Hohe Wände mit Pultdächern, welche frei stehen, müssen bei Stuhlwänden 1 Stein stark, fehlen letztere, so daß die Wand ganz massiv ist, durchweg 11/2 -- 2 Stein stark sein. Nichtfrei- stehende Pultdächer werden wie Grenzgiebel betrachtet.
Die Seiten- oder Giebelmauern kann man, da sie keine Be- lastung durch die Balkenlagen etc. erhalten, 1/2 Stein schwächer anlegen, als die Frontmauern; auch können mehrere Etagen gleiche Stärke bekommen. Im Dachboden ordnet man meistens 11/2 Stein starke Giebelmauern an; bei großer Länge werden sie mit Vorlagen ver- stärkt; falls die Gesimse aber weit ausladen, haben die Giebelwände im Dachboden dieselbe Stärke, wie die Seiten-Drempelwände.
Unter 1 Stein nimmt man freistehende Giebel, der durchschla- genden Feuchtigkeit wegen, nie an.
Giebelmauern, welche Walme tragen, sind wie Frontmauern zu behandeln.
Gemeinschaftliche Giebelmauern (solche, welche bei zwei anein- ander stehenden Gebäuden die Scheidewand bilden) erhalten 1 Stein zur Stärke.
Scheidemauern bekommen, falls sie unbelastet bleiben, durch mehrere Stockwerke nur 1 Stein zur Stärke; nur bei hohen Sälen, Treppenhäusern etc. ist eine entsprechende größere Stärke nöthig.
Häufig ersetzt man die massiven Scheidemauern durch eine Fach- werkswand. In Berlin erhalten die Scheidemauern, wenn sie nicht über 6m lang sind und mit guten Ziegeln in verlängertem Cement- mörtel bei guter Verankerung ausgeführt werden, bei 3 Stockwerk hohen Gebäuden in sämmtlichen Stockwerken eine Stärke von 1/2 Stein. Für die Thüröffnungen, welche man gewöhnlich übereinander anlegt, fügt man je zwei Stiele ein, die von Geschoß zu Geschoß reichen (Hirnholz auf Hirnholz) und von den Balken der Geschosse zangen- artig umfaßt und gehalten werden.
Auch den Mittelwänden muß man eine hinreichende Stärke geben, da auf ihnen die sämmtlichen Balken ruhen; besonders eignet sich die Mittelwand vermöge ihrer Stärke zur Aufnahme von Schorn- stein- und Ventilationsröhren. Beim Vorhandensein einer Mittel- wand erhält letztere dieselbe Stärke wie die Umfangsmauer; die ge- ringste Stärke ist im Erdgeschoß 1/2 Stein schwächer, als die der Umfangsmauer. Sind zwei Mittelmauern vorhanden, so kann eine jede derselben durch alle Stockwerke 11/2 Stein zur Stärke erhalten;
Erſtes Kapitel. Die Stärke der Mauern.
Hohe Wände mit Pultdächern, welche frei ſtehen, müſſen bei Stuhlwänden 1 Stein ſtark, fehlen letztere, ſo daß die Wand ganz maſſiv iſt, durchweg 1½ — 2 Stein ſtark ſein. Nichtfrei- ſtehende Pultdächer werden wie Grenzgiebel betrachtet.
Die Seiten- oder Giebelmauern kann man, da ſie keine Be- laſtung durch die Balkenlagen ꝛc. erhalten, ½ Stein ſchwächer anlegen, als die Frontmauern; auch können mehrere Etagen gleiche Stärke bekommen. Im Dachboden ordnet man meiſtens 1½ Stein ſtarke Giebelmauern an; bei großer Länge werden ſie mit Vorlagen ver- ſtärkt; falls die Geſimſe aber weit ausladen, haben die Giebelwände im Dachboden dieſelbe Stärke, wie die Seiten-Drempelwände.
Unter 1 Stein nimmt man freiſtehende Giebel, der durchſchla- genden Feuchtigkeit wegen, nie an.
Giebelmauern, welche Walme tragen, ſind wie Frontmauern zu behandeln.
Gemeinſchaftliche Giebelmauern (ſolche, welche bei zwei anein- ander ſtehenden Gebäuden die Scheidewand bilden) erhalten 1 Stein zur Stärke.
Scheidemauern bekommen, falls ſie unbelaſtet bleiben, durch mehrere Stockwerke nur 1 Stein zur Stärke; nur bei hohen Sälen, Treppenhäuſern ꝛc. iſt eine entſprechende größere Stärke nöthig.
Häufig erſetzt man die maſſiven Scheidemauern durch eine Fach- werkswand. In Berlin erhalten die Scheidemauern, wenn ſie nicht über 6m lang ſind und mit guten Ziegeln in verlängertem Cement- mörtel bei guter Verankerung ausgeführt werden, bei 3 Stockwerk hohen Gebäuden in ſämmtlichen Stockwerken eine Stärke von ½ Stein. Für die Thüröffnungen, welche man gewöhnlich übereinander anlegt, fügt man je zwei Stiele ein, die von Geſchoß zu Geſchoß reichen (Hirnholz auf Hirnholz) und von den Balken der Geſchoſſe zangen- artig umfaßt und gehalten werden.
Auch den Mittelwänden muß man eine hinreichende Stärke geben, da auf ihnen die ſämmtlichen Balken ruhen; beſonders eignet ſich die Mittelwand vermöge ihrer Stärke zur Aufnahme von Schorn- ſtein- und Ventilationsröhren. Beim Vorhandenſein einer Mittel- wand erhält letztere dieſelbe Stärke wie die Umfangsmauer; die ge- ringſte Stärke iſt im Erdgeſchoß ½ Stein ſchwächer, als die der Umfangsmauer. Sind zwei Mittelmauern vorhanden, ſo kann eine jede derſelben durch alle Stockwerke 1½ Stein zur Stärke erhalten;
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Erſtes Kapitel. Die Stärke der Mauern.
Hohe Wände mit Pultdächern, welche frei ſtehen, müſſen
bei Stuhlwänden 1 Stein ſtark, fehlen letztere, ſo daß die Wand
ganz maſſiv iſt, durchweg 1½ — 2 Stein ſtark ſein. Nichtfrei-
ſtehende Pultdächer werden wie Grenzgiebel betrachtet.
Die Seiten- oder Giebelmauern kann man, da ſie keine Be-
laſtung durch die Balkenlagen ꝛc. erhalten, ½ Stein ſchwächer anlegen,
als die Frontmauern; auch können mehrere Etagen gleiche Stärke
bekommen. Im Dachboden ordnet man meiſtens 1½ Stein ſtarke
Giebelmauern an; bei großer Länge werden ſie mit Vorlagen ver-
ſtärkt; falls die Geſimſe aber weit ausladen, haben die Giebelwände
im Dachboden dieſelbe Stärke, wie die Seiten-Drempelwände.
Unter 1 Stein nimmt man freiſtehende Giebel, der durchſchla-
genden Feuchtigkeit wegen, nie an.
Giebelmauern, welche Walme tragen, ſind wie Frontmauern
zu behandeln.
Gemeinſchaftliche Giebelmauern (ſolche, welche bei zwei anein-
ander ſtehenden Gebäuden die Scheidewand bilden) erhalten 1 Stein
zur Stärke.
Scheidemauern bekommen, falls ſie unbelaſtet bleiben, durch
mehrere Stockwerke nur 1 Stein zur Stärke; nur bei hohen Sälen,
Treppenhäuſern ꝛc. iſt eine entſprechende größere Stärke nöthig.
Häufig erſetzt man die maſſiven Scheidemauern durch eine Fach-
werkswand. In Berlin erhalten die Scheidemauern, wenn ſie nicht
über 6m lang ſind und mit guten Ziegeln in verlängertem Cement-
mörtel bei guter Verankerung ausgeführt werden, bei 3 Stockwerk
hohen Gebäuden in ſämmtlichen Stockwerken eine Stärke von ½ Stein.
Für die Thüröffnungen, welche man gewöhnlich übereinander anlegt,
fügt man je zwei Stiele ein, die von Geſchoß zu Geſchoß reichen
(Hirnholz auf Hirnholz) und von den Balken der Geſchoſſe zangen-
artig umfaßt und gehalten werden.
Auch den Mittelwänden muß man eine hinreichende Stärke
geben, da auf ihnen die ſämmtlichen Balken ruhen; beſonders eignet
ſich die Mittelwand vermöge ihrer Stärke zur Aufnahme von Schorn-
ſtein- und Ventilationsröhren. Beim Vorhandenſein einer Mittel-
wand erhält letztere dieſelbe Stärke wie die Umfangsmauer; die ge-
ringſte Stärke iſt im Erdgeſchoß ½ Stein ſchwächer, als die der
Umfangsmauer. Sind zwei Mittelmauern vorhanden, ſo kann eine
jede derſelben durch alle Stockwerke 1½ Stein zur Stärke erhalten;
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/208>, abgerufen am 23.11.2024.
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