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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Die Construktion der Kreuzgewölbe.
gegebenen Formbildung. Damit die Kappe ein sicheres Auflager
erhalte, werden die Rippen gefalzt. Die Anordnung in Fig. 444 ist
für kleine Gewölbe brauchbar, während Fig. 445 C keine Nachahmung
verdient.

Im Scheitel vereinigen sich die Diagonalrippen an einem beson-
ders bearbeiteten Schlußstein (Fig. 446), der vielfach mit einer herab-
hängenden Blume verziert oder auch ringförmig und hohl gestaltet
wird.

Am Fuße setzen sich die Rippen meistens auf Säulenkapitäle oder
Kragsteine, und werden, da sie dicht nebeneinander stehen, aus einem
einzigen Werksteine hergestellt (Fig. 447).

Kleinen, in Ziegeln ausgeführten Rippen-
gewölben giebt man auch häufig Formstein-
rippen, welche aus einzelnen Formsteinen im
Verbande zusammengesetzt werden (Fig. 448 a b).

Die Einwölbung mit nach unten vortreten-
den Rippen findet besonders bei größeren Ge-
wölben Anwendung; sie ist auch die einfachste,
da im Grat eine Verbindung der Kappen
nicht stattfindet, und gewährt den Vortheil,
daß für die tragenden Rippen ein festeres

[Abbildung] Fig. 448.
Material, für den getragenen Kappen ein leichteres Material ver-
wendet werden kann.

Durch die Rippenconstruktion werden die Bogenlinien vollständig
unabhängig von einander und findet zunächst eine bedeutende Stechung
(Ueberhöhung) des Durchschnittspunktes der Scheitellinien statt, welche
Anordnung indessen auch ohne vortretende Rippen möglich ist. In
den gothischen Kirchen besteht die Ueberhöhung oft 1/3 der Diagonale.

Die Einwölbung geschieht ohne Schalung; es genügt ein Grat-
bogenlehrbogen; beim Wölben darf man die Steine nur mit der
Hand andrücken, da durch Schlagen mit dem Hammer die anderen
Schichten sich leicht ablösen. Alle Kappen werden gleichzeitig von
unten herauf gewölbt. Sehr lange Rippen soll man bis zur voll-
ständigen Einwölbung der Kappen durch Querbögen oder Absteifungen
gegen seitliches Verschieben sichern.

c) Die Verwendung der Kreuzgewölbe findet in allen
Räumen von beliebiger Grundform statt; bald hält man sie zweck-
mäßig in Kelleranlagen, bald eignen sie sich zur Ueberdeckung von

Die Conſtruktion der Kreuzgewölbe.
gegebenen Formbildung. Damit die Kappe ein ſicheres Auflager
erhalte, werden die Rippen gefalzt. Die Anordnung in Fig. 444 iſt
für kleine Gewölbe brauchbar, während Fig. 445 C keine Nachahmung
verdient.

Im Scheitel vereinigen ſich die Diagonalrippen an einem beſon-
ders bearbeiteten Schlußſtein (Fig. 446), der vielfach mit einer herab-
hängenden Blume verziert oder auch ringförmig und hohl geſtaltet
wird.

Am Fuße ſetzen ſich die Rippen meiſtens auf Säulenkapitäle oder
Kragſteine, und werden, da ſie dicht nebeneinander ſtehen, aus einem
einzigen Werkſteine hergeſtellt (Fig. 447).

Kleinen, in Ziegeln ausgeführten Rippen-
gewölben giebt man auch häufig Formſtein-
rippen, welche aus einzelnen Formſteinen im
Verbande zuſammengeſetzt werden (Fig. 448 a b).

Die Einwölbung mit nach unten vortreten-
den Rippen findet beſonders bei größeren Ge-
wölben Anwendung; ſie iſt auch die einfachſte,
da im Grat eine Verbindung der Kappen
nicht ſtattfindet, und gewährt den Vortheil,
daß für die tragenden Rippen ein feſteres

[Abbildung] Fig. 448.
Material, für den getragenen Kappen ein leichteres Material ver-
wendet werden kann.

Durch die Rippenconſtruktion werden die Bogenlinien vollſtändig
unabhängig von einander und findet zunächſt eine bedeutende Stechung
(Ueberhöhung) des Durchſchnittspunktes der Scheitellinien ſtatt, welche
Anordnung indeſſen auch ohne vortretende Rippen möglich iſt. In
den gothiſchen Kirchen beſteht die Ueberhöhung oft ⅓ der Diagonale.

Die Einwölbung geſchieht ohne Schalung; es genügt ein Grat-
bogenlehrbogen; beim Wölben darf man die Steine nur mit der
Hand andrücken, da durch Schlagen mit dem Hammer die anderen
Schichten ſich leicht ablöſen. Alle Kappen werden gleichzeitig von
unten herauf gewölbt. Sehr lange Rippen ſoll man bis zur voll-
ſtändigen Einwölbung der Kappen durch Querbögen oder Abſteifungen
gegen ſeitliches Verſchieben ſichern.

c) Die Verwendung der Kreuzgewölbe findet in allen
Räumen von beliebiger Grundform ſtatt; bald hält man ſie zweck-
mäßig in Kelleranlagen, bald eignen ſie ſich zur Ueberdeckung von

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[431/0447] Die Conſtruktion der Kreuzgewölbe. gegebenen Formbildung. Damit die Kappe ein ſicheres Auflager erhalte, werden die Rippen gefalzt. Die Anordnung in Fig. 444 iſt für kleine Gewölbe brauchbar, während Fig. 445 C keine Nachahmung verdient. Im Scheitel vereinigen ſich die Diagonalrippen an einem beſon- ders bearbeiteten Schlußſtein (Fig. 446), der vielfach mit einer herab- hängenden Blume verziert oder auch ringförmig und hohl geſtaltet wird. Am Fuße ſetzen ſich die Rippen meiſtens auf Säulenkapitäle oder Kragſteine, und werden, da ſie dicht nebeneinander ſtehen, aus einem einzigen Werkſteine hergeſtellt (Fig. 447). Kleinen, in Ziegeln ausgeführten Rippen- gewölben giebt man auch häufig Formſtein- rippen, welche aus einzelnen Formſteinen im Verbande zuſammengeſetzt werden (Fig. 448 a b). Die Einwölbung mit nach unten vortreten- den Rippen findet beſonders bei größeren Ge- wölben Anwendung; ſie iſt auch die einfachſte, da im Grat eine Verbindung der Kappen nicht ſtattfindet, und gewährt den Vortheil, daß für die tragenden Rippen ein feſteres [Abbildung Fig. 448.] Material, für den getragenen Kappen ein leichteres Material ver- wendet werden kann. Durch die Rippenconſtruktion werden die Bogenlinien vollſtändig unabhängig von einander und findet zunächſt eine bedeutende Stechung (Ueberhöhung) des Durchſchnittspunktes der Scheitellinien ſtatt, welche Anordnung indeſſen auch ohne vortretende Rippen möglich iſt. In den gothiſchen Kirchen beſteht die Ueberhöhung oft ⅓ der Diagonale. Die Einwölbung geſchieht ohne Schalung; es genügt ein Grat- bogenlehrbogen; beim Wölben darf man die Steine nur mit der Hand andrücken, da durch Schlagen mit dem Hammer die anderen Schichten ſich leicht ablöſen. Alle Kappen werden gleichzeitig von unten herauf gewölbt. Sehr lange Rippen ſoll man bis zur voll- ſtändigen Einwölbung der Kappen durch Querbögen oder Abſteifungen gegen ſeitliches Verſchieben ſichern. c) Die Verwendung der Kreuzgewölbe findet in allen Räumen von beliebiger Grundform ſtatt; bald hält man ſie zweck- mäßig in Kelleranlagen, bald eignen ſie ſich zur Ueberdeckung von

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/447>, abgerufen am 22.11.2024.