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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
der Grat immer höher, bis zur Hälfte, aus der äußeren Leibung des
Gewölbes sich emporhebt, und eine stets steilere Widerlagsfläche an-
nimmt, und diese wird bei der Annahme eines sehr hohen Stiches
endlich eine Neigung annehmen, wie dies am Schlußsteine eines Spitz-
bogens der Fall ist; der Normalschnitt in g' h' macht dies klar. Nur
durch eine Reihe von richtig entwickelten Gratnormalschnitten läßt
sich ein Kreuzgewölbe absolut richtig darstellen. Während in Fig. 3
auf Blatt 4 auf der rechten Seite eine Reihe von Normalschnitten
entwickelt wurden, ist auf der linken Seite der Diagonalgrat so ge-
zeichnet, als ob die sich an ihn anschmiegenden Gewölbeschichten
fortgeschnitten gedacht sind, so daß die Form des Grates allein übrig
bleibt und wobei die schraffirte Fläche den Schnitt darstellt zwischen
Grat und Gewölbe. In dieser Darstellung ist nun deutlich zu er-
kennen, wie sich der Diagonalgrat in jeder Schicht ändern muß, um
stets die im veränderten Winkel sich an ihn anlehnenden Gewölbe-
schichten normal als Widerlager aufnehmen zu können. Aus dieser
Entwickelung geht hervor, wie schwierig es ist, ein Kreuzgewölbe im
Rundbogen streng richtig zu construiren, da die einzelnen Steine des
Diagonalgratbogens alle in ihrer Form von einander abweichen. Bei
Annahme des Spitzbogens für diese Construktion fielen aber die beim
rundbogigen Kreuzgewölbe entwickelten Schwierigkeiten fort, weil der
Diagonalgratbogen ebenfalls spitzbogig wird und, aus einem Centrum
construirt, es ermöglicht, ihn aus lauter gleichen Bogensteinen aus-
zuführen. Nach der Entwickelung der richtigen Form der Diagonal-
grate lassen sich dieselben nun auch genau in die Horizontalprojection
übertragen, wie dies auf Blatt 4 Fig. 3 geschehen ist. Ferner lassen
sich dann auch die Durchschnitte I -- II und III -- IV in Fig. 1 und 2
auf Blatt 5 ermitteln.

Im Durchschnitte nach I -- II ist i k die steigende Axe des Ge-
wölbetheils E, und k m der spitzbogenartig aufsteigende elliptische
Grat, und dieser läßt sich am einfachsten bestimmen, indem man die
Längen von n, o, p, q, r und s von der Kämpferlinie l k aufwärts
abträgt. Im Durchschnitte III -- IV ergiebt sich der Punkt t des
Diagonalbogens durch eine vertical gezogene Hilfslinie t' t', während
sich die Höhen von u und v in u' und v' Fig. 3 auf Blatt 4 finden
lassen; der Schnitt t v des Gewölbetheiles G durchdringt den Ge-
wölbemantel in gerader Linie, und entspricht hier in seiner Gewölbe-
schnittstärke der Höhe von w' w'', wie dies die Hilfsfigur 3 auf Blatt 5

Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
der Grat immer höher, bis zur Hälfte, aus der äußeren Leibung des
Gewölbes ſich emporhebt, und eine ſtets ſteilere Widerlagsfläche an-
nimmt, und dieſe wird bei der Annahme eines ſehr hohen Stiches
endlich eine Neigung annehmen, wie dies am Schlußſteine eines Spitz-
bogens der Fall iſt; der Normalſchnitt in g' h' macht dies klar. Nur
durch eine Reihe von richtig entwickelten Gratnormalſchnitten läßt
ſich ein Kreuzgewölbe abſolut richtig darſtellen. Während in Fig. 3
auf Blatt 4 auf der rechten Seite eine Reihe von Normalſchnitten
entwickelt wurden, iſt auf der linken Seite der Diagonalgrat ſo ge-
zeichnet, als ob die ſich an ihn anſchmiegenden Gewölbeſchichten
fortgeſchnitten gedacht ſind, ſo daß die Form des Grates allein übrig
bleibt und wobei die ſchraffirte Fläche den Schnitt darſtellt zwiſchen
Grat und Gewölbe. In dieſer Darſtellung iſt nun deutlich zu er-
kennen, wie ſich der Diagonalgrat in jeder Schicht ändern muß, um
ſtets die im veränderten Winkel ſich an ihn anlehnenden Gewölbe-
ſchichten normal als Widerlager aufnehmen zu können. Aus dieſer
Entwickelung geht hervor, wie ſchwierig es iſt, ein Kreuzgewölbe im
Rundbogen ſtreng richtig zu conſtruiren, da die einzelnen Steine des
Diagonalgratbogens alle in ihrer Form von einander abweichen. Bei
Annahme des Spitzbogens für dieſe Conſtruktion fielen aber die beim
rundbogigen Kreuzgewölbe entwickelten Schwierigkeiten fort, weil der
Diagonalgratbogen ebenfalls ſpitzbogig wird und, aus einem Centrum
conſtruirt, es ermöglicht, ihn aus lauter gleichen Bogenſteinen aus-
zuführen. Nach der Entwickelung der richtigen Form der Diagonal-
grate laſſen ſich dieſelben nun auch genau in die Horizontalprojection
übertragen, wie dies auf Blatt 4 Fig. 3 geſchehen iſt. Ferner laſſen
ſich dann auch die Durchſchnitte I — II und III — IV in Fig. 1 und 2
auf Blatt 5 ermitteln.

Im Durchſchnitte nach I — II iſt i k die ſteigende Axe des Ge-
wölbetheils E, und k m der ſpitzbogenartig aufſteigende elliptiſche
Grat, und dieſer läßt ſich am einfachſten beſtimmen, indem man die
Längen von n, o, p, q, r und s von der Kämpferlinie l k aufwärts
abträgt. Im Durchſchnitte III — IV ergiebt ſich der Punkt t des
Diagonalbogens durch eine vertical gezogene Hilfslinie t' t', während
ſich die Höhen von u und v in u' und v' Fig. 3 auf Blatt 4 finden
laſſen; der Schnitt t v des Gewölbetheiles G durchdringt den Ge-
wölbemantel in gerader Linie, und entſpricht hier in ſeiner Gewölbe-
ſchnittſtärke der Höhe von w' w'', wie dies die Hilfsfigur 3 auf Blatt 5

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[416/0432] Zweites Kapitel. Die Gewölbe. der Grat immer höher, bis zur Hälfte, aus der äußeren Leibung des Gewölbes ſich emporhebt, und eine ſtets ſteilere Widerlagsfläche an- nimmt, und dieſe wird bei der Annahme eines ſehr hohen Stiches endlich eine Neigung annehmen, wie dies am Schlußſteine eines Spitz- bogens der Fall iſt; der Normalſchnitt in g' h' macht dies klar. Nur durch eine Reihe von richtig entwickelten Gratnormalſchnitten läßt ſich ein Kreuzgewölbe abſolut richtig darſtellen. Während in Fig. 3 auf Blatt 4 auf der rechten Seite eine Reihe von Normalſchnitten entwickelt wurden, iſt auf der linken Seite der Diagonalgrat ſo ge- zeichnet, als ob die ſich an ihn anſchmiegenden Gewölbeſchichten fortgeſchnitten gedacht ſind, ſo daß die Form des Grates allein übrig bleibt und wobei die ſchraffirte Fläche den Schnitt darſtellt zwiſchen Grat und Gewölbe. In dieſer Darſtellung iſt nun deutlich zu er- kennen, wie ſich der Diagonalgrat in jeder Schicht ändern muß, um ſtets die im veränderten Winkel ſich an ihn anlehnenden Gewölbe- ſchichten normal als Widerlager aufnehmen zu können. Aus dieſer Entwickelung geht hervor, wie ſchwierig es iſt, ein Kreuzgewölbe im Rundbogen ſtreng richtig zu conſtruiren, da die einzelnen Steine des Diagonalgratbogens alle in ihrer Form von einander abweichen. Bei Annahme des Spitzbogens für dieſe Conſtruktion fielen aber die beim rundbogigen Kreuzgewölbe entwickelten Schwierigkeiten fort, weil der Diagonalgratbogen ebenfalls ſpitzbogig wird und, aus einem Centrum conſtruirt, es ermöglicht, ihn aus lauter gleichen Bogenſteinen aus- zuführen. Nach der Entwickelung der richtigen Form der Diagonal- grate laſſen ſich dieſelben nun auch genau in die Horizontalprojection übertragen, wie dies auf Blatt 4 Fig. 3 geſchehen iſt. Ferner laſſen ſich dann auch die Durchſchnitte I — II und III — IV in Fig. 1 und 2 auf Blatt 5 ermitteln. Im Durchſchnitte nach I — II iſt i k die ſteigende Axe des Ge- wölbetheils E, und k m der ſpitzbogenartig aufſteigende elliptiſche Grat, und dieſer läßt ſich am einfachſten beſtimmen, indem man die Längen von n, o, p, q, r und s von der Kämpferlinie l k aufwärts abträgt. Im Durchſchnitte III — IV ergiebt ſich der Punkt t des Diagonalbogens durch eine vertical gezogene Hilfslinie t' t', während ſich die Höhen von u und v in u' und v' Fig. 3 auf Blatt 4 finden laſſen; der Schnitt t v des Gewölbetheiles G durchdringt den Ge- wölbemantel in gerader Linie, und entſpricht hier in ſeiner Gewölbe- ſchnittſtärke der Höhe von w' w'', wie dies die Hilfsfigur 3 auf Blatt 5

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/432>, abgerufen am 22.11.2024.