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Sigismundus Freyberger [i. e. Wartmann, Sigismund Friedrich]: Germania Pertubata et Restaurata: Das ist [...] Theologo-Historica Politische Discursus, Vom Zustand deß gantzen Römischen Reichs. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1650.

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GERMANIAE PERTVRBATAE
Rew ankommen/ daß er sich in das Mönchsgezänck gelegt/ vnnd
selbst partheylich gemacht/ da er vielmehr sollen zusehen/ sich Neu-
tral/ wie ein Richter vnd Schiedsmann halten/ biß das Geräusch
fürüber gewesen. Aber die Verbitterung vberlieff Luthern erst
recht/ da er vernahm/ wie jhn der Bapst in den geistlichen Bann ge-
gethan hätte.

Es ist ein vhralter Gebrauch der römischen Kirchen/ daß
man wider alle Rebellen vnnd Widerspenstige/ das erschreckliche
Decret der Excommunication Jährlich am grünen Donners-
tag vor Ostern verlieset/ wann/ nämlich/ der Bapst/ nach gehalte-
ner Meß/ in seinen Pontifical-Kleydern zu S. Peters Kirch/ auff
eine Galerey/ gegen dem Platz steiget/ auff welchem sich vnendlich
viel Volcks/ von allerhand Nationen befindet. Daselbst lesen
zwar die beampte/ so dem Bapst an der Seiten stehen/ die Bullam
de Coena Domini,
auff Lateinisch vnd Jtalianisch. Es werden
aber in derselbigen erzehlet/ der jenigen Ketzer Namen/ so vorlängst
von der Kirchen abgeschnitten/ vnnd alsdann auffs newe/ mit ge-
wissen Ceremonien vnnd Worten vom Bapst verdampt werden/
in dem er sonderlich ein brennende Fackel/ zum Zeichen deß Banns/
auff die Erden wirfft/ vnd diß ist die allerschärpffste Straff in dem
Bapsthumb. Man pflegt alsdann/ zur Bedeutung der künff-
tigen Finsternüß/ welche den Excommunicierten fürbereitet ist/ die
Liechter außzuleschen: Dann durch das Fewer die Vnsterblich-
keit der Seelen/ welche im Himmel leben/ bedeutet wird; oder auch
vnser lebendiger Glaub vorgebildet. Dannenhero pfleget man
vor Zeiten bey hellem Tage zwo brennende Fackeln den Bischof-
fen vorzutragen; anch gibt man den Sterbenden ein Kertzlein in
die Hand. Darumb werden diese Liechter in dergleichen Ceremo-
nien außgelescht/ weil der Vngehorsamen Glaub tod/ vnd die Kir-
che deßwegen trawrig ist.

Es hat zwar die Christliche Kirch von dergleichen Ceremo-
nien Anfangs in der Apostolischen Kirchen nichts gewüst/ auch
nur das Schwerd deß Keysers gebraucht; weil aber die Welt all-

gemach

GERMANIÆ PERTVRBATÆ
Rew ankommen/ daß er ſich in das Moͤnchsgezaͤnck gelegt/ vnnd
ſelbſt partheylich gemacht/ da er vielmehr ſollen zuſehen/ ſich Neu-
tral/ wie ein Richter vnd Schiedsmann halten/ biß das Geraͤuſch
fuͤruͤber geweſen. Aber die Verbitterung vberlieff Luthern erſt
recht/ da er vernahm/ wie jhn der Bapſt in den geiſtlichen Bann ge-
gethan haͤtte.

Es iſt ein vhralter Gebrauch der roͤmiſchen Kirchen/ daß
man wider alle Rebellen vnnd Widerſpenſtige/ das erſchreckliche
Decret der Excommunication Jaͤhrlich am gruͤnen Donners-
tag vor Oſtern verlieſet/ wann/ naͤmlich/ der Bapſt/ nach gehalte-
ner Meß/ in ſeinen Pontifical-Kleydern zu S. Peters Kirch/ auff
eine Galerey/ gegen dem Platz ſteiget/ auff welchem ſich vnendlich
viel Volcks/ von allerhand Nationen befindet. Daſelbſt leſen
zwar die beampte/ ſo dem Bapſt an der Seiten ſtehen/ die Bullam
de Cœna Domini,
auff Lateiniſch vnd Jtalianiſch. Es werden
aber in derſelbigen erzehlet/ der jenigen Ketzer Namen/ ſo vorlaͤngſt
von der Kirchen abgeſchnitten/ vnnd alsdann auffs newe/ mit ge-
wiſſen Ceremonien vnnd Worten vom Bapſt verdampt werden/
in dem er ſonderlich ein brennende Fackel/ zum Zeichen deß Banns/
auff die Erden wirfft/ vnd diß iſt die allerſchaͤrpffſte Straff in dem
Bapſthumb. Man pflegt alsdann/ zur Bedeutung der kuͤnff-
tigen Finſternuͤß/ welche den Excommunicierten fuͤrbereitet iſt/ die
Liechter außzuleſchen: Dann durch das Fewer die Vnſterblich-
keit der Seelen/ welche im Himmel leben/ bedeutet wird; oder auch
vnſer lebendiger Glaub vorgebildet. Dannenhero pfleget man
vor Zeiten bey hellem Tage zwo brennende Fackeln den Biſchof-
fen vorzutragen; anch gibt man den Sterbenden ein Kertzlein in
die Hand. Darumb werden dieſe Liechter in dergleichen Ceremo-
nien außgeleſcht/ weil der Vngehorſamen Glaub tod/ vnd die Kir-
che deßwegen trawrig iſt.

Es hat zwar die Chriſtliche Kirch von dergleichen Ceremo-
nien Anfangs in der Apoſtoliſchen Kirchen nichts gewuͤſt/ auch
nur das Schwerd deß Keyſers gebraucht; weil aber die Welt all-

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[202/0210] GERMANIÆ PERTVRBATÆ Rew ankommen/ daß er ſich in das Moͤnchsgezaͤnck gelegt/ vnnd ſelbſt partheylich gemacht/ da er vielmehr ſollen zuſehen/ ſich Neu- tral/ wie ein Richter vnd Schiedsmann halten/ biß das Geraͤuſch fuͤruͤber geweſen. Aber die Verbitterung vberlieff Luthern erſt recht/ da er vernahm/ wie jhn der Bapſt in den geiſtlichen Bann ge- gethan haͤtte. Es iſt ein vhralter Gebrauch der roͤmiſchen Kirchen/ daß man wider alle Rebellen vnnd Widerſpenſtige/ das erſchreckliche Decret der Excommunication Jaͤhrlich am gruͤnen Donners- tag vor Oſtern verlieſet/ wann/ naͤmlich/ der Bapſt/ nach gehalte- ner Meß/ in ſeinen Pontifical-Kleydern zu S. Peters Kirch/ auff eine Galerey/ gegen dem Platz ſteiget/ auff welchem ſich vnendlich viel Volcks/ von allerhand Nationen befindet. Daſelbſt leſen zwar die beampte/ ſo dem Bapſt an der Seiten ſtehen/ die Bullam de Cœna Domini, auff Lateiniſch vnd Jtalianiſch. Es werden aber in derſelbigen erzehlet/ der jenigen Ketzer Namen/ ſo vorlaͤngſt von der Kirchen abgeſchnitten/ vnnd alsdann auffs newe/ mit ge- wiſſen Ceremonien vnnd Worten vom Bapſt verdampt werden/ in dem er ſonderlich ein brennende Fackel/ zum Zeichen deß Banns/ auff die Erden wirfft/ vnd diß iſt die allerſchaͤrpffſte Straff in dem Bapſthumb. Man pflegt alsdann/ zur Bedeutung der kuͤnff- tigen Finſternuͤß/ welche den Excommunicierten fuͤrbereitet iſt/ die Liechter außzuleſchen: Dann durch das Fewer die Vnſterblich- keit der Seelen/ welche im Himmel leben/ bedeutet wird; oder auch vnſer lebendiger Glaub vorgebildet. Dannenhero pfleget man vor Zeiten bey hellem Tage zwo brennende Fackeln den Biſchof- fen vorzutragen; anch gibt man den Sterbenden ein Kertzlein in die Hand. Darumb werden dieſe Liechter in dergleichen Ceremo- nien außgeleſcht/ weil der Vngehorſamen Glaub tod/ vnd die Kir- che deßwegen trawrig iſt. Es hat zwar die Chriſtliche Kirch von dergleichen Ceremo- nien Anfangs in der Apoſtoliſchen Kirchen nichts gewuͤſt/ auch nur das Schwerd deß Keyſers gebraucht; weil aber die Welt all- gemach

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Zitationshilfe: Sigismundus Freyberger [i. e. Wartmann, Sigismund Friedrich]: Germania Pertubata et Restaurata: Das ist [...] Theologo-Historica Politische Discursus, Vom Zustand deß gantzen Römischen Reichs. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1650, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania01_1650/210>, abgerufen am 28.11.2024.