Abfluß der Gutstagelöhner iſt regelmäßig mit einer rela-
tiven Abnahme des Proteſtantismus in der Ebene, die Zunahme der
Dorfbevölkerung auf der Höhe mit einer relativen Zunahme des
Katholizismus verknüpft 1). Es ſind vornehmlich deutſche
1) Z. B. hatten die Gutsbezirke des Kreiſes Stuhm 1871–1885
einen Bevölkerungsrückgang um 6,7 %, der Anteil der Proteſtanten
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